Essen. Die Boulderszene drängt nach Essen. Gleich zwei Anbieter kündigen Neueröffnungen für dieses Jahr an. Einer davon kommt aus Essen.
Immer mehr Sportbegeisterte auch im Ruhrgebiet geben sich regelmäßig den ultimativen Kick, bis zu vier Meter in die Höhe, ohne Seil zu klettern. Kraft gepaart mit Köpfchen: Das Bouldern ist längst zum Trendsport geworden und drängt nun auch massiv nach Essen.
Der Essener Guido Krautkrämer (47) ist bereits mit drei Boulderhallen im Ruhrgebiet präsent und will in diesem Jahr eine weitere Halle in Essen eröffnen. In der Stadt mit fast 600.000 Einwohnern sieht der Kletterunternehmer, der seit 17 Jahren in der Szene unterwegs ist, noch „viel Potenzial“ für seine dann vierte „Boulderbar“.
Dabei galt Essen einst als Pionier unter den Boulderstädten. 2004 eröffnete mit „Citymonkey“ in Haarzopf die erste Halle in ganz Deutschland. Bis heute ist sie auch die Einzige in der Stadt. Dagegen schossen in den Nachbarstädten in den vergangenen Jahren die Boulderhallen wie Pilze aus dem Boden: Allein Krautkrämers Unternehmen Neoliet gehören mittlerweile drei – in Wattenscheid, Gelsenkirchen und Oberhausen. Die Konkurrenz schlief auch nicht und machte 2018 gleich zwei Hallen in Duisburg auf. Auch in Dortmund gibt es seit 2019 eine riesige Boulderhalle.
Boulderbar eröffnet in Essen-Holsterhausen
Und nun scheint Essen ins Blickfeld der nationalen Boulderszene zu rücken. Denn nicht nur Krautkrämer hat eine passende Immobilie für eine Boulderhalle gefunden. Auch ein Wettbewerber aus Sachsen – Element Boulders – kündigt auf seiner Webseite eine Eröffnung für Ende 2022 im Westviertel an. Hat Essen tatsächlich so viele Kletterenthusiasten zu bieten, um gleich drei Hallen zu füllen?
Guido Krautkrämer ist überzeugt, dass sich gerade in der Studentenstadt Essen noch viele neue Fans locken lassen. Schließlich ist der durchschnittliche Bouldersportler zwischen 20 und 35 Jahre alt. Doch Krautkrämer räumt ein, dass es am Ende auch auf einen Preis- und Verdrängungswettbewerb hinauslaufen könnte. „Ich denke, dass uns unsere Größe dabei helfen wird.“ Neben seinen dann vier Boulderhallen betreibt Neoliet noch drei Kletterhallen im Revier – darunter das „Easy Climb“ an der Graf-Beust-Allee. Dort wird anders als beim Bouldern bis zu 16 Meter hoch und mit Seilsicherung geklettert.
In Essen hat sich Krautkrämer lange umschauen müssen, bis er eine passende Halle gefunden hat. „Es gibt de facto nur wenige freie Immobilien, die dafür in Frage kommen.“ Seine Halle – „ein schönes altes Gebäude“ – steht in Holsterhausen, nahe der A 40, und gehörte einst der Aufzugssparte von Thyssenkrupp. Die genaue Adresse will Krautkrämer noch nicht verraten. Aber er schwärmt von der guten Anbindung zur Autobahn und zur nahe gelegenen U-Bahn-Station. Denn auch die Bouldersportler schätzen schließlich eine bequeme Anfahrt zu Kletterlocation.
Neue Essener Boulderhalle hat 2000 Quadratmeter Fläche
Zusammen mit seinem langjährigen holländischen Geschäftspartner wird Krautkrämer einen hohen sechsstelligen Betrag in die einstige Lagerhalle investieren. „Vielleicht wird es auch siebenstellig“, meint er. Teuer sind vor allem die Wandkonstruktionen mit den farbigen Griffen sowie die dicken Matten auf dem Boden, die Verletzungen bei Abstürzen verhindern sollen. Mit etwa 2000 Quadratmeter Fläche ist Krautkrämers Halle deutlich größer als die des bisherigen Platzhirsches „Citymonkey“.
Doch einfach einen Markt mit einer Halle zu besetzen – so einfach läuft das Geschäft nicht. Für die 11,50 Euro, dass das Bouldern am Tag pro Person kostet, muss Krautkrämer in seinen Hallen regelmäßig die Wände umbauen, um den Sportlern neue Kicks zu verschaffen. Allein dafür hat er zwölf Angestellte in seinem Schrauberteam, die die Griffe regelmäßig versetzen und so neue Touren über die Wände setzen.
Der Qualitätsanspruch sei durch die zunehmende Konkurrenz gewachsen, sagt Krautkrämer. Deshalb geht es auch darum, neben dem reinen Kletterparcours in den Hallen mehr zu bieten. Eine kreativ gestaltete Gastrofläche ist da heute schon Standard. Bei Krautkrämer gleicht eine Halle nicht der nächsten und auch für Essen hat er sich schon ein individuelles Konzept ausgedacht. Alles sei aber angesichts der kommenden Konkurrenz noch ein Geheimnis. Nur so viel verrät er schon: Die dominierende Farbe werde in Essen Rot sein. Und weiß dürfte sich in der Halle sicher auch noch irgendwo finden.
Klettern boomt bundesweit
Der Deutsche Alpenverein schätzt, dass die Kletterszene in Deutschland ist in den letzten 30 Jahren von etwa 70.000 Aktiven auf mittlerweile mehr als 600.000 Kletterer gewachsen ist. Ihnen standen Ende 2021 535 künstliche Boulder- und Kletteranlagen zur Verfügung.
1990 zählt der DAV noch 20 Anlagen, so wuchs ihre Zahl bis 2010 auf 290 an. In den vergangenen zehn Jahren dann hat sie sich nochmals deutlich erhöht. In den Jahren 2010 bis 2020 gab es durchschnittlich 24 neue Anlagen pro Jahr. Corona scheint das Wachstum gebremst zu haben. Der DAV zählte 2021 nur neun Neueröffnungen.
Drei Hallen in Essen bieten derzeit Klettersport an.
Neoliet Easy-Climb, Graf-Beust-Allee 29, 16 Meter hohe Sportkletter- und Spaßwände, die ohne Sicherungspartner einfach geklettert werden können. https://www.neoliet.de/neoliet-easy-climb-essen/
Boulderhalle „Citymonkey“, Auf’m Bögel 6, Bouldern in allen Schwierigkeitsgraden mit speziellen Bereichen für Kinder. Internet: http://www.citymonkey.de/
Kletterhalle des DAV, der Kletterpütt, in Altenessen, Twentmannstraße 125. Internet: https://www.dav-essen.de/klettern-im-kletterpuett/