Essen-Rellinghausen. Haarzopfer hat zu den Essgewohnheiten auf Schloss Schellenberg in Essen geforscht. Was dort für wen auf den Tisch kam, war genau geregelt.
- Ausstellung im Ruhr-Museum beleuchtet das Leben des Adels.
- Das Schloss Schellenberg war über Jahrhunderte Adelssitz.
- Hobbyhistoriker liefert Einblicke in Ess- und Trinkgewohnheiten.
Das Ruhr-Museum in Essen zeigt noch bis April die Ausstellung „Eine Klasse für sich. Adel an Rhein und Ruhr“. Aus diesem Anlass hat sich der Haarzopfer Hobbyhistoriker Herbert Schmitz (81) mit den Freiherren beschäftigt, die auf Schloss Schellenberg in Rellinghausen ansässig waren – und hat dabei Interessantes über deren Alltag und Essgewohnheiten herausgefunden.
Über Jahrhunderte war das Schloss Schellenberg an der Renteilichtung Adelssitz. Heute sind in den Gebäuden gegenüber vom Wohnstift Augustinum etliche Firmen ansässig. Die historischen Gebäude erinnern aber noch heute an die Adeligen, die damals einen standesbewussten Lebensstil pflegten und sich so von der übrigen Bevölkerung in Rellinghausen abgrenzten. Kontakte zu den Bürgern im Dorf gab es dennoch. „Zu allen Zeiten war die Familie von Vittinghoff mit den Bewohnern Rellinghausens eng verbunden“, hat Schmitz recherchiert.
Die Adelsfamilie auf Schloss Schellenberg gestaltete die Essener Geschichte mit
Die Familie habe einst zu den Ministerialen des Fürstentums Essen gehört und im Stift Rellinghausen auf ihren eigenen Gütern die Hofgerichtsbarkeit ausgeübt. „Damit waren die Vittinghoffs schon eine ungewöhnliche Adelsfamilie, die auch Essener Geschichte mitgestaltet hat“, so Schmitz.
Schloss Schellenberg war seit 1452 Stammsitz der freiherrlichen Familie von Vittinghoff genannt Schell. Diese verlegte Anfang des 20. Jahrhunderts ihren Familienwohnsitz nach Haus Kalbeck bei Weeze im Kreis Kleve, blieb aber Besitzer von Schloss Schellenberg, das sich bis heute in Familienbesitz befindet. Die Gebäude umfassen zusammen 6000 Quadratmeter Nutzfläche auf 40.000 Quadratmetern Grund. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Anwesen nur zu Wohn- und Wirtschaftszwecken genutzt.
Im Hausarchiv Kalbeck entdeckte Heimatforscher Herbert Schmitz die „Hausregel“, eine handschriftliche Zusammenstellung aus der Zeit um 1890, bei der es um die Mahlzeiten im Schloss ging.
Mitglieder der adeligen Familie zog es wohl schon früh zur Übernahme einflussreicher Ämter in die Ferne, zum Beispiel ins Baltikum, nach Schweden oder Russland, wo die Freiherren aus Rellinghausen unter anderem ein Schloss bei Riga und ein Palais in St. Petersburg besaßen. Auch der Güterbestand in Essen und Umgebung war beträchtlich, umfasste Gutshöfe, Kotten und Waldungen im Bereich Düsseldorf, Dorsten, Recklinghausen, Bochum, Hattingen und Wickede, so der Hobbyhistoriker.
Teilnehmer von Besprechungen auf dem Schloss mussten verpflegt werden
Das alles sei von zentraler Stelle, nämlich dem Schloss Schellenberg, aus verwaltet worden. Dort fanden deshalb zahlreiche Besprechungen statt, bei denen die Teilnehmer wie auch die Schlossherren verpflegt werden mussten.
Ausstellung zum Adel ist noch bis April zu sehen
Der Hobbyhistoriker Herbert Schmitz wuchs an der Hatzper Straße in Haarzopf auf, wo sein Vater einen Gemischtwarenladen unterhielt und die umliegenden Bauern mit Sämereien versorgte. Das Gebäude kurz hinter der Kreuzung Erbach existiert nicht mehr.Die Ausstellung „Eine Klasse für sich. Adel an Rhein und Ruhr“ im Ruhr-Museum auf Zollverein, Gelsenkirchener Straße 181, ist noch bis 24. April zu sehen. Es gilt die 2G-Regel und die Maskenpflicht. Das Museum ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Besucherdienst ist unter 0201 24681 444 von montags bis freitags, 9 bis 16 Uhr, erreichbar.
Neben der herrschaftlichen Tafel gab es demnach Tische für Beamte, Bedienstete und Ackerleute. Für die Einnahme der Mahlzeiten waren genaue Uhrzeiten vorgeschrieben. Sehr üppig war das Essen für die nicht zum Adel gehörenden Gäste offenbar nicht. Das Frühstück der Beamten bestand beispielsweise aus einer bestimmten Menge Kaffee, Schwarz- oder Weißbrot und Butter. Auch die Waschfrauen und die Mädchen, die ihnen halfen, erhielten Kaffee und Butterbrote, die Frauen jeweils zwei Schnitten, die Mädchen nur eine.
Bei der Speisung der Beamten auf Schloss Schellenberg wurden die Reste der herrschaftlichen Mahlzeit aufgebraucht: „Officianten (Amtsträger) erhalten Suppe, Rindfleisch, Gemüse und Beilagen und was sonst noch vom herrschaftlichen Tische übrig ist. Abends werden Kartoffeln, Salat und Fleisch oder Pfannkuchen, auch Butterbrote ausgegeben“, heißt es in der Hausregel. An Sonn- und Feiertagen war zusätzlich ein zweites Gericht, Bratwurst, Kalbs- oder Hammelbraten vorgesehen.
Nicht nur Weihnachten und Ostern, auch Kirmes und Karneval waren Festtage
Nicht nur zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten war der Tisch reichhaltiger gedeckt, wie Herbert Schmitz herausgefunden hat. Auch zur Kirmes gab es bessere Suppe, dazu Rindfleisch, Schinken und dicken Reis mit Zucker. Auch an die Armen und Waisen dachte man: „Beim Schlachten erhalten die Armen im Armenhaus von Schweinen ein Stück Speck von mindestens acht Pfund.“
Auch an Karneval durften es sich die Menschen offenbar gut gehen lassen: „Die Nachbarleute in Rellinghausen erhalten zu Fastnacht die so genannte große Wurst und einen guten Schinken, 12 bis 16 Pfund schwer. Die Nachbarn erscheinen am Fastnachtsmontag des Nachmittags zeitig und trinken Bier, bis abends das Licht angezündet wird“, zitiert der Heimatforscher aus den Quellen. „So war das damals bei der gut situierten adeligen Familie der Freiherren von Vittinghoff, der vermutlich am besten gestellten und einflussreichsten Essener Adelsfamilie.“