Essen-Huttrop. Im Essener Moltkeviertel heißt eine Grünfläche jetzt nach der streitbaren Theologin Uta Ranke-Heinemann. Wie sich Sohn und Enkel an sie erinnern.
Am ersten Todestag von Uta Ranke-Heinemann ist jetzt ein Platz im Moltkeviertel in Essen-Huttrop nach der bekannten Essener Theologin benannt worden. Familienangehörige erinnerten sich mit emotionalen Worten an die streitbare Katholikin: Ihre Mission sei noch nicht erfüllt.
Ab sofort heißt die Fläche zwischen Henrici-, Franzius- und Messelstraße Uta-Ranke-Heinemann-Platz. Zur offiziellen Enthüllung des Schildes waren Andreas Ranke (61), Sohn der Theologin, seine Ehefrau Ives Ranke-Zilli und Sohn Valentin (22), sowie Peter Heinemann, Bruder von Uta Ranke-Heinemann, gekommen.
Platz im Essener Moltkeviertel trägt jetzt den Namen der bekannten Theologin
Sohn und Enkel erinnerten mit humorvollen und sehr persönlichen Worten an die mit 93 Jahren verstorbene Theologin. Sie hatte rund 80 Jahre ihres Lebens in „ihrem geliebten Moltkeviertel“ verbracht – erst an der Schinkelstraße, wo ihr Vater, der spätere Essener Oberbürgermeister und Bundespräsident Gustav Heinemann, 1936 ein Haus gemietet hatte, dann an der Henricistraße, wo sie seit 1958 ein Haus besaß.
Historiker Andreas Ranke, der heute in der Nähe von Mainz lebt, betonte die Verbundenheit seiner Mutter zum Moltkeviertel, ihren guten Kontakt zu den Nachbarn und erinnerte an ihre täglichen elf Spazierrunden bis zur nahen Wiebeanlage. „Ich bin sehr froh über diese Anerkennung, die meiner Mutter hier erwiesen wird, wo sie ihren Lebensmittelpunkt hatte“, so Ranke.
Sohn und Enkel gaben Einblicke in das Leben der Theologin, deren Markenzeichen ein türkisfarbenes Kunstlederkostüm war: Sie habe zwölf Sprachen gesprochen, die Menschen geliebt, aber Graffiti, Unordnung und Schnittblumen, also „Blumenleichen“, gehasst. Sie sei ein gläubiger Mensch gewesen und trotz aller Kritik nicht aus der Kirche ausgetreten.
Die Huttroperin war die erste Professorin für katholische Theologie
Uta Ranke-Heinemann wurde 1970 die weltweit erste Professorin für katholische Theologie. Ab 1985 lehrte sie Neues Testament und Alte Kirchengeschichte an der Universität in Essen. Nachdem sie das Dogma der Jungfrauengeburt Christi in Zweifel gezogen hatte – „als Mutter wusste sie, dass das so nicht stimmen konnte“, so ihr Sohn in seiner Rede – wurde ihr 1987 die kirchliche Lehrbefugnis entzogen. Mit 60 Jahren wechselte sie auf einen kirchenunabhängigen Lehrstuhl in Essen und lehrte dort bis zu ihrer Emeritierung 1990 Religionsgeschichte.
Uta Ranke-Heinemann hatte mit einer Ausnahmegenehmigung das Burggymnasium besucht, das damals eigentlich eine reine Jungenschule war. 1954 heiratete sie ihren ehemaligen Klassenkameraden, den Religionslehrer Edmund Ranke. Ihre beiden Söhne wurden 1958 und 1960 geboren.
Ihr kritisches Verhältnis zur kirchlichen Sexualmoral wurde in ihrem Werk „Eunuchen für das Himmelreich“ deutlich – ein Thema, das heute angesichts der zahlreichen Fälle von Pädophilie aktueller denn je sei, betonte Andreas Ranke. „Meine Mutter war Reformerin im besten Sinne und ihre Arbeit ist bis heute nicht vollendet. Ich hoffe, dass dieser Platz für die Kirche wie ein schmerzhafter Dorn ist, der die Verantwortlichen dazu bewegt, sich endlich angemessen mit dem Thema zu beschäftigen.“
Im Vorfeld hatte es Kritik an der Auswahl der Fläche gegeben
Tochter des früheren Bundespräsidenten
Uta Ranke-Heinemann ist die Tochter von Gustav Heinemann. Sie wurde am 2. Oktober 1927 geboren und starb am 25. März 2021.Der frühere Bundesinnen- und -justizminister sowie Bundespräsident Gustav Heinemann (gestorben 1976) war von 1946 bis 1949 Essener Oberbürgermeister.
Die zuletzt an Demenz erkrankte Theologin – streitbar und umstritten, wie ihre Weggefährtin Heidi Hutschenreuter betonte – engagierte sich für Feminismus und Frieden. „Uta Ranke-Heinemann begegnete den Menschen offen und zugewandt. Solange ihre Kräfte reichten, engagierte sie sich persönlich in ihrem unmittelbaren Wohnumfeld“, heißt es in der Einladung zur Platzeinweihung.
Der Platz, der jetzt auf Beschluss der Bezirksvertretung I nach Uta Ranke-Heinemann benannt wurde, sei durchaus geeignet für das Gedenken an die Essenerin, wies Oberbürgermeister Thomas Kufen die im Vorfeld laut gewordene Kritik an der Auswahl der Fläche zurück. Bürger hatten beklagt, der Platz sei zu klein und ungepflegt. Die Wiese solle zum echten Platz und damit zum Treffpunkt werden, dazu werde die Stadt ihren Teil beitragen, so Kufen. Die Wertstoffcontainer sollen dazu optisch abgegrenzt werden. Den aktuellen Stand der Platzgestaltung können Interessierte später im Internet auf www.uta-ranke-heinemann.de verfolgen.