Essen-Schonnebeck. Seit Jahren stehen zwei Grundschulen in Essen schief. Jetzt sind Schüler und Lehrerinnen in den Übergangs-Bau umgezogen. Ein Besuch vor Ort.
Der Umzug ist fast geschafft: Die Schüler und Schülerinnen der schiefen Schulen in Essen-Schonnebeck werden jetzt in einem dreistöckigen Container-Gebäude hinter dem alten Schulgebäude unterrichtet.
Schüler der schiefen Schulen werden seit Montag im Containerbau unterrichtet
Das steht in Folge von Bodensenkungen durch den Bergbau seit Jahrzehnten schief: Auf die Gebäudebreite von ungefähr 60 Metern berechnet, kippt das gemeinsame Gebäude der Schiller- und Johann-Michael-Sailer-Schule an der Immelmannstraße um etwa 1,70 Meter. Das merkt man sofort beim Betreten, es fühlt sich an wie auf einem Schiff. Alles was rund ist, kullert in die Ecken und wartet auf denjenigen, der dort zum letzten Mal durchfegt. Am Garderobenhaken hängt ein einziger pinker Turnbeutel, Umzugskisten stapeln sich, die Leiter des Umzugsunternehmens führt vom Schulhof bis ins Obergeschoss. Dort wo zuletzt Schränke standen, liegt eine dicke Staubschicht.
Die Schüler haben sich am Montagmorgen nur kurz in ihren alten Klassenzimmern getroffen, um dann gemeinsam mit ihren Lehrerinnen in den neuen Containerbau zu gehen. Nicole Brandenberg, Schulleiterin der Schillerschule, fasst zusammen, was dort direkt auffällt: „Es ist gerade und es ist still.“ Die Akustik sei großartig. Während des Unterrichts merke man nicht, dass 200 Kinder im Gebäude sind. Getestet habe sie nicht, ob die Murmeln in die Ecke kullern, man merke die geraden Böden aber bei jedem Schritt, den man in dem Gebäude unterwegs ist. Stifte rollen nicht mehr von den Tischen, Türen fallen nicht mehr von selbst zu.
Zwei Tage Distanzunterricht für Johann-Sailer-Schüler
Im linken Teil sind seit Montag die Schillerschüler untergebracht. Die Kinder der Johann-Michael-Sailer-Schule lernen jetzt zwei Tage im Distanzunterricht und ab Mittwoch im rechten Gebäudeteil, dann soll der Umzug komplett abgeschlossen sein. Geplant war der eigentlich schon für Sommer vergangenen Jahres, Brandschutzmängel stoppten das Vorhaben.
Rund 100 Kartons mussten größtenteils wieder ausgepackt werden, das Team war ebenso wenig begeistert wie Eltern und Schüler; vor allem Lehrerinnen und Schüler hatten immer wieder über Kopfschmerzen und Schwindel geklagt. Den Stress vom Sommer hat Brandenberg schon fast wieder vergessen: „Ich bin jetzt so begeistert, dass ich nur nach vorne gucke.“
Außengelände der Essener Grundschulen wird noch fertiggestellt
Die Wände in dem neuen Gebäude sind weiß, keine Bilder von Kunstprojekten, keine Fingerabdrücke. Die Böden sind gelb und blau, an den Zimmertüren hängen provisorische Zettel, befestigt mit Tesa-Krepp, es stapeln sich noch Kartons, die ausgepackt werden müssen, der Umzugs-Trupp ist überall unterwegs. „Ich fühle es nicht als Provisorium, sondern als neue Schule“, sagt die Schulleiterin, die mit ihren Kolleginnen in den Ferien knapp eine Woche den Umzug begleitet hat und die Klassenzimmer so eingerichtet hat, dass sich die Schüler und Schülerinnen sofort wohl fühlen: „Es ist großartig.“
Sie freut sich auch auf das Außengelände, das in den nächsten Monaten fertiggestellt werden soll. Dort, wo jetzt Bauzäune stehen und Bagger die Schaufel in die Erde rammen, sollen schon bald ein Kletterturm mit Netztunnel und Röhrenrutsche stehen. Bis es soweit ist, benutzen die Kinder den altbekannten Schulhof in den Pausen – mit Blick auf das schiefe Gebäude.
Bauliche Maßnahmen waren nicht ausreichend
Die Stadt Essen hatte 2019 und 2020 umfangreiche bauliche Maßnahmen an dem Schulgebäude an der Immelmannstraße durchgeführt. Unter anderem wurden Klassenräume probeweise durch den Einbau von Podesten begradigt.
Die Bezirksregierung Düsseldorf hatte dann aber entschieden, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen und der Schulbetrieb – bis ein neues Schulgebäude zur Verfügung steht, ausgelagert werden muss.
Die Kosten für den Modulbau auf einer Gesamtfläche von 2600 Quadratmetern belaufen sich laut Stadt auf sechs Millionen Euro.
Das soll nach Angaben der Stadt Essen in den nächsten Jahren abgerissen und durch ein neues ersetzt werden. Die Stadt hat dafür sechs bis sieben Jahre veranschlagt – mehr als eine Schülergeneration an den Grundschulen. Es lohnt sich also, die Kartons auszupacken, sich in dem Containerprovisorium einzurichten und das Außengelände zu beleben. Denn wenn die Schulglocke klingelt sieht und hört man das, was eine Grundschule eben auch ausmacht: Viele Kinder, die hinauslaufen, lachen, toben und den Schulalltag genießen.