Essen. Illegaler Welpenhandel: Die Folgen baden Tiere, Tierheim und späteren Halter aus, wenn die jungen Hunde in Quarantäne müssen. Was diese bedeutet.

  • Dieser Artikel erschien zum ersten Mal in abgewandelter Form im Jahr 2016
  • Illegaler Welpenhandel beschäftigt die Mitarbeiter im Tierheim Essen immer wieder und immer öfter.
  • Werden Hunde ohne vollständigen Impfschutz beschlagnahmt, landen sie in Quarantäne.
  • Die Pfleger erzählten vom Schicksal eines kleinen Labrador-Mischlings – das steht stellvertretend für viele seiner jungen Artgenossen, die beschlagnahmt werden.

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Junge Hunde, die aus dem Auto heraus verkauft werden, illegaler Welpenhandel und Tiere, die wohl viel zu früh von ihrer Mutter getrennt worden sind: All das soll in Altendorf passiert sein, wo die Polizei am Samstag (12.2.2022) zehn Welpen beschlagnahmt hat. Nun befinden sie sich im Tierheim. Ob sie in Quarantäne müssen, entscheidet das Veterinäramt (zum aktuellen Artikel).

Was eine solche Quarantäne bedeutet, zeigt eine nun leicht aktualisierte Berichterstattung aus dem Jahr 2016:

Während andere Welpen in Familien leben und Kontakt zu Artgenossen haben, verbringen Hunde wie unser Beispiel aus 2016 zeigt – damals berichteten wir über einen kleiner Labrador-Mischling – ihre Kindheit auf der Quarantäne-Station des Tierheims. Die Geschichte aus 2016 erzählten uns die Pfleger damals als Beispiel für immer mehr Fälle von Hunden, die oftmals monatelang isoliert leben müssen.

Die Quarantäne-Station des Tierheims Essen ist oftmals voll, das Bild zeigt einen jungen Labrador-Mischling, der einst ohne Tollwutimpfung aus dem Ausland nach Essen kam.
Die Quarantäne-Station des Tierheims Essen ist oftmals voll, das Bild zeigt einen jungen Labrador-Mischling, der einst ohne Tollwutimpfung aus dem Ausland nach Essen kam. © WAZ | STEFAN AREND

Die Folgen sind oftmals großes Leid und hohe Kosten

Grund dafür ist die fehlende Tollwutimpfung. Diese müssen Hunde vorweisen, wenn sie wie der blonde Rüde aus dem Ausland kommen. Fehlt die Impfung, werden die Tiere von der Stadt beschlagnahmt, erklärte die damalige Tierheim-Leiterin Tilly Küsters. Die Folgen seien oftmals großes Leid und hohe Kosten. Daher der Appell der Tierschützer an alle Urlauber: „Tiere sind keine Mitbringsel.“

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Ebenso warnen sie vor unüberlegten, spontanen Käufen nicht nur aus dem Kofferraum wie zuletzt in Altendorf, sondern auch auf Online-Plattformen, wo Rassewelpen oftmals günstig angeboten werden. Da könnte ein Vermehrer dahinter stecken, der ausschließlich Gewinn machen möchte. Die Hunde würden oft nicht artgerecht gehalten, seien krank oder zu früh von der Mutter getrennt und haben möglicherweise die so wichtige Prägephase verpasst.

Die Fälle von Hunden, die aus dem Ausland mitgebracht werden, nehmen zu

Dem Tierheim bereiten Fälle, in denen Welpen aus Mitleid, Unwissenheit oder wegen niedriger Preise aus dem Ausland mitgebracht werden, ebenfalls seit Jahren große Sorgen. „Und diese Fällen nehmen zu“, sagte 2016 eine Mitarbeiterin. Bereits vor Beginn der Ferien sei die Handvoll Plätze in der Quarantäne-Station oftmals belegt.

Auf der Quarantäne-Station des Tierheims Essen sind die Welpen in kargen, gefliesten Räumen isoliert.
Auf der Quarantäne-Station des Tierheims Essen sind die Welpen in kargen, gefliesten Räumen isoliert. © WAZ | STEFAN AREND

Die Dunkelziffer der Hunde, die ohne Tollwutimpfung einreisen, dürfte höher sein, schätzte sie. Denn nicht jeder Welpenhandel fliege auf, nicht jeder gehe mit dem Hund aus dem Ausland gleich zum Tierarzt, der das feststellen könne. Dieser ist dann verpflichtet, das Veterinäramt zu informieren. Denn die Virusinfektion kann durcheinen Biss oder Speichel auf den Menschen übertragen werden und tödlich enden.

Wegen dieser möglichen Gefahr kam der Labrador-Mix wie so mancher seiner Artgenossen ins Tierheim, den Mischling hatten damals Essener aus Serbien mitgebracht. Die Impfung nachzuholen, deren Wirksamkeit zu prüfen und die Quarantänezeit einzuhalten, dauert dann stets Monate. So lange leben die Hunde allein im kargen Zwinger.

Die Gefahr ist groß, dass diese Hunde später Verhaltensstörungen zeigen

Mit ihm leiden auch Tierpfleger wie Djanah Mostowfi, die die Welpen nur im kompletten Schutzanzug besuchen, um sie zu füttern und sich ein wenig mit ihnen zu beschäftigen. Das ersetze allerdings nicht die fehlenden Artgenossen und die Umweltreize bei Spaziergängen, die im Welpenalter so wichtig seien und ihn für sein ganzes Leben prägten, erklärt sie. Stattdessen sei die Gefahr groß, dass diese Hunde später Verhaltensstörungen zeigen. Die Folgen baden dann auch Halter im täglichen Umgang aus, da der Welpe etwa Menschen und Artgenossen nicht sozialisiert ist.

Der Aufenthalt im Tierheim bedeutet zudem zunächst einen hohen finanziellen Aufwand. Addiert man Tierheim- und Tierarzt-Kosten, beliefen sich diese im Beispiel des Labrador-Mix auf mindestens 1500 Euro. Ob die ursprünglichen Halter den Welpen dann wieder abholen möchten, die Kosten tragen können, das bleibt regelmäßig bis zum Ende der Quarantäne offen.

Fest steht: „Nur ein Drittel aller Besitzer holt ihren Hund nach der Zeitin der Quarantäne ab“, lautet die Erfahrung aus dem Tierheim. Auf den Kosten bleibt das Tierheim sitzen, das ihn dann an neue Besitzer vermittelt.

Finanziell bedeutet das Schicksal solcher Welpen zudem rund 2000 Euro Kosten

Die suchte zeitgleich eine kleine Spaniel-Hündin, die wiederum aus der Türkei gekommen. Bei ihr fehlte allerdings nicht nur die Impfung: „Sie war todkrank, hatte eine schwere Lungenentzündung und musste in die Klinik“, berichteten die Pfleger. Finanziell bedeutet das Schicksal solcher Welpen zudem rund 2000 Euro für dessen Familie – oder das Tierheim.

Das Tierheim klärt über Anschaffung von Hunden aus dem Ausland auf

Daher klärt das Tierheim auf: Wer ein Tier aus Urlaubsländern wie der Türkei, Serbien, Tunesien oder Ägypten mitbringt oder ein Tier aus diesen Ländern aufnimmt, sollte wissen, dass für die Einreise von Tieren die Registrierung erforderlich ist (Chip unter der Haut), ein EU-Pass und eine gültige Tollwutimpfung.

Diese Impfung darf erst nach der zwölften Lebenswoche gegeben werden. Frühestens 30 Tage nach der Impfung muss die Wirkung von einem zugelassenen EU-Labor im Blut geprüft werden (Titerbestimmung). Ist die ausreichend, müssen noch drei Monate bis zur Einreise vergehen.