Essen-Rüttenscheid. Anwohner aus Essen-Rüttenscheid beschweren sich über nicht genutzte Carsharing-Parkplätze – und ein irritierendes Schild. So reagiert die Stadt.
Norbert Schlage ärgert sich. Seit einigen Monaten gibt es für Mietautos einen zusätzlichen Parkplatz in der Florastraße, in Höhe der Hausnummern 6 und 8. Der Anwohner betont: „Es gibt doch wenige Meter entfernt schon zwei Parkplätze fürs Carsharing. Der Bedarf ist gar nicht da.“ Solche und ähnliche Beschwerden äußern mehrere Anwohner in Rüttenscheid. Auch von der Beschilderung der Parkplätze sind viele nicht begeistert.
„Seit es den Parkplatz gibt, ist er immer leer oder es stehen Ortsfremde darauf, die sich nicht auskennen und dann abgeschleppt werden“, ist Schlages Beobachtung. „Ein Carsharing-Auto habe ich dort noch nie gesehen. Dabei ist der Parkdruck in Rüttenscheid sowieso schon so groß.“ Tatsächlich hat die Stadt laut eigener Aussage am Standort in der Florastraße im März und April insgesamt siebenmal Autos abschleppen lassen.
Stadt Essen: Carsharing trägt zur Verkehrswende bei
Auch der Anbieter der Carsharing-Autos darf theoretisch Fahrzeuge abschleppen lassen, hier liegen der Verwaltung aber keine Zahlen vor. Sechsmal wurden Autofahrerinnen und Autofahrer außerdem laut Stadt verwarnt, kamen aber noch rechtzeitig, um ihren Wagen wegzufahren. Die Bußgeldsumme beträgt in diesem Fall 55 Euro. Viele Anwohnerinnen und Anwohner stellen sich derweil die Frage, wie viele Carsharing-Stellplätze denn eigentlich nötig sind.
Auf Anfrage verweist die Stadt auf ihr Bestreben, die Verkehrswende herbeizuführen. Bis 2035 will man das sogenannte „4 x 25 Prozent“-Ziel erreichen. Das heißt: Bis 2035 sollen je 25 Prozent der Wege zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit dem ÖPNV und mit dem Auto zurückgelegt werden. Dafür müsse man den motorisierten Individualverkehr reduzieren, heißt es aus der Verwaltung.
Derzeit sind in Rüttenscheid laut Stadt 20 Stellplätze für Carsharing genehmigt, allerdings wurden noch nicht alle beschilderungstechnisch eingerichtet. Die Anbieter sind Stadtmobil, Greenwheels und Ford Kneifel. Sie müssen eine Sondernutzungsgebühr von 20 Euro pro Monat pro Stellplatz zahlen. Zusätzlich wird für die Erstellung des Bescheides eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 50 Euro fällig.
„Fachleute gehen davon aus, dass ein Carsharing-Fahrzeug bis zu 20 private Fahrzeuge ersetzen kann“, sagt Stadtsprecher Patrick Betthaus. Zur Förderung des Carsharings sei in Essen daher ein Verfahren entwickelt worden, nach dem private Anbieterfirmen die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zur Einrichtung von Carsharing-Stellplätzen an den unterschiedlichsten Standorten im Stadtgebiet beantragen können.
Zwei weitere Carsharing-Stellplätze im Umfeld der Rüttenscheider Florastraße möglich
Dieses Verfahren basiert allerdings nicht auf einer Berechnung der Einwohnerzahl oder des geschätzten Bedarfes. Wie Betthaus erklärt, sei das Stadtgebiet in „Kacheln“ von 500 mal 500 Metern eingeteilt worden. „Pro Kachel dürfen bis zu vier Carsharing-Stellplätze eingerichtet werden. Die Standorte selbst werden seitens der Anbieterfirmen nach deren eigenen Kriterien ausgesucht. Wird ein Antrag eingereicht, wird zunächst geprüft, ob in der entsprechenden Kachel noch ein Carsharing-Stellplatz belegt werden kann“, schildert Betthaus.
Im Umfeld der Florastraße bedeute dies zum Beispiel konkret, dass sogar noch zwei weitere Carsharing-Stellplätze eingerichtet werden könnten, so Betthaus. Denn die bereits bestehenden Carsharing-Parkplätze am Gußmannplatz gehörten zu der Mobilstation, die die Ruhrbahn dort aufgebaut hat. Damit seien sie unabhängig vom Kachelverfahren. Die Ruhrbahn hat laut Sprecherin Sylvia Neumann sechs Carsharing-Parkplätze in Rüttenscheid eingerichtet: drei an der Haltestelle Florastraße und drei an der Haltestelle Landgericht.
Keine Kontrollen der Belegung von Carsharing-Plätzen in Rüttenscheid
Angesichts der teils leerbleibenden Parkplätze stellt sich die Frage, inwieweit sichergestellt werden muss, dass die Parkplätze tatsächlich genutzt werden. Hierzu Stadtsprecher Patrick Betthaus: „Der Anbieter ist verpflichtet, innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten nach Bescheid-Erteilung mit der Nutzung zu beginnen.“ Wenn dieser Zeitrahmen nicht eingehalten werden könne, erlösche die Sondernutzungserlaubnis.
In diesem Fall meldeten sich die Anbieter meist selbst und teilten mit, dass sie zum Beispiel noch keine ausreichend große Fahrzeugflotte hätten. Regelrechte Kontrollen können die Verkehrsbehörde jedoch nicht gewährleistet werden. „Dies ist bei der Vielzahl der von dieser Stelle erteilten Genehmigungen nicht zu leisten und ganz häufig auch nicht notwendig“, so Betthaus.
Rüttenscheider rätseln über Bedeutung des Carsharing-Schildes
Für Verwirrung hat laut Norbert Schlage auch das Schild gesorgt, das den Carsharing-Parkplatz anzeigt. Darauf ist ein Auto und darum herum Piktogramme von Menschen zu sehen. Eine weitere Erläuterung gibt es nicht. „Mich hat vor kurzem noch eine Autofahrerin angesprochen, die dachte, das wäre ein Familienparkplatz“, so der Rüttenscheider. Eine andere Beschilderung ist jedoch laut Stadt nicht möglich. Die vorhandene sei nämlich durch die Straßenverkehrsordnung vorgegeben, zusätzliche Schilder dürften nicht angeordnet werden.
Lediglich ein Firmenschild, das den Carsharing-Stellplatz dem entsprechenden Anbieter zuordnet, sei erlaubt. Entsprechende Schilder sieht man zum Beispiel bei Parkplätzen von Stadtmobil. Der Parkplatz an der Florastraße gehört aber zu Greenwheels. Und: „Grundsätzlich ist es den Anbieterfirmen erlaubt, zur besseren Kenntlichmachung eines Carsharing-Stellplatzes das entsprechende Symbol auf dem Boden zu markieren“, so Betthaus. Ob sie davon Gebrauch machten oder nicht, bleibe aber ihnen überlassen.
Rolf Krane, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Rüttenscheid (IGR), hält das momentane System nicht für ideal. „Carsharing ist eigentlich super, im Moment werden die Leute aber verärgert, anstatt sie dafür zu begeistern“, sagt er. Er sei kein Freund von festen Stationen, für die dann andere Parkplätze wegfielen, sondern eher für das „bewährte Modell“, die Carsharing-Autos flexibel abzustellen. Auch beim Abschleppen plädiere er für Augenmaß, bis sich die Bürgerinnen und Bürger mit dem System vertraut gemacht hätten.