Essen. Bildende Kunst trifft Barkultur: „Kunstraum Xilin“ sorgt für ein neues Gastro-Angebot in Essen. Cocktail-Experte Henning Riecken mixt die Drinks.
Vom Wilden Westen nach Fernost: Aus dem früheren „Cowboystyle“-Steakhouse in Kettwig vor der Brücke ist ein Ort für Kunst und Cocktails mit asiatischem Flair geworden: der Kunstraum Xilin. Statt Edelsaloon-Atmosphäre erwartet die Gäste an der Landsberger Straße nun moderne Malerei und ein innovativer Barbetrieb.
Die chinesische Künstlerin Lin Wang und ihr Mann Rui Shan haben sich für das spannende Gesamtkonzept aus Galerie, Café und Bar samt angegliederter Kunstschule erfahrene Unterstützung aus dem Gastronomiebereich geholt. Mit Henning Riecken schwingt ein Mann den Shaker, der seine Spirituosen- Expertise schon an mehreren bekannten Bartresen eingebracht hat, wie dem Fcuk Yoga in Rüttenscheid, dem Faces am Salzmarkt oder dem „Pearl’Z“ im Bochumer Bermudadreieck. Zuletzt war er im Essener Unperfekthaus beschäftigt.
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Riecken hat der besondere Nutzermix und die Innovationsfreudigkeit der chinesischen Galeriebetreiber begeistert, die mit dem „Kunstraum Xilin“ mehr schaffen möchten als eine Gastroadresse mit Wechselausstellungen. Der helle, lichtdurchflutete Raum mit Premiumausblick auf die Ruhr soll zum Treffpunkt werden, für Kunst-Freunde und Wochenend-Ausflügler aus den Nachbarstädten ebenso wie für die Kettwiger selber. Wenn es nach Henning Riecken geht, dann kann dieser „Kunstraum Xilin“ aber auch als richtige „Dorfkneipe“ funktionieren.
Eine, in der Gäste morgens schon auf einen Kaffee vorbeikommen können, nachmittags eine Kuchenauswahl haben und nicht nur am Wochenende bis Mitternacht einen Ort zum Ausgehen finden. Mit den ausgedehnten Öffnungszeiten (Mi/Do 10 bis 24 Uhr, Fr/Sa/So schon ab 9 Uhr bis Mitternacht) will man Präsenz im Stadtteil zeigen. Auch spezielle Tastings und Kurs-Kombinationen aus bildender Kunst und Barkultur können sich die Betreiber vorstellen.
Das chinesische Ehepaar hat sich vor einigen Jahren in einer Essener Sprachschule kennengelernt und irgendwann beschlossen, in Kettwig heimisch zu werden. Es mag nicht nur an der malerischen Altstadt liegen, sondern auch daran, dass die Gegend durchaus Ähnlichkeiten zu Lin Wangs Heimat aufweist, der ehemaligen deutschen Kolonialstadt Tsingtau, auch bekannt für den wohl bekanntesten chinesischen Alkoholimport, das Tsingtao-Bier.
Kunstschule bietet Workshops für Kinder – und bald auch für Erwachsene
Mit Braukunst und edlen Spirituosen haben Lin Wang und ihr Mann Rui Shan in der Vergangenheit allerdings nichts zu tun gehabt. Lin Wang hat an der Qindao University in China und am Caspar-David-Friedrich Institut der Universität Greifswald studiert und pflegt Kontakt zu internationalen Künstlern, die sie künftig auch ausstellen will. Vor allem jüngeren Kreativen will die Chinesin Präsentationsraum geben. In der angegliederten Kunstschule werden seit 2019 vor allem Kinder unterrichtet. Malerei, Bildhauerei und Fotografie stehen ebenso auf dem Stundenplan wie Workshops, in denen es beispielsweise um die Herstellung von Farbe oder Kostümdesign geht. Auch für Erwachsene soll das Workshop-Angebot in Zukunft ausgeweitet werden.
Flankiert wird der Ausflug in die Welt der Kunst mit Angeboten an den experimentierfreudigen Gaumen. Manches, was man auf der kleinen, aber feinen Cocktailkarte findet, fällt zwar durchaus in die Rubrik Klassiker, aber auch besondere Signature-Cocktails hat Henning Riecken im Angebot, vorzugsweise mit chinesischen Zutaten wie einem Likör aus Bambus, Erbsen und Sorghumhirse. Ingwer und Zitronengras kommen im „Kunstraum Xilin“ ebenso zum Einsatz wie Teearomen, die als hausgemachte Infusion oder Sirup für die fernöstliche Note sorgen.
Dass zum eher puristisch-angehauchten Interieur natürlich keine überladen-dekorierten Jumbo-Drinks mit Cocktailkirsche passen, versteht sich. „Weniger ist mehr“, lautet ohnehin das Cocktail-Credo von Henning Riecken. Erreichen will man in Kettwig damit viele.