Essen. Wegen Omikron kämpfen die Essener Krankenhäuser mit Personalausfällen, sagen auch OPs ab. Für Entwarnung sei es zu früh, mahnt der Uniklinikchef.

In etlichen Klinken verursacht die Omikron-Variante des Coronavirus aktuell Personalausfälle. Weil Mitarbeiter erkrankt sind oder sich in Quarantäne befinden, müssten vielerorts planbare Operationen abgesagt werden, sagt die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen. Auch in Essen werden Eingriffe gestrichen. Die hiesigen Krankenhäuser beschreiben die Situation als angespannt, aber nicht als dramatisch.

[In unserem lokalen Newsletter berichten wir jeden Abend aus Essen. Den Essen-Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen.]

So sind am Dienstag (29.3.), allein auf das Coronavirus bezogen, etwa 100 Mitarbeitende des Essener Uniklinikums in Quarantäne, knapp 50 im sogenannten Pflege- und Funktionsbereich, wie das Haus mitteilt. „Dies ist eine belastende Situation, in bestimmten Bereichen unser Leistungsspektrum einschränkend“, heißt es. Über das gesamte Unternehmen mit seinen 10.000 Beschäftigten gebe es aber unverändert eine „stabile Balance zwischen Infizierten und Genesenen“. Der Operationsbetrieb sei aktuell zwar eingeschränkt, man habe aber „kaum Eingriffe“ absagen müssen und hoffe, die Einschränkungen in den nächsten Tagen ganz zu überwinden.

„Wir sind noch nicht über den Berg, befinden uns aktuell in einer weiter angespannten Situation“, mahnt Prof. Dr. Jochen A. Werner, Ärztlicher Direktor des Uniklinikums Essen.
„Wir sind noch nicht über den Berg, befinden uns aktuell in einer weiter angespannten Situation“, mahnt Prof. Dr. Jochen A. Werner, Ärztlicher Direktor des Uniklinikums Essen. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Vor dem Hintergrund der jetzigen Lockerungen betont der Ärztliche Direktor der Uniklinik, Prof. Dr. Jochen A. Werner, jedoch: „Wir sind noch nicht über den Berg, befinden uns aktuell in einer weiter angespannten Situation.“ So beeinträchtigten die Quarantäneregelungen den Klinikbetrieb. „Deshalb braucht es ein wenig Zeit bis zur Entwarnung. Die Schutzmaßnahmen noch wenige Wochen fortzusetzen, bevor es zur Entlastung über die Sommermonate kommt, dürfte im allgemeinen Interesse sein.“

Personalausfälle an Essener Krankenhäusern

Er verstehe den Ruf nach mehr Freiheiten gut, doch mancher Mediziner wünsche sich, dass noch eine Weile Abstand gehalten und Maske getragen werde, sagt auch Andreas Grundmeier, Leiter der Notfallmedizin und Corona-Einsatzleiter an den Evangelischen Kliniken Essen-Mitte (KEM).

Er warne auch davor, Omikron auf die leichte Schulter zu nehmen. Dank der Corona-Impfung gebe es zwar nur noch wenige schwere Verläufe, und einzelne Betroffene seien sogar völlig symptomfrei. Doch viele hätten mit ausgeprägten Erkältungssymptomen wie Husten, Schnupfen, Heiserkeit und Fieber zu kämpfen: „Die sind ausgeknockt.“ Bei der ersten Möglichkeit, sich nach sieben Tagen von der Quarantäne per Test zu befreien, seien etliche noch positiv. Bei den meisten falle der Test erst nach zehn Tagen negativ aus.

Elisabeth-Krankenhaus setzt auf Engagement der Mitarbeiter – und Leasingkräfte

Entsprechend lang falle betroffenes Personal aus, sagt Grundmeier. Nach einer ersten Omikron-Welle vor vier, fünf Wochen erreiche gerade die zweite ihre Spitze: 100 bis 120 der 2700 KEM-Mitarbeiter sind im Moment in Quarantäne und/oder erkrankt. Schwerwiegende Einschnitte in den Krankenhausalltag gebe es nur deshalb nicht, weil sich die Betroffenen auf alle Berufsgruppen und Stationen verteilten.

Das neue Infektionsschutzgesetz

Das vom Bundestag beschlossene, geänderte Infektionsschutzgesetz ist am 20. März 2022 in Kraft getreten. Es sieht vor, weiterreichende Schutzmaßnahmen nur noch auf Hotspot-Regionen zu beschränken: Eine flächendeckende Überlastung der Krankenhäuser sei nicht mehr zu befürchten. Wo aber eine Überlastung drohe, ziehe die Hotspot-Regel.

Angesichts einer wieder zunehmenden Anzahl von Corona-Patienten in den Krankenhäusern nutzte die NRW-Landesregierung zunächst eine Übergangsregel im neuen Infektionsschutzgesetz: So gelten viele der bisherigen Maßnahmen aus der Coronaschutzverordnung noch bis zum 2. April 2022.

Auch das Elisabeth-Krankenhaus arbeitet weitgehend im Normalbetrieb, obwohl sich der Krankenstand von normalerweise fünf Prozent jetzt auf acht Prozent erhöht hat: Von 1400 Beschäftigten seien etwa 120 erkrankt, rund 40 von ihnen könnten ihren Dienst wegen Corona nicht versehen, sagt Sprecherin Dorothee Renzel. Dass man die Ausfälle ausgleichen könne, „ist auch der weiterhin hohen Flexibilität der Mitarbeitenden in allen Bereichen zu verdanken“. Außerdem setze man Leasingkräfte ein.

Team leistet vermehrt Überstunden

Am Krupp-Krankenhaus in Rüttenscheid waren dieser Tage 52 Mitarbeiter in Quarantäne, am Steeler Haus waren es 32, teilt Sprecherin Hille Ahuis mit. Man müsse daher planbare Operationen verschieben. Zöge man die coronabedingten Ausfälle ab, entspreche der Krankenstand übrigens dem Normalniveau früherer Jahre. So aber sei das Team wie seit Beginn der inzwischen zwei Jahre währenden Pandemie stark gefordert: „Unsere Mitarbeiter sind nach wie vor hoch engagiert und leisten Überstunden, um die medizinische Versorgung der Patienten bestmöglich zu gewährleisten.“

Wenn es nun wärmer werde, sei mit sinkenden Inzidenzen zu rechnen, sagt Andreas Grundmeier von den KEM. Von einem Ende von Corona zu sprechen, hielte er jedoch für voreilig: „Das wird bleiben.“