Essen. Braucht Essens Polizei ein neues Domizil? Nach 107 Jahren soll die Polizei aus dem alten Präsidium ausziehen. Fragen und Antworten.

Nach 107 Jahren soll Essens Polizei das Präsidium an der Büscherstraße gegenüber von Amts- und Landgericht verlassen. Der Auszug soll 2025 erfolgen. Es ist wahrscheinlich, dass das Präsidium dann nach Bredeney zieht in die alte Karstadt-Hauptverwaltung. Dort sind schon mehrere Einheiten der Polizei untergebracht.

Ist der Auszug richtig? Er wurde hinter verschlossenen Türen entschieden.

Die einen sagen: Der Umzug ist richtig, weil das denkmalgeschützte Gebäude technisch und räumlich nicht geeignet ist, moderne Polizeiarbeit zu beherbergen. Die anderen sagen: Der Auszug ist falsch, weil damit Bürgernähe verloren geht. Außerdem wurde viel Geld in Erweiterungen und Sanierungen gesteckt. Wir dokumentieren den Stand der Debatte – die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.

Es gibt neun Außenstellen der Polizei im Stadtgebiet

Ist das Polizeipräsidium an der Büscherstraße stadtweit die wichtigste Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger?

Stadtweit gesehen: Nein. Wer die Polizei sprechen will, wendet sich an die Außenstellen. Im Präsidium an der Büscherstraße gibt es aber eine Wache für die Bürger vor Ort, die Anzeigen entgegennimmt. Doch die Polizei-Einsätze für den Essener Süden, auch für Rüttenscheid und Holsterhausen, werden von der Polizeiinspektion Süd gesteuert. Die saß lange an der Norbertstraße nahe der Grugahalle, zog vor Jahren aber um nach Bredeney.

Wer kümmert sich künftig um die Bürger in Holsterhausen und Rüttenscheid, wenn die Polizei aus dem alten Präsidium ausgezogen ist?

Wenn die Polizei aus dem Präsidium ausgezogen ist, gibt es vor Ort keine Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger mehr. Man muss dann nach Bredeney, um eine Anzeige aufzugeben.

Doch der Polizeipräsident Frank Richter argumentiert so: Das gesamte Einsatz-Geschehen wird ohnehin seit Jahren nicht mehr vom Präsidium aus gesteuert. Richter sagt: „Von der Büscherstraße aus fährt seit Jahren kein Streifenwagen mehr los.“ Und die Zahl der Anzeigen, die direkt im Präsidium von Bürgern aufgegeben werden, geht zurück. Sprich: Eine Bürgernähe der Polizei entscheidet sich nicht am Standort des Präsidiums.

Wo ist die Polizei überall in Essen vertreten?

Es gibt neun Außenstellen der Polizei im Stadtgebiet. Dazu zählen die Polizeiinspektion Mitte (III. Hagen, Nähe Kennedyplatz), die Inspektion Süd (Bredeney, Theodor-Althoff-Straße) und die Inspektion Nord (Altenessen, Johanniskirchstraße). Weitere Wachen oder sogenannte Bezirksdienststellen sind in Kray, Steele, Rellinghausen, Kettwig, Borbeck und Katernberg.

Wiederholt wurden Millionen ins Präsidium gesteckt

Wie oft wurde das denkmalgeschützte Gebäude erweitert?

Es gab mehrere große Erweiterungs- und Sanierungsmaßnahmen, um mit der Zeit zu gehen. Der pensionierte Polizeibeamte Uwe Klein, der von 1986 bis 2007 die Pressestelle der Polizei leitete, erinnert sich: „Für 4,6 Millionen DM wurde in den 1990er Jahren das Polizeigewahrsam erneuert. Der Westflügel, fertiggestellt 1994, kostete 19,6 Millionen DM. Um die Jahrtausendwende gab es dann eine Grundsanierung des Hauptgebäudes. Klein ist erklärter Gegner eines Komplett-Auszugs der Polizei aus dem Präsidium: „Was der Polizeipräsident erklärt, sind pauschale Totschlag-Argumente.“

Was sind denn die Argumente des Polizeipräsidenten?

Unter anderem: Man kann in das denkmalgeschützte Gebäude nicht bei laufendem Betrieb die nötige Digitaltechnik einbauen, die nötig ist und nötig wird. Man kann keine Räume verkleinern oder vergrößern, um Kontrollzentren bei Großlagen einzurichten.

Was sagen die Essener Bürgerinnen und Bürger?

Die Frage nach dem Auszug polarisiert bislang offenbar wenig. Wer verstanden hat, dass Polizeiarbeit, die den Kontakt mit den Bürgern voraussetzt, sowieso kaum noch im Präsidium stattfindet, den lässt die Frage womöglich kalt. Auch die Kommunalpolitik hat sich bislang nur vereinzelt geäußert. Hans-Peter Schöneweiß (FDP), selbst pensionierter Polizeibeamter, hält den Auszug für falsch. Fabian Schrumpf, Chef der CDU-Ratsfraktion, will sich einerseits nicht in fachliche Belange der Polizeiarbeit einmischen, würde aber einen „Dialog begrüßen, der die Nachnutzung des Gebäudes thematisiert“. Die SPD hat zum Thema noch nichts gesagt. Ingo Vogel, Chef der Ratsfraktion und von Beruf Polizist, sagt: „Es gibt dazu noch keine abgestimmte Meinung, wir haben noch keine Reaktion aus der Bürgerschaft erhalten.“

Wer könnte denn einziehen in das Gebäude?

Das ist gegenwärtig völlig offen. Politiker aus dem Stadtteil regen eine Schule an. Dagegen spricht die Höhe des Gebäudes, die vielen kleinen Räume im Innern – moderne Schulen werden heute eigentlich anders gebaut. Der Eigentümer des Gebäudes, der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB), sagt lediglich: Erst nach dem Auszug 2025 werde „die weitere Verwendung der Liegenschaft geprüft“.