Essen. Trotz Pandemie ist der Schauspieler Martin Lindow fürs Fernsehen oft im Einsatz. Im Quotenhit „Kommissar Dupin“ gerät er jetzt unter Verdacht.
Marrakesch, Niederrhein, Saarlouis, Leipzig, Bretagne. Martin Lindow ist trotz coronabedingter Ausfälle viel herumgekommen, hat eine Hauptrolle nach der anderen fürs Fernsehen gespielt. Der in Werden beheimatete Schauspieler weiß, wie privilegiert er in der Schar der freischaffenden Kollegen ist: „Bei vielen hat diese Zeit an der Existenz genagt“, weiß er. Sein Rückblick auf zwei Jahre Pandemie fällt deutlich glücklicher aus.
Corona begann für Martin Lindow in Marrakesch
Anfang 2020 waren die Folgen noch nicht abzusehen. So saß denn das Team des ARD-Films „Zielfahnder - Das arabische Abenteuer“ rund um Martin Lindow („Der Fahnder“, „Polizeiruf 110“) in Marrakesch fest und der Untertitel wurde zur beklemmenden Realität. „Wir wollen zurück zu unseren Familien“, twitterte mancher Darsteller. Lindow hatte seine Frau Claudia dabei, die Kinder waren zuhause. „Wir flogen aus den Hotels raus, sollten als Ausländer das Land verlassen, bekamen aber tagelang keine Informationen und keine Flüge. So begann für mich Corona“, erinnert sich der 57-Jährige. Die abgebrochenen Dreharbeiten wurden mehrfach um Monate verschoben und dann - wegen des sichtbaren Altersunterschieds - abgebrochen.
Zurück in Deutschland mussten die Theater immer wieder schließen, seine Tournee mit Lutz Hübners populärem Stück „Wunschkinder“ wurde ausgesetzt. Nach dem Neustart machten mehrere Omikron-Fälle den Vorstellungen ein Ende. Sehr zu Martin Lindows Bedauern. Der Folkwang-Absolvent und Grimme-Preisträger liebt es, auf der Bühne zu stehen. Stattdessen habe er 2020/21 sehr viel fürs Fernsehen drehen können, berichtet er. Ein Reigen an sehenswerten Filmen mit charakterstarken Rollen sind in den Mediatheken von ARD und ZDF greifbar.
Geheimnisvoller Charakter in der Krimireihe „Kommissar Dupin“
Unheimlich als Verschwörungstheoretiker in dem Kammerspiel „Verrannt“ der SOKO Leipzig, verzweifelt als Ehemann einer vergewaltigten Frau in „In Wahrheit“, verbohrt als Vater mit Kontrollzwang in „Ingo Thiel: „Ein Mädchen wird vermisst“ und nicht zuletzt aktuell als Spirituosenhändler verstrickt in den Fängen der Vergangenheit in „Kommissar Dupin: Bretonische Idylle“, der vor Ostern im Ersten (14. April, 20.15 Uhr) zu sehen ist. Vor der schroffen Schönheit der Insel „Belle-Île-en-Mer“ entfalten sich Schuld und Abhängigkeiten. „Ich wollte diese Rolle unbedingt spielen, einen Mann, der schwer an seiner Lebenslast trägt“, sagt Lindow. Auf dem Bildschirm offenbaren sich nach und nach die Brüche in seinem Gesicht.
Dass „Kommissar Dupin“ hierzulande wie in Frankreich ein „absoluter Quotenhit“ ist, war sicher auch ein Beweggrund. Und dann diese Kulisse mit malerischen Fischerörtchen und rauer Felsenformationen. „Das war natürlich kein Urlaub. Aber wir haben die atemberaubend coole Landschaft genossen, und jeden Tag ins Meer zu gehen“, erzählt er. Ehefrau Claudia konnte wieder mitreisen und Doggenmischling Buddy, der seit Corona zur Familie gehört. Zu Lindows Freude gab es im Film noch mehr Essener Beteiligung: „Aurel Manthei, ein alter Folkwängler, ist dabei. Hat echt Spaß gemacht, mit ihm zu arbeiten.“ Er ist der erpresserische Bruder und Tatjana Clasing ist als allwissende Kioskbesitzerin zu sehen.
Begeistert von der Komödie „Achtsam morden“
In keiner der Produktionen gab es einen Corona-Ausbruch. Ärzte waren bei den Dreharbeiten dabei. Es wurde ständig getestet und auf die Corona-Regeln geachtet. „Doppelt geimpft und geboostert sind die meisten Schauspieler“, berichtet er. Omikron hat ihn trotzdem erwischt und es ist glimpflich abgelaufen. Zwei neue Projekte, die noch nicht spruchreif sind, können starten. Und ein nächstes Theaterstück steht an: „Achtsam morden“, der Bestseller des gebürtigen Esseners Karsten Dusse kommt mit ihm auf die Bühne. Auftritte sind auch im Rathaus-Theater angedacht. Er spielt einen Mafia-Anwalt, der Achtsamkeit und Gewalt auf einen Nenner bringt. „Das ist schwarzhumorig und charmant und begeistert mich total“, sagt Martin Lindow. Mehr Glück geht nicht.
Anwalt aus Essen schrieb Bestseller zur Bühnenversion
Der gebürtige Essener Karsten Dusse ist ursprünglich Rechtsanwalt für Miet- und Eigentumsrecht. Als Quereinsteiger beim Fernsehen machte er Karriere, wurde Chefautor für Anke Engelkes „Ladykracher“ und andere Comedy-Shows. Die Krönung: Deutscher Fernseh- und Comedypreis sowie die Nominierung für den Grimme-Preis.
2019 hebt er einen Roman aus der Taufe, der es in sich hat. Mit „Achtsam morden“ erweckt er den Anwalt Björn Diemel zum Leben, der auf Druck seiner Ehefrau ein Achtsamkeitsseminar besucht, um seine Work-Life-Balance in den Griff zu bekommen und die Familie nicht zu verlieren. Was er dort lernt und erfolgreich anwendet, verändert nicht nur sein Leben, sondern auch die Hierarchie im Unterwelt-Milieu. Statt sich um das Wohlbefinden der organisierten Kriminalität zu kümmern, bringt er seine Klienten achtsam um die Ecke. Die Kritik war des Lobes voll für diesen klugen, humorvollen Achtsamkeitsratgeber im Krimigewand. Inzwischen ist eine Reihe von Bestsellern mit drei Bänden („Achtsam morden“, „Das Kind in mir will achtsam morden“, „Achtsam morden am Rande der Welt“, Heyne Verlag, 10,99 – 20 Euro) erschienen.
Verfilmung für Netflix
Der Stoff wird für Netflix als achtteilige Serie verfilmt. Und als Bühnenversion ist es an verschiedenen Theatern auf dem Vormarsch. Auch bei der Konzertdirektion Landgraf, bei der Schauspieler Martin Lindow für die Rolle als Anwalt Björn Diemel engagiert wurde.