Essen. Das Ruhr-Kolleg in Essen schließt nach mehr als 60 Jahren. Warum auf eine Abschlussfeier verzichtet wird – und welche Alternative im Raum steht.
Das Ruhr-Kolleg, das traditionsreiche Weiterbildungskolleg der Stadt Essen, verzichtet nach dem Beschluss der Auflösung nun auch auf eine Abschlussfeier. Die für 22. Januar geplante Veranstaltung, an der jetzige Schülerinnen und Schüler, Lehrer und vor allem Ehemalige teilnehmen sollten, wurde abgesagt. Man könne, hieß es aus Kreisen der Pädagogen, in Zeiten explodierender Infektionszahlen keine Veranstaltung planen, die sich später womöglich als „Superspreader-Event“ herausstelle.
Das sang- und klanglose Ende der traditionsreichen Einrichtung verstärkt nur noch die Betroffenheit der Schülerinnen und Schüler, die erst 2018 und dann wieder im Sommer 2021 um den Erhalt ihrer Schule gekämpft hatten – jedoch ohne Erfolg.
Stadt Essen befand: Leistungsprofil der Schüler am Ruhr-Kolleg passt nicht mehr zum Angebot
Am Ruhr-Kolleg konnten junge Erwachsene ihr Abi nachholen. Schon 2018 war das Haus in Huttrop in ernsthafte Schieflage geraten, als immer deutlicher wurde, dass die Zahlen der Schülerinnen und Schüler zu gering sind. Dieses Problem verschärfte sich noch in letzter Zeit: Im Sommer hieß es, die aktuellen Zahlen zwängen „den Schulträger dazu, schulorganisatorische Maßnahmen einzuleiten“, was nichts anderes als das Ende bedeutete. Die Stadt hatte den Befund festgestellt, dass die jungen Erwachsenen, die ans Ruhr-Kolleg gehen, in der Regel weder Fachabi noch Abi schaffen, sondern allein die „Vorkurse“ belegen. In „Vorkursen“ werden vor allem Grundlagen vermittelt; sie werden vor allem von Geflüchteten und anderen „Seiteneinsteigern“ besucht. Zählte ein „Vorkurs“ am Ruhr-Kolleg vor neun Jahren sieben Schüler, waren es zuletzt 110. Fazit der Verwaltung: „Angebot und Ziel des Ruhr-Kollegs – nämlich das Erreichen des (Fach-)Abiturs – entsprechen nicht dem Leistungsprofil der Schülerschaft.“
Nikolaus-Groß-Abendgymnasium übernimmt Schüler des Ruhr-Kollegs
Der Essener Schuldezernent sagte es im Sommer so: „Uns geht es nicht darum, eine einzelne Schule zu schließen“, so Muchtar Al Ghusain, „sondern stadtweit dem zweiten Bildungsweg Perspektiven eröffnen.“
Diese scheint mittlerweile gefunden: Denn das bischöfliche Nikolaus-Groß-Abendgymnasium im Südostviertel wird deutlich erweitert und heißt ab Anfang Februar Nikolaus-Groß-Weiterbildungskolleg. Es nimmt nicht nur die Bildungsgänge des zu schließenden Ruhr-Kollegs auf, sondern öffnet sich auch für die Schülerinnen und Schüler des Oberhausener Niederrhein-Kollegs, einer vergleichbaren Einrichtung. Auch sie wird – das Land hat das beschlossen – dichtgemacht. Im Jahr 2018, als das Essener Ruhr-Kolleg um seinen Fortbestand kämpfte, war auch eine Fusion mit Oberhausen im Gespräch.