Essen. Von einheitlichen Öffnungszeiten sind die Läden in der Essener Innenstadt weit entfernt. Die Unterschiede sind mit Corona sogar größer geworden.

Wer abends nach der Arbeit noch einen Einkaufsbummel durch die Essener Innenstadt plant, wird bei so manchem Laden vor verschlossener Tür stehen. Von einheitlichen Öffnungszeiten war die City zwar schon immer weit entfernt. Aber die Corona-Krise hat die Kluft zwischen den einzelnen Geschäften noch einmal größer werden lassen.

So schließen die ersten Läden auf der Kettwiger Straße trotz Corona-Lockerungen montags bis samstags schon um 18 Uhr, einige um 18.30 Uhr. Knapp die Hälfte der Läden macht um 19 Uhr Schluss. Die andere folgt um 20 Uhr. Samstags können die Zeiten auch noch einmal von denen unter der Woche abweichen.

„Einheitliche Öffnungszeiten wären zwar sehr wünschenswert“, sagt Marc Heistermann, Geschäftsführer beim Essener Einzelhandelsverband. Es sei schließlich wichtig, dass der Besucher der Innenstadt Verlässlichkeit habe. Allerdings müsse man auch sehen, dass mit Corona eine schwere Zeit hinter dem Einzelhandel liege. „Und die Folgen sind immer noch nicht vorbei“, meint Heistermann. Hinzu kämen gestörte Lieferketten und auch Probleme, Personal zu finden. „Die Händler prüfen daher, welche Öffnungszeiten sich rentieren“, wirbt Heistermann um Verständnis.

Mehrere Essener Filialisten auf der Kettwiger schließen 18 Uhr

Vor allem einige Filialisten auf der Kettwiger Straße schließen momentan schon um 18 Uhr, wie ein Besuch der Innenstadt am Montagmittag (9. Mai) gezeigt hat: So hat das Modehaus Sinn seine Öffnungszeiten noch immer „vorübergehend“ – wie es im Schaufenster heißt – auf 10 bis 18 Uhr reduziert. Ebenso der Textilhändler Hallhuber gegenüber, der dies den Kunden per Zettel im Schaufenster mit „der aktuellen Situation“ erklärt und um „Verständnis“ wirbt. Auch Brax, Aust fashion und WMF schließen um 18 Uhr. Der Sportschuh-Händler Footlocker auf der Kettwiger und die Parfümerie Pieper folgen eine halbe Stunde später, wie auch Apollo auf der Limbecker.

Marc Heistermann ist Geschäftsführer beim Handelsverband Ruhr, der auch Essener Händler vertritt.
Marc Heistermann ist Geschäftsführer beim Handelsverband Ruhr, der auch Essener Händler vertritt. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Eine Geschäftsinhaberin, die nicht namentlich genannt werden möchte, sagte: „Ich richte mich nach dem Umfeld. Außerdem ist meine Zielgruppe abends nicht in der Innenstadt unterwegs.“ Das Unternehmen Brax teilte mit, dass die Öffnungszeiten „Corona-bedingt und auch aufgrund der Öffnungszeiten der Wettbewerber“ verkürzt wurden. Ab Juni soll der Store jedoch wieder bis 19 Uhr öffnen.

Auch WMF schließt eine Ausweitung der Öffnungszeiten nicht aus, macht dies aber von einer steigenden Kundenfrequenz abhängig. Momentan habe sich bei der Filiale am Standort Essen eine Zeit von 10 bis 18 Uhr als sinnvoll erwiesen. Hallhuber und Sinn ließen Anfragen der Redaktion bis Dienstagnachmittag unbeantwortet.

Essener Interessengemeinschaft wünscht sich Einhaltung einer Kernöffnungszeit

Andreas Mauer, Vorstand in der Interessen- und Standortgemeinschaft Kettwiger und Limbecker Straße, sieht die derzeit große Unterschiedlichkeit kritisch. „Eine Kernöffnungszeit zwischen 10 und 19 Uhr sollte es schon geben“, meint Mauer, der in der Kettwiger Straße ein Juweliergeschäft besitzt. Der Kunde sei ansonsten schnell verwirrt und fahre dann möglicherweise lieber in eine andere Stadt oder ein Shoppingcenter.

Dass allerdings auch Letztere auf die Lage des Einzelhandels reagieren, zeigte jüngst das Allee-Center in Altenessen. Statt an der eigentlich üblichen strikten Centervorgabe bis 20 Uhr festzuhalten, dürfen dort die Läden nun auch schon um 19 Uhr schließen. „Auch Center haben die Zeichen der Zeit erkannt und lassen den Händlern Luft“, meint Verbandschef Heistermann.

Dass auch dies Anzeichen sein könnten, dass es in Zukunft generell kürzere Öffnungszeiten im Einzelhandel geben wird, will Heistermann aus den aktuellen Entwicklungen allerdings nicht ableiten. „Es ist sicher zu früh, um dies zu sagen.“

Limbecker Platz kehrt zur Mindestöffnungszeit 10 bis 20 Uhr zurück

Das Einkaufszentrum Limbecker Platz, das im Übrigen wie das Allee-Center von der ECE aus Hamburg gemanagt wird, kehrt derweil zu den einheitlichen Vor-Corona-Öffnungszeiten zurück. Das Center-Management hatte die Einzelhändler per Schreiben aufgefordert, sich zu den vereinbarten Kern-Öffnungszeiten wieder zurückzubewegen. Spätestens in der nächsten Woche werden dann alle Läden im Center wieder die Mindestöffnungszeiten von 10 bis 20 Uhr einhalten, sagt Center-Manager Anastasios Meliopoulos.

Während der Corona-Pandemie hatte das Management toleriert, dass die Geschäfte davon abweichen konnten. Davon hätten etwa zehn Prozent Gebrauch gemacht. Mittlerweile hätten sich die Besucherzahlen im Limbecker Platz aber wieder nach oben entwickelt, so dass es sich lohnen sollte, bis 20 Uhr zu öffnen, meint Meliopoulos.

Zu den stark abweichenden Öffnungszeiten in der Essener Innenstadt hat der Center-Manager derweil eine geteilte Meinung. „Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust“, so Meliopoulos. Einerseits sei auch für das Center eine belebte Innenstadt wichtig. „Anderseits sind unsere einheitlichen Öffnungszeiten für uns natürlich ein Wettbewerbsvorteil.“