Essen-Werden. Der Verein „Werden hilft“ lädt jede Woche zum „Ukraine Meeting Café“ ins Jugendzentrum des Essener Stadtteils ein. Diese Angebote gibt es dort.
Einmal in der Woche ist „Ukraine Meeting Café“ im Werdener Jugend- und Bürgerzentrum, Wesselswerth 10. Hier können sich aus der Ukraine Geflüchtete, Wohnungsgeber und Helfer beim gemeinsamen Frühstück zwanglos kennenlernen. Die Kinder entdecken das Spielzimmer, während ihre Mütter das gespendete Kinderspielzeug begutachten. Billardtisch und Tischkicker stehen bereit.
Es kommen Geflüchtete, die privat, im Kardinal-Hengsbach-Haus oder dem Kloster Schuir untergebracht sind. Claudia Reinhardt vom Verein „Werden hilft“ begrüßt sie und lädt dazu ein, sich in Kontaktlisten einzutragen. In einer WhatsApp-Gruppe sollen wichtige Infos wie Sprachkurse und Veranstaltungen mehrsprachig geteilt werden.
Der Treff findet immer montags ab 10 Uhr statt
Ihre Kollegin Birgit Schulte freut sich, dass der Treff (immer montags ab 10 Uhr) so gut angenommen wird: „Hier können sich die Geflüchteten vernetzen. Beim ersten Mal waren direkt 50 Leute da. Die meisten suchen Wohnraum. Da sollten sich alle jene ein Herz fassen, die Wohnungen bereitstellen können.“
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Die Sprachbarrieren sind hoch, nur vereinzelt wird ein wenig Deutsch gesprochen, die Jüngeren sprechen leidlich Englisch. Yuliya Ruta-Koch und Swetlana Boden helfen bei der Verständigung. Die Ukrainerin und die Kasachin sind seit 20 Jahren und mehr in Deutschland und übersetzen.
Für die Ärztin Yuliya Ruta-Koch ist es eine Herzensangelegenheit, ihren Landsleuten beizustehen in der Fremde: „Es gibt so viel Unsicherheit. Die Organisation hier in Deutschland ist vielen nicht klar, dazu kommen die Sprachschwierigkeiten und auch Scham. Scham davor, die angebotene Hilfe anzunehmen, zum Beispiel auch Geldspenden.“ Die Menschen hätten ihre gewohnte Selbstständigkeit verloren. Das seit ihnen peinlich.
Sie berichtet von einem älteren Ehepaar: „Sie sind zu siebt geflohen, aber die Familie wurde auseinander gerissen. Die Großeltern sind privat in Heidhausen untergekommen. Sie hat große Rückenschmerzen und wollte nicht zum Arzt gehen – aus Angst vor den Kosten. Die beiden haben auch nur Medikamente für zwei Monate mitgenommen. Dann wollten sie wieder zuhause sein.“
Andererseits gebe es da die junge Frau, die einfach bei ihrer ukrainischen Firma weiterarbeite, nun halt online: „Sie macht Homeoffice von Deutschland aus, hat zwischendurch recht viel Zeit und möchte ihren Landsleuten helfen. Bisher hat sie aber noch nicht die richtigen Ansprechpartner dafür gefunden.“
Geflüchtete Ukrainerin war vier Tage unterwegs
Diesmal bekommt sie endlich die Gelegenheit dazu. Swetlana Boden übersetzt für Irina Furman. Die 46-Jährige ist mit ihrem Sechsjährigen aus einer Kleinstadt im Südwesten der Ukraine geflohen. Irina Furman setzte sich am 2. März ins Auto und war vier Tage unterwegs. Im Kloster Schuir habe sie ein großes und helles Zimmer beziehen können, andere hätten da nicht so viel Glück gehabt: „Wir fühlen uns wohl. Alles ist gut eingerichtet.“ Vormittags hat der Sohn Online-Unterricht und nachmittags werden Hausaufgaben gemacht. Ja, das funktioniert von der Ukraine aus. Abends sitzt seine Mutter selbst auf der Schulbank und lernt Deutsch.
Große Hilfs- und Spendenbereitschaft
Im Kardinal-Hengsbach-Haus und im Kloster Schuir organisiert „Werden hilft“ Nähstube, Kunstgruppe und auch Sportangebote. Hier wurden bereits WTB-Volleyballer und SC-Fußballer aktiv. Die Hilfsbereitschaft ist groß.
Die Werdener Sangesfreunde haben bei ihren Auftritten auf dem Rathausvorplatz und den Werdener Wiesen um Spenden gebeten. Es kamen über 1500 Euro für die Ukraine-Flüchtlinge zusammen.
Die „Werden hilft“-Vorsitzende Christiane Gregor erklärt: „Davon können wir Tischtennisplatten für beide Einrichtungen finanzieren. Nun bitten wir um neue oder gut erhaltene Tischtennisschläger und Bälle.“ Die Sachspenden sollen zentral im Kardinal-Hengsbach-Haus abgegeben werden.
Nur die Neuankömmlinge bekommen Lebensmittel gestellt, die anderen müssen sich selbst versorgen und mit dem zugeteilten Geld auskommen. Schwierig, sich im abgelegen Schuir mit Lebensmitteln zu versorgen. Da gingen schon mal drei Stunden für den Einkauf drauf, erzählt sie. Für Frauen mit kleinen Kindern und Ältere sei es nicht so einfach, bis zur Haltestelle zu laufen und sich mit Bus und Bahn durch eine unbekannte Stadt zu bewegen.
Übersetzerin hört von schlimmen Schicksalen aus dem Kriegsgebiet
In der Kleiderkammer gab es eine Grundausrüstung, nun sei die Ausgabe beschränkt und man müsse ein kleine Selbstbeteiligung leisten. Ihr Ehemann und Irinas 20-jähriger Sohn mussten daheim bleiben. Der Gatte organisiert Busse für humanitäre Transporte, der Sohn arbeitet im Freiwilligendienst, verteilt unter anderem Hilfsgüter. Bisher war alles gut: „Aber heute Morgen wurde auch unsere Stadt beschossen.“
Swetlana Boden weiß um schlimme Schicksale. Berichtet von der 26-jährigen Frau, die hochschwanger in Mariupol ausharren musste: „Ohne Heizung und fast ohne Strom. Sie haben Meerwasser gekocht und Schnee geschmolzen, ihnen gingen die Essensvorräte aus und sie mussten Leichen begraben. Auf der zehntägigen Flucht haben sie sich oft in Wäldern verstecken müssen. Das Baby wurde am 14. April in Deutschland geboren. Inzwischen sind sie in Fischlaken untergekommen bei guten Leuten.“