Essen. Mit einer großen Impressionisten-Schau startet das Museum Folkwang ins Jubiläumsjahr. Die Leihgaben aus Japan haben eine besondere Geschichte.

Auf der Visitenkarte steht einfach nur Detmar Westhoff. M. A., Kunsthistoriker. Das schlicht gehaltene Kärtchen beschreibt dabei nur höchst unzulänglich das vielfältige Aufgabengebiet eines Kunstkenners, der sich im Land der untergehenden Sonne einen Namen als Vermittler für deutsch-japanische Ausstellungsgroßprojekte gemacht hat.

Im Essener Folkwang kann man das Ergebnis dieser außergewöhnlichen „Kunst-Kuppelei“ mit der Ausstellung „Renoir, Monet, Gauguin – Bilder einer fließenden Welt“ erleben. Die spektakuläre Schau zum 100-jährigen Museums-Jubiläum startet am 6. Februar.

Meisterwerke kommen aus dem National Museum of Western Art in Tokio nach Essen

Erstmals seit den 1950er-Jahren wird die von Kōjirō Matsukata zusammengetragene Sammlung des französischen Impressionismus aus dem National Museum of Western Art in Tokio wieder umfassend in Europa präsentiert. Dass Meisterwerke wie Édouard Manets „Porträt von Monsieur Brun“ und Paul Signacs „Hafen von Saint-Tropez“, das einst zur Ursprungssammlung des Museum Folkwang gehörte, den Weg nach Essen finden, ist nicht nur angesichts der komplizierten Corona-Lage eine kleine Sensation.

Detmar Westhoff hat mitgeholfen, dass Meisterwerke aus Japan ihren Weg ins Essener Museum Folkwang finden.
Detmar Westhoff hat mitgeholfen, dass Meisterwerke aus Japan ihren Weg ins Essener Museum Folkwang finden. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Seit Monaten macht das Virus die Einreise nach Japan praktisch unmöglich. Kein leichter Ausgangspunkt für eine kollegiale Annäherung und jene Intensität von Austausch, die in Japan normalerweise Grundlage jeder Leih-Verhandlung sind. Westhoff hat das schon 2015 erlebt, als die Bundeskunsthalle Bonn erstmals Gemälde der französischen Moderne aus dem fernöstlichen Inselreich in Deutschland präsentierte. Damals musste der Düsseldorfer Kunstexperte so manche Sorge der Ausstellungsmacher zerstreuen, „wenn es auch nach der dritten Reise immer noch keine konkreten Bilder-Zusagen gab“, erzählt Westhoff.

Bei den japanischen Verhandlungspartnern zählt Ausdauer und Geduld

Dass Museen selber Leihanfragen stellen und von anderen Häusern bekommen, ist üblich und macht auch im Museum Folkwang mit seinen weltweit begehrten Meisterwerken einen großen Teil der Arbeit aus. Wenn die Verhandlungspartner aber aus einem anderen Kulturkreis kommen, bedarf es schon mal einer besonderen Übersetzungshilfe. „In Japan reicht es nicht, eine Leihanfrage zu stellen“, weiß Detmar Westhoff. Eine gewisse Ausdauer und Geduld sei schon mal Grundvoraussetzung und gelte beim fernöstlichen Verhandlungspartner als Ausweis von Interesse und Höflichkeit. Doch die persönliche Annäherung macht die Pandemie derzeit unmöglich. Auch das Folkwang-Team hat mit den japanischen Kollegen im Vorfeld nur digital verhandeln können. Und so war Westhoff auch in Essen der richtige Mann, um diese west-fernöstliche Kunst-Kollaboration einzufädeln.

Die Kontakte zu europäischen oder auch nordamerikanischen Museen sind gemeinhin eng. Mit seiner Expertise im ostasiatischen Raum aber hat der Düsseldorfer Kunstexperte eine gewisse Sonderstellung, „da gibt es wenige Mitbewerber“. Die erste Begegnung mit dem Inselstaat kommt dabei nicht über Bilder von Cézanne, Monet oder Renoir zustande, sondern über eine Pfälzer Weinkönigin. Westhoff gehört damals einer Mainzer Wirtschaftsjunioren-Delegation an, die dem Land von Sushi und Sake den deutschen Riesling schmackhaft machen will. Für Westhoff wird es eine prägende Reise. Er knüpft erste Verbindungen zu japanischen Museen, die gefüllt sind mit Schätzen der westlichen Kunst, von Rodin bis Gauguin, vpm van Gogh bis Cézanne, ohne dass man davon in Europa bislang groß Notiz genommen hätte.

Zwei Sammler mit vielen Gemeinsamkeiten: Karl Ernst Osthaus und Kōjirō Matsukata

Einer dieser Sammler mit der in Japan besonders ausgeprägten Liebe zum Impressionismus ist Kōjirō Matsukata (1866–1950). Ähnlich wie der 1874 geborene Karl Ernst Osthaus ist er begeistert von der französischen Moderne und steter Gast in den Pariser Künstler-Ateliers. Das Museum of Art in Tokio beherbergt heute die erlesene Kollektion des Gründers eines japanischen Schiffsunternehmens, der Osthaus in vielerlei Hinsicht ähnlich war. „Beide waren Pioniere und haben in Richtung eines enzyklopädischen Museums gedacht“, sagt Detmar Westhoff. Während Osthaus’ Sammlung nach seinem Tod 1922 von Hagen nach Essen wechselt, wird Matsukatas Sammlung nach dem Zweiten Weltkrieg als Feindesvermögen beschlagnahmt. Erst in den 1950er Jahren hat Frankreich einen Teil dieser Sammlung als Geste der Aussöhnung an das japanische Volk zurückgegeben. Seither hat die Sammlung Japan in dieser Gesamtheit nicht mehr verlassen.

Auch interessant

Dass es in Essen nun zur Vereinigung zweier außergewöhnlicher Sammlung kommt und zur postumen Begegnung zweier Männer, die sich zeitlebens in den Pariser Künstlerateliers vermutlich nicht begegnet sind, aber nun über ihre Bilder kommunizieren können, ist einer glücklichen Fügung und auch Westhoffs Kenntnis der japanischen Kulturszene zu verdanken. Er weiß vom Interesse des National Museum of Western Art an einem westlichem Kooperationspartner. Das von Le Corbusier gestaltete und 1959 eröffnete Haus wird derzeit renoviert und will im Sommer 2022 seine glanzvolle Wiedereröffnung auch mit Leihgaben aus Europa feiern.

Ein Highlight des Ausstellungsjahres 2022: „Renoir, Monet, Gauguin – Bilder einer fließenden Welt“

Infos zum Parkleuchten

Für alle Besucher gilt die 2G-Regel, die Kontrolle erfolg werktags ab 15 Uhr und samstags und sonntags ab 14 Uhr und gilt für den gesamten Park unabhängig vom Besuch des Parkleuchtens.Während des Parkleuchtens gilt ab 16 Uhr ein Sondereintritt: 7/erm. 2,50 Euro, mit Grugapark-Jahreskarte ist der Eintritt frei.Die Beleuchtung wird zum Einbruch der Dunkelheit eingeschaltet. Sie endet sonntags bis donnerstags um 21 Uhr, freitags und samstags um 22 Uhr. Einlass-Schluss ist jeweils eine Stunde vorher.

Dass man Meisterwerke der französischen Moderne eben nicht nur in Paris suchen muss, sondern auch in Essen, im Herzen des Ruhrgebiets, eine einzigartige Kollektion findet, in einem Museum zudem mit 100-jähriger Geschichte, großen Jubiläumsplänen und einer ebenso prägenden Sammlerpersönlichkeit, weiß Westhoff ebenfalls. Und bringt zwei Kunstpartner zusammen, deren Match mit der Ausstellung „Renoir, Monet, Gauguin – Bilder einer fließenden Welt“ für eines der Highlights des diesjährigen Ausstellungsjahres sorgen dürfte.

Schon im Sommer 2022 werden ausgewählte Folkwang-Meisterwerke dann die Reise nach Japan antreten. Im Anschluss an die Großschau in Essen setzt das National Museum of Western Art die Gegenüberstellung der Sammlungen Osthaus und Matsukata mit einer Ausstellung zum Dialog von Mensch und Natur in Tokio fort. Nicht nur die Impressionisten werden dann für jenes magische Licht in der Malerei sorgen, das die Japaner so lieben. Auch Gerhard Richters „Wolken“ sollen wohl mit auf Reisen gehen.