Essen. Durch das Schließen der Ecken soll das Stadion Essen mehr Zuschauer fassen und höheren Ansprüchen genügen. Die Reaktionen darauf sind geteilt.
Zehn Jahre nach der Fertigstellung des Stadions an der Hafenstraße, geht die Stadt Essen erste Schritte in Richtung eines möglichen Ausbaus der Fußballarena. So wird die „Grundstücksverwaltung Essen“ (GVE) bis zum Frühjahr kommenden Jahres eine Machbarkeitsstudie zur Schließung der vier Stadionecken vorlegen. Dies teilte die städtische Sportdezernentin dem für Sport zuständigen Ausschuss des Stadtrates mit.
Das Stadion an der Hafenstraße war 2012 nach den damaligen Anforderungen für die 2. Fußballbundesliga gebaut worden – als Ersatz für das traditionsreiche Georg-Melches-Stadion, der Spielstätte von Rot-Weiss Essen. Aus Kostengründen verzichtete die Stadt seinerzeit darauf, die Ecken der vier Tribünen zu schließen. Für einen möglichen späteren Ausbau waren Fundamente und Wasserleitungen allerdings gelegt worden.
Durch den Aufstieg von RWE ist das Thema Stadionausbau auf die Tagesordnung gerückt
Mit dem Aufstieg von Rot-Weiss Essen in die 3. Liga ist das Thema auf die Tagesordnung gerückt. Der Mitteilung an die Sportpolitiker war ein Gespräch zwischen Oberbürgermeister Thomas Kufen mit der Vereinsführung von Rot-Weiss Essen und Vertretern der GVE vorausgegangen. Die städtische Tochtergesellschaft hatte sich bereits 2020 mit einem Ausbau des Stadions befasst. Überlegungen dazu sollen nun konkretisiert werden.
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Die Stadt betont, dass es nicht nur darum gehe, den Bedürfnissen von Rot-Weiss Essen entgegenzukommen. Vielmehr soll das Stadion auch höheren Ansprüchen internationaler Begegnungen genügen. So hatte sich das Stadion an der Hafenstraße als Spielstätte für die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen beworben, die in Deutschland, Holland und Belgien ausgetragen wird.
Der Deutsche Fußballbund (DFB) habe die Bewerbung zwar begrüßt, sagte mit Hinweis auf die zu geringe Anzahl an Sitzplätzen aber ab. Bedingung für die Austragung von Länderspielen im Rahmen des Weltverbandes Fifa seien mindestens 20.000 Sitzplätze. Um diese Anforderung zu erfüllen, sollen Stehplätze variabel in Sitzplätze umgewandelt werden können. Voraussichtlich 20.300 Sitzplätze könnten so nach Angaben der Verwaltung geschaffen werden. Aktuell bietet das Stadion an der Hafenstraße 11.270 Sitz- und 9040 Stehplätze. Neben RWE trägt auch die SG Essen-Schönebeck ihre Heimspiele an der Hafenstraße aus, und das sogar in der 1. Liga.
Mehr Plätze auf den Stadion-Tribünen, aber weniger im Innenraum bei Konzerten?
Maximal 30.804 Besucherinnen und Besucher werden zu Stadionkonzerten hinein gelassen. Ziel sei es, die Akustik zu verbessern. Durch eine geschlossene Bauweise würde weniger Lärm nach außen dringen, heißt es. Freie Flächen, die heute als Fluchtwege dienen, würden allerdings zugebaut. Auch dies dürfte eine von vielen Fragen sein, die beim Erstellen der Machbarkeitsstudie eine Rolle spielen. Einen Verlust von Zuschauerkapazität im Innenraum und mehr Plätze auf den Tribünen sowie zusätzliche Logen gelte es gegeneinander abzuwägen, heißt es.
Fest steht: Wäre Rot-Weiss Essen nach vielen vergeblichen Anläufen nicht in der vergangenen Saison die Rückkehr in den Profi-Fußball gelungen, würde man wohl kaum über einen Ausbau des Stadions reden. Mit fast 15.000 verkauften Dauerkarten vermeldete RWE einen Rekord. Auch wenn der Start in die Dritt-liga-Saison mit nur einem Punkt aus vier Spielen bisher enttäuschend verläuft, ist das Fan-Interesse riesig.
Bei den Sportpolitikern löste ein möglicher Stadionausbau dennoch unterschiedliche Reaktionen aus. Herbert Bußfeld warf für Die Linke die Frage auf, ob das dafür notwendige Geld nicht an anderer Stelle besser investiert wäre. Keinesfalls dürfe ein Ausbau aber zulasten des städtischen Sportetats und damit auf Kosten kleinerer Vereine gehen.
Die Kosten sind beim Stadionbau in Essen ein besonders sensibles Thema
Letzteres sah Florian Fuchs genauso. Nach Ansicht des sportpolitischen Sprechers der CDU-Fraktion ist der richtige Zeitpunkt allerdings gekommen, um einen Ausbau zu prüfen. Ulrich Pabst (Grüne) mahnte an, Fragen der Nachhaltigkeit wie eine umweltfreundliche Energieversorgung zu berücksichtigen. Auch mit Fragen der Verkehrsanbindung wird sich die Machbarkeitsstudie befassen.
Zu möglichen Kosten eines Stadionausbaus wird sich die GVE laut Simone Raskob ebenfalls erst im Frühjahr äußern. Raskob verwies auf die derzeit rasant steigenden Preise für Bauprojekte.
Gerade beim Stadionbau ist dies ein sensibles Thema. Zur Erinnerung: Noch 2012 waren Kosten für die neue Fußballarena von 42,5 Millionen Euro erwartet worden. Die Bau- und Nebenkosten beliefen sich schließlich auf 49,5 Millionen Euro. Hinzu kamen Ausgaben in Millionenhöhe, unter anderem für Beraterdienste. Der damalige Geschäftsführer der GVE musste seinen Hut nehmen. Die Stadt sah erhebliche Pflichtverletzungen und sprach von Untreue. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf, stellte diese aber wieder ein.
Wenn im Frühjahr kommenden Jahres konkrete Zahlen auf dem Tisch liegen, wird sich zeigen, wie ernst der Politik der angedachte Ausbau ist. Auch ein Blick auf die Tabelle der 3. Liga könnte dann weiterhelfen.