Essen-Rüttenscheid. Die Fleischmann-Eisenbahn aus Kindertagen fasziniert den Essener Bürgermeister Rolf Fliß (Grüne) bis heute. So aufwendig ist sein Modell.
Modellbahnen sind ein Hobby, das in der Pandemie wiederentdeckt wurde. Eine Kindheit ohne die kleinen Loks und Wagen von Märklin, Minitrix oder Pico war für Jungen bis in die 70er Jahre undenkbar. Einer, den die Miniaturwelten auf Schienen bis heute faszinieren, ist Rolf Fliß. Der Essener Bürgermeister (Grüne) verknüpft viele Erinnerungen mit seiner Fleischmann-Eisenbahn – ein „Drei-Generationen-Projekt.“
Der Gang in den Hobby-Keller mit der vier Meter mal zwei Meter großen Eisenbahn ist wie eine Zeitreise. Auf der großen Holzplatte stehen einige Züge startbereit auf den vielen Gleissträngen. „Nach einem stressigen Tag kann man mit einer Modellbahn gut abschalten“, sagt Fliß. Doch derzeit fehle ihm einfach die Zeit. Die Bahn ist seit Längerem nicht fahrbereit. Drei Generationen hat die elektrische Eisenbahn der Familie schon vereint.
Vater und Sohn klebten mit Eifer in Essen-Rüttenscheid die Gebäude zusammen
Sein Vater schenkte Fliß in den 1960ern die ersten Gleichstromloks. „Die rote V60-Rangierlok, die blaue E10 und die schwere Güterzugdampflok der Baureihe 50 mit Schlepptender“, zählt der Modellbahner auf, hätten die Sammlung begründet. „Dazu kaufte er Schienen für drei Stromkreise. So konnten alle Loks gleichzeitig fahren.“ Bald zogen die Lokomotiven auch Waggons hinter sich her. „Die Anlage war ein wachsendes Gebilde.“
Die Platte im Keller bot auch Platz für Gebäude. Mit Eifer klebten Vater und Sohn in Rüttenscheid die Kunststoffbausätze von Faller oder Kibri zusammen, alles passend zum Maßstab HO. In der Größe passende Fahrzeuge und Figuren kamen dazu. „Reisende, Wartende, Männer und Frauen mit Koffern.“ Und mit einer Zeche und einem Kiosk zog die Revierheimat in die Miniaturwelt ein.
An Urlaub in den Bergen erinnert die Mühle mit Wasserrad. Idyllisch: Früher sei dort richtiges Wasser den steilen Hügel hinab gelaufen, vorbei an Modellbäumen auf begrünten Hügeln. Mit einer Pumpe wurde es zurück nach oben transportiert. Ein stundenlanges Vergnügen. „Später auch für meine beiden Kinder“, so Fliß.
Post und Wohnhäuser: Rüttenscheider Politiker bastelte alles selbst zusammen
Nicht nur die Züge aus Ende der 1940er bis etwa 1970 waren früher in regem Betrieb. Mit einem Kran der Firma Märklin belud er als Schüler die langen Güterzüge. Das habe auch die Mutter gefreut, so Fliß, der 1959 in Rüttenscheid geboren wurde. „Mit dem Greifer konnte ich Linsen in die Waggons füllen, die sie mir zum Spielen gegeben hatte.“ Nach ein paar Transportrunden habe er das Schüttgut in einen Bunker neben dem Gleisbett entladen. Nur das Sägewerk habe die Eltern auf Dauer gestört. „Wenn es länger lief, wurde es wegen des lauten Geräuschs zur Nervensäge“, erinnert er sich.
Auch eine Post und verschiedene Wohnhäuser zieren die aus grünen Matten, Leim, Pappmaché, Spachtelmasse und Sperrholz gestaltete Landschaft. Stolz zeigt Fliß noch den Steinbruch aus Gips. Auch hier wird fleißig geschuftet: Winzige Männer in gelben Baggern tragen das Material ab und packen es auf Lastwagen. Nur die feine Staubschicht verrät, dass hier länger keiner mehr gespielt hat. Die Drehscheibe mit dem Lokschuppen hat lokalen Flair und erinnert an die reale im Eisenbahnmuseum in Bochum-Dahlhausen.
Nur Löschfahrzeuge mit Essener Stadtwappen in der Vitrine
Miniaturzeitreise im Grugapark
Modelleisenbahnen der Spur H0 sind europaweit beliebt. Vorteil: Es gibt viele Konkurrenten und daher geringere Preise. Die weite Verbreitung zeigt sich auch in der großen Auswahl an Loks, Waggons und weiteren Bauteilen.
In Essen ist „Oktorail“ im Grugapark ein Ort für Modellbahnfreunde. Die Anlage lädt zu einer Miniaturzeitreise der Industrie ein. Von 1965 bis in die Gegenwart. Neben Zechen und Stahlwerken sind auch die idyllischen Ecken des Ruhrgebiets zu sehen. Kontakt: Modellbahn West, Telefon 0201 5073813, info@oktorail.de.
„Das Modellbahn-Hobby ist schön, aber leider zeitintensiv“, bedauert Fliß. Seine Kinder sind erwachsen und spielen auch nicht mehr. Enkel hat der Rüttenscheider noch nicht. „Das wäre auf jeden Fall ein Wiedereinstieg.“ Bis dahin schenken ihm die Feuerwehr-Modelle, die er ebenfalls sammelt, Ablenkung vom stressigen Alltag. Nicht irgendwelche Löschfahrzeuge, sondern nur solche mit Essener Stadtwappen landen in der Vitrine.
Brandneu aus dem Laden kommt der Langhauber-Lastwagen „Tiger“ DL52 von Krupp, ein detailreiches Modell im Maßstab 1:43 mit ausfahrbarer Drehleiter und Stadtwappen auf den Türen. Der 1956 gebaute Schwerlastwagen hat in echt eine 52 Meter lange Drehleiter. „Für solche Dimensionen war er perfekt, weil er eine große Standsicherheit ermöglichte.“