Essen. Hohe Energiepreise bringen mehr Essener in Zahlungsnöte. Die Linkspartei macht einen Vorschlag, wie armen Haushalten rasch geholfen werden könnte

Angesichts stark steigender Energiepreise drohen Arbeitslosen und Geringverdienern in Essen mehr Strom- und Gassperren. Sozialverbände und die Verbraucherzentrale befürchten, dass die Zahl der betroffenen Haushalte in diesem Jahr zunehmen könnte. Um dies abzufedern, fordert die Linkspartei die Einrichtung eines Härtefallfonds in der Stadt.

Spätestens wenn die Jahresabrechnungen für Strom und Gas in den Briefkästen landen und die monatlichen Abschläge wegen der höheren Energiepreise steigen, „wird es ein böses Erwachen“ geben, sagt Katharina Fey. Sie ist als Abteilungsleiterin Soziales bei der Awo in Essen für die Schuldnerhilfe zuständig. Schon jetzt sei die Beratungsstelle sehr häufig damit konfrontiert, dass Menschen Schulden bei ihrem Energieversorger haben und ihnen deshalb Sperren drohen. „Den Peak haben wir da aber noch längst nicht gesehen“, glaubt sie.

Auch Stadtwerke Essen hoben Gas- und Strompreise kräftig an

Auch die Verbraucherzentrale Essen berichtet, dass sich in den vergangenen Wochen mehr Menschen hilfesuchend an sie gewendet haben, weil sie befürchten, dass sie sich die hohen Strom- und Gaspreise bald nicht mehr leisten können. „Die Angst der Verbraucher, die schon vorher jeden Cent umdrehen mussten, ist groß“, berichtet die Leiterin der Verbraucherzentrale, Manuela Duda. Hohe Abschlagszahlungen würden immer mehr Haushalte in der Stadt treffen. „Wir haben große Befürchtungen, was da mit den Abrechnungen auf die Verbraucher zukommt.“

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Zuletzt hatten bundesweit Hunderte Versorger Strom und Gas deutlich teurer gemacht. Auch die örtlichen Stadtwerke drehten kräftig an der Preisschraube sowohl für Strom wie auch für Gas. Vor allem sind davon Haushalte betroffen, die ab Januar 2022 in die Grundversorgung der Stadtwerke fallen. Sie zahlen seit Januar mehr als das Doppelte für Gas.

Linke will Energiearmut zum Thema im Essener Stadtrat machen

Die Linksfraktion im Stadtrat will die Folgen der steigenden Energiepreise zum Thema in der kommenden Stadtratssitzung machen. Sie fordert die politschen Parteien sowie die Stadtverwaltung auf, ein Konzept gegen Energiearmut aufzustellen. „Wir haben die große Sorge, dass angesichts fortlaufend steigender Energiepreise Menschen mit geringem Einkommen zusehends unter die Räder kommen“, betont die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Theresa Brücker. „Wir dürfen die Menschen nicht im Kalten und Dunkeln sitzen lassen.“

Katharina Fey, Abteilungsleiterin Soziales bei der Essener Arbeiterwohlfahrt.    
Katharina Fey, Abteilungsleiterin Soziales bei der Essener Arbeiterwohlfahrt.     © Awo | Bild

Die Linksfraktion schlägt unter anderem die Einrichtung eines Härtefallfonds vor sowie eine Ombudsstelle nach dem Vorbild des österreichischen Versorgers Wien Energie. Ein solcher Härtefallfonds soll Haushalten kurzfristig helfen, die unverschuldet in finanzielle Nöte geraten sind. Solche Härtefallfonds gibt es schon seit einigen Jahren in Hannover und München, Bremen hat eine solche Unterstützung in Frühjahr 2021 aufgelegt. Diese haben dort in der Vergangenheit dazu beigetragen, dass Energiesperren verhindert werden konnten. Finanziert werden sie teilweise mit öffentlichen Mitteln, aber auch Versorger beteiligen sich.

Schuldnerhilfe Essen befürwortet Härtefallfonds

Die Schuldnerhilfe würde die Einrichtung eines solchen Härtefallfonds auch in Essen begrüßen. „Das würde helfen. Häufig reichen schon kleinere Beiträge von wenigen hundert Euro, damit die Menschen die Chance haben, ihre Schulden abzustottern“, sagt Katharina Fey von der Awo. Allerdings räumt sie auch ein, dass ein solcher Fonds das Problem nicht an der Wurzel packt. „Es muss politische Lösungen geben, damit Energie dauerhaft bezahlbar bleibt.“

Wie viele Strom- und Gassperren es in Essen gibt, darüber schweigen sich die Versorger aus. Weder die Stadtwerke, denen das Gasnetz gehört, noch der Stromnetzbetreiber Westnetz nannten auf Anfrage Zahlen. Eine Sprecherin von Westnetz sagt lediglich, dass sich die Stromsperren auf gleichbleibendem Niveau befinden.

Strom- und Gassperren schnell möglich

Sperren können schnell greifen. Strom-Grundversorger sind schon bei einem Zahlungsverzug von 100 Euro berechtigt, die Versorgung vier Wochen nach Androhung abzustellen. Ähnliches gilt bei der Gasversorgung. Allerdings betonen die Stadtwerke wie auch Westnetz, dass Haushalte, denen eine Sperre angedroht wird, möglichst schnell an sie wenden sollen. „In persönlichen Gesprächen erarbeiten wir beispielsweise Ratenzahlungspläne oder auch Stundungszeiträume“, sagt Stadtwerke-Sprecher Dirk Pomplun.

Auch die Schuldnerhilfe sucht in solchen Fällen meist mit Erfolg das Gespräch mit dem jeweiligen Versorger. „Allerdings spüren wir, dass der Ton insgesamt rauer wird“, meint Katharina Fey.