Essen. Die Neue Philharmonie Westfalen begeisterte mit „The Sound of Hans Zimmer & John Williams“ am Sonntag in der Essener Philharmonie. Eine Kritik.
Vor knapp drei Wochen noch konnte man den Star-Komponisten Hans Zimmer vor eigenem Orchester ganz original in Oberhausen erleben. Am Ostersonntag dagegen gab’s unter dem Titel „The Sound of Hans Zimmer & John Williams“ in der Essener Philharmonie keinen schwachen Abglanz, sondern die klanggewaltige Präsentation einiger der größten Filmhits der beiden legendären Hollywood-Komponisten.
Was sich zumindest für analytische Hörer im erfreulich, aber nicht überwältigend vollen Saal als eine unerwartete Lehrstunde (genauer: derer fast drei) hinsichtlich orchestraler Farbigkeit, ausgefeilter Stimmführung und kompositorischer Inspirationen erwies. Und außerdem als exzellente Werbeveranstaltung für die Neue Philharmonie Westfalen, die unter Leitung des englischen Dirigenten Benjamin Pope dermaßen brillant aufspielte, dass man klar öfter nach Gelsenkirchen pilgern sollte. Ist sie dort doch ständig als Opern-Orchester im Musiktheater (MiR) zu erleben.
Streicher-Wohlklang und gewaltige Percussionabteilung
Ganz großes Kino, wie das riesige, um den Kammerchor der Universität Köln verstärkte Ensemble in Essen so beliebte Ohrwürmer wie John Williams’ „Star Wars“-Themen und solche Soundtracks wie „Der König der Löwen“ von Hans Zimmer mit hinreißender Präzision aufblühen ließ. Imposant die Blechbläser, allen voran die Posaunen samt großer Tuba, in makelloser Tonalität. Fein duftig durchgezeichnet die Holzbläser im vibrierenden Streicher-Wohlklang, den eine gewaltige Percussionabteilung rhythmisch packend grundierte.
Mit anderen Worten, allerbeste Zutaten für stimmungsvolle Überwältigungsartistik par excellence. Die sich jedoch als faszinierendes Kontrastprogramm erwies, weil an diesem Abend in aller Klarheit deutlich wurde, was den 90-jährigen Amerikaner von seinem 25 Jahre jüngeren deutschen Kollegen unterscheidet. Sehr verkürzt gesagt, kompositorisches Handwerk und Originalität der Klangsprache.
Publikum würdigte Konzert mit stehendem Applaus
Was spätestens bei Hans Zimmers „Interstellar“ überdeutlich wurde, das sich ungeniert bei Philip Glass bedient – von den repetitiven Keyboard-Motiven bis zum impressiven Chor-Jubel alles clever geklaut. Derart sensibilisiert, wunderte man sich denn auch nicht weiter über den Orff in seinem „Gladiator“. Und freute sich darüber, wie elegant dagegen John Williams „Schindlers Liste“ mit einem zarten Geigen-Solo (fabelhaft: Misha Nedelman) beseelt oder das packende Thema im „Raider’s March“ (Indiana Jones) quer durch alle Instrumentengruppen wandern lässt.
Schließlich stehender Applaus für die Neue Philharmonie Westfalen und ihren grandiosen cinemascopischen Auftritt. Zum Dank gab’s erst den „Fluch der Karibik“ und dann noch einmal „Star Wars“, nun dirigiert von Benjamin Pope per Laserschwert und dekoriert von einem Dutzend martialischer Jedi-Ritter, als visuellem Höhepunkt eines tollen Konzertabends.