Essen. In Zeiten turbulenter Märkte überraschen die Stadtwerke Essen mit einem Festpreisangebot für Strom. Allerdings bleibt den Kunden nicht viel Zeit.
Wer dieser Tage Post vom Energieversorger bekommt, öffnet diese wohl eher mit einem mulmigen Gefühl. Tausende Haushalte dürften deshalb überrascht gewesen sein, als sie jüngst ein Schreiben der Stadtwerke Essen im Briefkasten fanden. Trotz der Turbulenzen und der unsicheren Lage auf den Energiemärkten bietet das Unternehmen seinen rund 18.000 Stromkunden – ausgenommen Heizstromkunden – einen Festpreis an und garantiert diesen bis zum Ende nächsten Jahres.
Der Tarif nennt sich EssenStromFix23 und die Werbung zum Wechsel liefern die Stadtwerke in ihrem Brief gleich mit: „Über steigende Strompreise müssen Sie sich nicht sorgen. Mit der Wahl von EssenStromFix23 gewinnen Sie Sicherheit.“
Nach außen jedoch kommunizieren die Stadtwerke den neuen Festpreis-Tarif äußerst defensiv. Auf der Homepage ist dazu nichts zu finden. Das habe damit zu tun, dass dieser lediglich Bestandskunden angeboten wird und diese direkt angeschrieben wurden, erklärt eine Sprecherin.
Stromangebot der Stadtwerke Essen ist limitiert
Den Kunden, die in den neuen Tarif wechseln wollen, bleibt jedoch nicht viel Zeit, sich zu entscheiden. Der Tarif gilt ab 1. August. Zudem besteht das Angebot „nur solange der Vorrat reicht“, schreiben die Stadtwerke. Sie haben offensichtlich ein begrenztes Strom-Kontingent zu den Konditionen am Markt eingekauft und behalten sich deshalb vor, binnen 14 Tagen zu entscheiden, wer einen Festpreisvertrag tatsächlich bekommt.
Auch interessant
Aus Sicht von Ingo Döring, Energieexperte bei der Essener Verbraucherzentrale, gleicht dieses Vorgehen einem Sommerschlussverkauf. „Da ist für die Kunden ganz schön Druck im Kessel“, meint er. Für Preisvergleiche etwa bleibe wenig Zeit.
Ob sich das Angebot am Ende auch als Schnäppchen erweist, kann im Moment niemand verlässlich sagen. Beim Tarif EssenStromFix23 verabschieden sich die Stadtwerke von ihrem bisherigen „S, M, L“- Modell, das je nach Verbrauch gestaffelt ist. Im Fixtarif beträgt der Grundpreis einheitlich 113,99 Euro im Jahr und der Arbeitspreis 35,57 Cent pro Kilowattstunde.
Fixpreis-Tarif unter Umständen deutlich teurer
Im Vergleich mit den aktuell gültigen Tarifen für Neukunden ist die Festpreisofferte damit günstiger. Wer einen älteren Vertrag hat, der zahlt beim Fixpreis-Tarif aber unter Umständen deutlich drauf. „Mich kostet das Angebot rund 18 Prozent mehr“, berichtet ein langjähriger Kunde. Er hat den neuen Tarif trotzdem abgeschlossen, weil er auf Sicherheit setzt. „Aber man hat das Gefühl, die Katze im Sack zu kaufen, weil niemand sagt, wann und wie sich die Preise verändern werden“, meint er.
Dazu bleiben die Stadtwerke auch auf Nachfrage vage: „Wie sich die Preise in den nächsten Monaten entwickeln werden, ist noch nicht absehbar, eine deutliche Steigerung ist aber wahrscheinlich“, erklärt die Sprecherin. Auch Ingo Döring von der Verbraucherzentrale geht davon aus, dass es nicht günstiger wird. „Danach sieht es momentan nicht aus.“
Er rät dennoch, vor einem Tarifwechsel genau abzuwägen. „Ob sich der Fixtarif lohnt, muss jeder für sich durchrechnen.“ Unter anderem sei entscheidend, wie lange der bisherige Vertrag noch läuft und welche Konditionen man derzeit hat. Und es ist auch eine Frage, ob man Sicherheit haben will und dafür gegebenenfalls etwas mehr zahlt oder ob man lieber ein Risiko eingehen möchte. Sollten Kunden lieber in ihrem bisherigen Vertrag bleiben wollen und die Stadtwerke zu einem späteren Zeitpunkt die Preise erhöhen, bleibe jedem ein Sonderkündigungsrecht und ein Anbieterwechsel, so Döring. Allerdings sind die Tarife auch bei anderen Versorgern gerade nicht günstig.
Angebot reicht nicht für alle Bestandskunden
Unterdessen steht die Frage im Raum, für wie viele Stromkunden die eingekaufte Menge überhaupt reicht. Die Stadtwerke erklären dazu, dass damit nicht alle Bestandskunden versorgt werden könnten. „Wir gehen bei solchen Angeboten nicht davon aus, dass 100 Prozent der adressierten Kunden das Angebot annehmen. Sollte die Annahmequote die verfügbare Menge erreicht haben, können keine weiteren Kunden in das Produkt aufgenommen werden“, stellt die Sprecherin klar.