Essen/Mülheim. Seit Januar hat sich an der verkohlten Ruine an der Velauer Straße an der Stadtgrenze zu Essen nichts getan. Der Abriss wird kommen. Aber wann?

Am 12. Januar löste der Brand eines Einfamilienhauses an der Stadtgrenze zu Mülheim in Haarzopf eine Welle der Hilfsbereitschaft für die betroffene dreiköpfige Familie aus. Noch wartet die verkohlte Ruine in Fulerum auf den Abriss. Pläne für den Neubau gibt es bereits.

An der Velauer Straße in Mülheim, nahe der Stadtgrenze zu Essen, steht immer noch schwarz, zerstört und eingezäunt das verkohlte Wohnhaus der Familie Kammann. Auch den ausgebrannten Kleinwagen hinter dem Gebäude hat seit der Unglücksnacht am 12. Januar noch niemand weggeräumt. Mittlerweile ist die Brandruine im Schatten des Fulerumer Wasserturms von hochgewachsenem Unkraut umstanden.

Abriss und Neubau sind für die Familie – Vater, Sohn und Tochter – längst beschlossene Sache, auch der Versicherungsschutz greift, doch das Ganze dauert. In diesen Tagen soll die weitere Planung mit einem Architekten abgesprochen werden, so Michaela Kammann. „Alles läuft.“ Doch erst, wenn sie alle Unterlagen zusammen habe, könne der Bauantrag eingereicht werden.

Auf jeden Fall wieder zwei Etagen

Das Haus – einst Fachwerk, zuletzt verschiefert – ist nicht denkmalgeschützt, die Familie also frei in der Gestaltung. „Auf jeden Fall soll es wieder zwei Etagen haben“, viel mehr steht jedoch noch nicht fest. Michaela Kammann hofft, dass sie noch in diesem Jahr eine Genehmigung für den Neubau bekommen und der Abriss beginnen kann.

Mittlerweile ist die Brandruine im Schatten des Fulerumer Wasserturms von Unkraut umgeben.
Mittlerweile ist die Brandruine im Schatten des Fulerumer Wasserturms von Unkraut umgeben. © Annette Lehmann

Die Familie wohnt übergangsweise in Mülheim-Winkhausen, besucht aber gelegentlich das abgebrannte Haus in Fulerum, um sich um das Grundstück zu kümmern, Blumen und Bäume zu gießen. Vater und Bruder waren bei demdramatischen Feuer schwer verletzt gerettet worden, für die beiden Hauskatzen kam jede Hilfe zu spät. „Uns geht es ganz gut“, sagt Michaela Kammann.

Große Hilfsbereitschaft auch aus der Nachbarschaft in Haarzopf

Eine breite Spenden- und Hilfsaktion sowohl auf Essener wie auf Mülheimer Seite hat die Familie seit dem Unglück getragen. Markus Kammann gehört dem Umweltschutzverein BuBo (Bildung, Bürgerbeteiligung, Umwelt und Obstwiesenschutz) an, der in Haarzopf eine Streuobstwiese betreut, und ist im Stadtteil dafür bekannt, ehrenamtlich Müll zu sammeln.

Engagement, dem der Verein und die Menschen im Stadtteil unmittelbar nach dem Unglück Respekt zollen wollten – über Sach- und Kleiderspenden, aber auch durch finanzielle Hilfe: Gemeinsam mit anderen lokalen Vereinen hat BuBo bereits im Januar auf der Plattform betterplace.me unter dem Stichwort „Hilfe für Brandopfer“ ein Spendenkonto eingerichtet. Rund 9200 Euro sind hier bislang eingegangen, um die Kammanns zu unterstützen. Zudem wurden in Geschäften in Essen und Mülheim Spendendosen aufgestellt; bereits nach wenigen Tagen waren hier mehr als 7000 Euro zusammengekommen.

Auch der Erlös einer Fußball-Benefiz-Veranstaltung am 20. Februar auf der Sportanlage am Föhrenweg, organisiert von SuS Haarzopf und dem TSV Heimaterde, ging vollständig an die Familie. Für Haarzopfs ersten Vorsitzenden Ulrich Ostermann war die damalige Hilfe eine Selbstverständlichkeit: „Unsere zweite Mannschaft sammelt ja schon seit geraumer Zeit Geld für soziale Projekte, da war es klar, dass wir Unterstützung leisten, wo sie in unserer unmittelbaren Nachbarschaft gebraucht wurde.“

Stolze 6000 Euro erspielten die Amateure unterstützt von lokalen Unternehmen vor zeitweise rund 400 Besuchern – und das trotz Regen und Sturm. Für den 14. August hat der SuS Haarzopf einen Benefizrückspieltag angesetzt. Für welchen guten Zweck die beiden Vereine dann antreten, steht bislang allerdings noch nicht fest.

Fachwerkhaus aus dem Jahr 1812

Das durch den Dachstuhlbrand zerstörte historische Fachwerkhaus, das früher einmal Kotten Kocks hieß, ist vielen Haarzopfern ein Begriff. Der Heimatforscher Herbert Schmitz hatte sich vor Jahren mit dem geschichtsträchtigen Gebäude beschäftigt, das auch für Fulerum große Bedeutung hatte.

Seinen Unterlagen zufolge ist das Gebäude kurz nach 1812 von einem Bäckermeister auf dem Flurstück „Hagescheid“ errichtet worden. 1816 hat der Bergmann Heinrich Kocks das Anwesen mit Wohnhaus und Backhaus erworben. Nach dessen Tod ging es an seine Witwe und dann an die älteste Tochter. Später gehörte es einem Berginvaliden, danach einem Milchhändler, dessen Nachfahren es an die aktuellen – und nun auch letzten – Besitzer weitergaben: die Familie Kammann.