Essen-Werden. Die Jugendherberge in Essen-Werden ist aus dem Dornröschenschlaf der Pandemie erwacht. Herbergsvater Markus Fischer berichtet, wer dort nächtigt.
Für einen Aufenthalt in der Jugendherberge könnte das Wetter nicht besser sein: Die Sonne lacht, die Temperaturen sind zweistellig. Markus Fischer, Herbergsvater auf dem Pastoratsberg in Werden, zeigt sich denn auch zufrieden: „Wir werden sehr gut gebucht.“ In den Osterferien seien es hauptsächlich Familien, die einen Aufenthalt in dem Domizil hoch über der Ruhr genießen. Aber auch eine Ferienfreizeit ist gerade zu Gast, ebenso finden Radwanderer auf Kurztrips hier eine Übernachtungsmöglichkeit.
Durch den Lockdown lag alles im Dornröschenschlaf
Das sah noch ganz anders aus, als Markus Fischer die Leitung der Jugendherberge übernahm. Das Haus lag durch den Lockdown im Dornröschenschlaf. Die vorherigen Herbergseltern, Carola und Joachim Ladwig, hatten sich nach 34 Jahren im April 2020 in den Ruhestand verabschiedet. „Eigentlich sollte es noch eine Feier geben, aber ich habe gerade mal den Schlüssel auf den Tresen legen können“, erinnert sich Joachim Ladwig. Ab und zu besucht er seinen Nachfolger, hilft noch bei der einen oder anderen Reparatur im Haus. Ihn freut es, dass wieder Leben in der Herberge herrscht.
Steigende Übernachtungszahlen nach der Zwangspause
Die Übernachtungszahlen steigen tatsächlich stetig an: 2020 waren es immerhin 8870 Übernachtungen, im Jahr 2021 dann 9288. Mit bis zu 24.000 Übernachtungen rechne er in diesem Jahr, sagt Fischer, denn die Schulen seien überaus froh, dass wieder Klassenfahrten stattfinden dürfen und buchten sogar weit im Voraus Plätze.
„Wir sind trotz der Aufhebung vieler Corona-Maßnahmen aber noch immer vorsichtig, haben zum Beispiel im Essensbereich weiter ein Einbahnsystem“, so Fischer. Dank des umfangreichen Hygienekonzepts sei die Jugendherberge bislang von Corona verschont geblieben.
Auch interessant
In den Seminarräumen werden die Kinder mit Maske unterrichtet. Damit hätten sie erfreulicherweise gar kein Problem, erklärt Dominic Bauer, Teamleiter der Ferienfreizeit „Fun2Learn“. Die Kinder kämen gut damit klar. „Zum Ausgleich gibt es viele Aktivitäten draußen.“
Lernen und Freizeit: 31 Mädchen und Jungen zwischen zehn und 15 Jahren nutzen derzeit das Angebot, sich Lernmethoden anzueignen. Homeschooling habe gezeigt, dass sich selbst motivieren können, gar nicht so falsch sei, berichtet Bauer.
Schulen buchen Programme für Freizeitgestaltung
Die Ferienfreizeit gehört zu den regelmäßigen Angeboten in der Jugendherberge, ebenso die Angebote für Schulen. „Heute werden bei uns Programme gebucht, da müssen Lehrer nicht mehr selbst Nachtwanderungen und Grillabende organisieren“, erklärt Fischer. Der 35-Jährige kennt das Herbergsleben von der Pike auf, hat seinen Zivildienst in einer Duisburger Einrichtung abgeleistet und 2014 die Stellvertretung der Jugendherberge am Duisburger Sportpark übernommen. „Als in Essen die Stelle frei wurde, habe ich mich beworben.“
Daten und Fakten zum Jahr 2021
Der DJH Landesverband Rheinland betreibt derzeit 33 Jugendherbergen mit 6215 Betten. Im Jahr 2021 wurden 356.574 Übernachtungen registriert, davon 30.655 Übernachtungen aus Sondernutzungen (u.a. Geflüchtete und Obdachlose). Es gab einen Rückgang um 41,9 Prozent (-257.399 Übernachtungen).
Größte Gästegruppen sind Wanderer und Freizeiten (98.511 Übernachtungen), Schulen (92.058 Übernachtungen), Familien (89.151 Übernachtungen).
Die Essener Jugendherberge sei schon etwas Besonderes, so Fischer. Das Haus auf dem Pastoratsberg begeistere die Besucher vor allem durch seine Umgebung: „Der Blick über Werden und die Ruhr, die Ruhe, das Grün und doch die Nähe zu den städtischen Attraktionen, das hat was.“ Dazu gehört, dass die Herberge längst Hotelstandard hat.
Vorbei die Zeit, wo Lehrer den Gemeinschaftsduschraum im Keller nutzten. Gemeinschaftstoiletten auf den Etagen und Schränke auf den Gängen – Vergangenheit. In der Werdener Jugendherberge hat jedes Zimmer eine eigene Dusche und Toilette. Sechsbettzimmer gibt es nur noch zwei, dafür 14 Fünfbettzimmer, 18 Vierbettzimmer, vier Dreibettzimmer und zehn Zweibettzimmer.
„Familien haben die Jugendherberge als Alternative zum Hotelurlaub entdeckt“, weiß Markus Fischer. Ebenso haben nach der Coronapause Sportgruppen und Radtouristen wieder auf den Pastoratsberg zurückgefunden.