Essen. Hitchcocks berühmte Mordszene als Ohrenkino: Essener Philharmoniker spielen zum Saisonstart Klassiker der Filmmusik – das Publikum ist begeistert
Immer wieder mal haben die Essener Philharmoniker cineastische Gefilde gestreift. Dass sie aber wie jetzt zur Saisoneröffnung ein komplettes Konzert der klassischen Filmmusik widmen, ist ein Novum. Ein langer Abend mit ganz großem Ohrenkino von Max Steiner bis John Williams, vom Psychothriller bis zum Spaghetti-Western verlangte dem Publikum eine Menge Konzentration und Kondition ab, fand aber im endlich wieder voll besetzten Alfried-Krupp-Saal ungewöhnlich begeisterte Resonanz.
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Ungewohntes ertönte schon vor Beginn des Konzertes: eine neue Pausenfanfare. Mussorgsky hat nach fast 20 Jahren ausgedient, stattdessen empfängt den Besucher nun das Einleitungsthema des 4. Satzes aus Dvořáks „Achter“, eingespielt vom Essener Solotrompeter Markus Mayr.
Warten auf die Saxofonistin – die Bahn ist nicht pünktlich
Auf dem Podium waren die Philharmoniker dann in Mahler-formatiger Großbesetzung und bester Disposition angetreten – eine Saxofonistin allerdings zu spät (die Bahn!), sodass das Riesenprogramm kurzerhand umgepackt werden musste. Kein Problem für den umtriebigen Gastdirigenten Marcus Bosch, der zudem wortreich und interessant moderierte.
„Vom Winde verweht“ als ein Stück Filmmusikgeschichte stand da neben Michel Colombiers trauriger Preziose „Emmanuel“, erfrischend kurze, knackige Stücke wie die „Captain Blood“-Ouvertüre von E.W. Korngold neben ausufernder Filmsinfonik, etwa Nino Rotas Suite aus „Der Leopard“, die das Orchester gleichwohl subtil ausgefeilt entwickelte.
Französischer Trompeter lässt die Einsamkeit der sibirischen Wälder vorbeiziehen
Das bekannte Hauptthema aus „Der Pate“ freilich stieß auf mehr Jubel, zumal der meisterhafte französische Solist Romain Leleu schmelzend den Raum erfüllte – auch mit der Einsamkeit der sibirischen Wälder oder dem „Moon River“. Zum Mitsingen quasi, wie andererseits Bernhard Herrmanns Musik zu Hitchcocks „Psycho“ die berühmte Mordszene in der Dusche – von den Streichern wahrhaft messerscharf ausgeleuchtet – zum gepflegten Gruseln anregte.
Daneben Gershwin, Morricone und und und. Jubel am Schluss und zwei Zugaben um halb elf.