Essen-Rüttenscheid. Wer Rüttenscheid einmal auf andere Art entdecken möchte, für den bietet sich eine Food-Tour an. Wir waren bei der kulinarischen Führung dabei.

  • Unser Tipp für den Sommer in Essen: Bei einer Food-Tour kann man die Stadtteile auf ganz besondere Art erkunden.
  • Angeboten werden solche Touren in Rüttenscheid, im Südviertel und in der nördlichen Innenstadt.
  • Wir sind bei der Tour durch Rüttenscheid mitgelaufen: Es gab unter anderem Wein, Feinkost und Süßes.

Eigentlich hatte Elke Beckmann diese Tour ihrem Mann geschenkt. Doch der fiel wegen einer Verletzung aus, deshalb nahm sie stattdessen Freundin Michaela Jöckel mit. Nun stehen sie auf dem Platz vor dem Girardethaus: Zwei Frauen, die eine aus Altenessen, die andere aus Überruhr. Sie wollen ein Stück von Essen kennenlernen, das sie noch nicht so gut kennen. Eine Erkundungstour vor der eigenen Haustür. Das Unternehmen „Eat the World“ bietet kulinarische Stadtführungen in über 50 Städten an – unter anderem in Rüttenscheid.

„Eat the World“ kommt ursprünglich aus Berlin. Melanie Berg ist Bereichsleiterin für das Ruhrgebiet und hat die Touren im Revier aufgebaut. „Die Kernroute bleibt in der Regel die gleiche“, erklärt sie. Bis zu sechs Stopps bei verschiedenen Lokalen werden eingelegt – inklusive Kostproben. „Wir besuchen in der Regel kleine, inhabergeführte Betriebe“, betont Berg. Dazwischen lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei einem Spaziergang Wissenswertes über das Viertel. Besonders die Rüttenscheid-Tour, die seit 2014 angeboten wird, sei stets gut ausgebucht, sagt Berg. Darüber hinaus veranstaltet „Eat the World“ auch Touren durch das Südviertel und ab kommenden Jahr durch die nördliche City.

Fakten über die Geschichte von Essen-Rüttenscheid

Berg verrät, dass es meist keine Touristen von weiter weg sind, die sich auf Food-Tour durch den Stadtteil begeben. Es sind Menschen, die tatsächlich Urlaub vor der eigenen Haustür machen wollen. „Die Teilnehmer wohnen oder arbeiten in Essen, haben vielleicht so eine Tour schon einmal in einer anderen Stadt gemacht und wollen sie jetzt auch zu Hause ausprobieren“, so Bergs Erfahrung.

Beim ersten Stopp in Essen-Rüttenscheid gibt’s Fisch: Stefanie Apitz (r.) von „Eat the World“ hat Michaela Jöckel (l.) und Elke Beckmann (Mitte) zu Fisch-Feinkost Kluge geführt. Inhaberin Sylvia Kluge erzählt etwas über das Angebot.
Beim ersten Stopp in Essen-Rüttenscheid gibt’s Fisch: Stefanie Apitz (r.) von „Eat the World“ hat Michaela Jöckel (l.) und Elke Beckmann (Mitte) zu Fisch-Feinkost Kluge geführt. Inhaberin Sylvia Kluge erzählt etwas über das Angebot. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

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Stadtführerin ist an diesem Donnerstagabend Stefanie Apitz. Sie wohnt in Holsterhausen und studiert Germanistik und Deutsch als Fremdsprache an der Uni Duisburg-Essen, die Touren sind ihr Nebenjob. Auf dem Platz vor dem Girardethaus zieht sie alte Bilder von der Girardetdruckerei aus der Tasche, präsentiert historische Fakten und erzählt Anekdoten. Zum Beispiel die eines Arbeiters, der jahrelang in der Druckerei beschäftigt war und als Hochbetagter zurückkehrte – in die Seniorenresidenz, die sich mittlerweile im Girardethaus befindet.

In jedem angesteuerten Lokal in Essen-Rüttenscheid gibt es etwas zu probieren – wie zum Beispiel diese Fischhäppchen.
In jedem angesteuerten Lokal in Essen-Rüttenscheid gibt es etwas zu probieren – wie zum Beispiel diese Fischhäppchen. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Rüttenscheider Fisch-Feinkostgeschäft ist der erste Stopp

Der erste kulinarische Stopp ist Fisch-Feinkost Kluge an der Rüttenscheider Straße: ein Familienbetrieb, der seit über 50 Jahren besteht. Auf einem Tablett werden Häppchen serviert, Matjes auf Pumpernickel. Die beiden Teilnehmerinnen haben die Gelegenheit, Fragen zu stellen. „Haben Sie auch Backfisch?“, will Elke Beckmann wissen – und erfährt, dass es zwar nicht das (meist frittierte) Gericht gibt, das man gemeinhin als Backfisch bezeichnet, wohl aber panierten Bratfisch.

Die Tour von „Eat the World“ führt durch das Rüttenscheider Mädchenviertel.
Die Tour von „Eat the World“ führt durch das Rüttenscheider Mädchenviertel. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

So oder so ähnlich läuft es an allen Halten: Es gibt etwas zum Probieren, entweder die Inhaber oder Stadtführerin Stefanie Apitz erzählen etwas über das Geschäft und das Angebot, anschließend können die Teilnehmer Fragen stellen. Die kulinarische Tour umfasst eine kleine Weinprobe bei „Wein und Glas“, besondere Spirituosen, Liköre, Öle und Essige bei „Vom Fass“, italienische Feinkost bei „Oliva Culinaria Italia“, einen Kaffeecocktail mit Tonkabohnensirup bei „Bohnenkartell“ und schließlich das Dessert, einen Donut bei „Top Top Donuts“.

Tour durch den Christinenpark, das Mädchenviertel und über die Rüttenscheider Straße

Tickets für 39 Euro

Bis zu 16 Personen können an der Food-Tour teilnehmen. Ein Ticket für Erwachsene kostet 39 Euro, für Kinder zahlt man 20 Euro.Touren durch das Südviertel werden aktuell mittwochs, freitags und samstags angeboten, Touren durch Rüttenscheid donnerstags, freitags und samstags. Alle Informationen und Buchung unter www.eat-the-world.com.

Zwischen den Stopps erfahren die Teilnehmerinnen vieles über den Stadtteil, in dem sie sonst nicht so oft unterwegs sind. „Ich war hier nur ein paarmal im Irish Pub“, erzählt Michaela Jöckel. Durch den Christinenpark sind sie und ihre Freundin noch nie spaziert. „Ist der so groß? Das wusste ich gar nicht“, stellt Elke Beckmann fest. Die Käthe-Kollwitz-Schule gleich hinter dem Park dient als Beispiel für die klassische Ruhrgebietsbauart mit rostbraunen Backsteinen. Im Mädchenviertel gibt es Wissenswertes über die hübschen Hausfassaden im Jugendstil.

Vor der Siechenhauskappelle, Rüttenscheids ältestem Bauwerk, endet die Tour. Während die Teilnehmerinnen ihren Donut genießen, erzählt Stefanie Apitz von seiner Geschichte. Beide Frauen sind sich zum Schluss einig: Rüttenscheid ist definitiv eine Reise wert. „Es war sehr interessant“, sagt Elke Beckmann. „Hier könnte man wirklich öfter mal herkommen und Essen mitnehmen.“