Essen. Die Arbeitslosenquote in Essen erreicht im Dezember wieder einen Tiefstand trotz Corona. Eine Gruppe ist jedoch der Verlierer der Pandemie.

Der Arbeitsmarkt in Essen erholt sich in der Corona-Pandemie weiter. Allerdings ist eine Gruppe davon abgehängt: Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist im vergangenen Jahr deutlich angestiegen. „Sie sind die Verlierer der Pandemie“, sagte der Leiter des Jobcenters, Dietmar Gutschmidt, am Dienstag bei der gemeinsamen Arbeitsmarktbilanz von Jobcenter und Arbeitsagentur. Andrea Demler, Chefin der Arbeitsagentur, betonte dass es seit August zwar eine positive Entwicklung gebe, dennoch liege der Anteil der Langzeitarbeitslosen bei mittlerweile 49,5 Prozent. „Das darf so nicht bleiben“, meinte Demler.

Knapp 15.400 Essener und Essenerinnen galten 2021 im Durchschnitt als langzeitarbeitslos. Das heißt, sie sind ein Jahr und länger ohne Job. Ihre Zahl ist damit im Vergleich zum Vorjahr um 17,4 Prozent gestiegen. Hatten die Betroffenen schon vor der Pandemie mehr Probleme auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen, so haben sich ihre Chancen in der Corona-Zeit verschlechtert, heißt es.

Laut Jobcenter können rund 90 Prozent der Langzeitarbeitslosen keinen Berufsabschluss vorweisen. „Wer keine Qualifikation hat, hat ein hohes Risiko, in der Arbeitslosigkeit zu bleiben“, erklärte Demler. Hinzu kommt: Viele Essener und Essenerinnen, die schon im Pandemiejahr 2020 ihre Arbeit verloren haben, fanden nicht so schnell wieder Arbeit und sind deshalb in die Langzeitarbeitslosigkeit gerutscht. Jobcenter und Arbeitsagentur wollen deshalb in diesem Jahr wieder verstärkt auf öffentlich geförderte Arbeitsplätze und die berufliche Qualifikation setzen, die in der Pandemie erschwert war.

Arbeitslosenquote in Essen bei 9,9 Prozent

Abgesehen von den Langzeitarbeitslosen stehen die Zeichen am Arbeitsmarkt weiter auf Erholung. Im vergangenen Monat ist die Arbeitslosigkeit gegenüber November 2021 nahezu unverändert geblieben. Die Arbeitslosenquote bleibt bei 9,9 Prozent. Damit hat sie fast den historischen Tiefstand von Dezember 2019 wieder erreicht. In den vergangenen 30 Jahren lag sie nur dreimal unterhalb der Zehn-Prozent-Marke. Essens Sozialdezernent Peter Renzel machte daher kein Hehl daraus, dass er „überrascht ist, dass der Arbeitsmarkt trotz Pandemie so stabil geblieben ist“.

Kurzarbeit entlastet den Arbeitsmarkt weiter stark

Die Kurzarbeit hat weiterhin einen großen Anteil daran, „dass wir nicht andere Zahlen sehen“, räumte Andrea Demler ein. Zu Jahresbeginn 2021 hatten noch fast 2600 Betriebe für knapp 19.500 Beschäftigte Kurzarbeit gemeldet. Im Laufe des Jahres ist diese Zahl zunächst deutlich zurückgegangen, steigt jedoch seit ein paar Wochen wieder leicht an. Die Arbeitsagentur stützte die Essener Wirtschaft 2021 mit 260 Millionen Euro Kurzarbeitergeld – 90 Millionen Euro mehr als im Pandemiejahr 2020. Vor allem in der Gastronomie und im Einzelhandel sicherte die Kurzarbeit Beschäftigung, so Demler.

Gleichzeitig brachte die Pandemie dem Arbeitsmarkt aber auch positive Sondereffekte: Branchen wie Security, Gesundheitswesen, Lebensmittelhandel, Handwerk und soziale Dienste stellten kräftig ein, wie auch der öffentliche Dienst. Allein die Arbeitsagentur hat im vergangenen Jahr 230 neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen befristet beschäftigt, um beispielsweise der Flut von Kurzarbeitsanträgen Herr zu werden. Der Boom bei Paket- und Lieferdiensten oder im Sicherheitsgewerbe brachte darüber hinaus auch Geringqualifizierten neue Jobchancen.

Arbeitsagentur Essen für 2022 positiv gestimmt

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Die Arbeitsagenturchefin geht jedoch davon aus, dass sich diese kurzfristigen Effekte nicht noch weiter „nach oben entwickeln“. Schon heute suchen Unternehmen bei Stellenausschreibungen in 83 Prozent der Fälle Mitarbeiter mit dem Qualifikationsniveau Fachkraft und höher. Der Arbeitsagentur dagegen fällt es laut Demler immer schwerer, Arbeitslose mit den entsprechenden Anforderungen zu vermitteln. „Diese Schere geht auseinander“, sagte sie. „Wir sehen zusehends einen Fachkräfteengpass“. Sowohl Demler wie auch Sozialdezernent Renzel appellierten daher an die Unternehmen, mehr auszubilden und in die Weiterbildung von Mitarbeitern zu investieren.

Mit Blick in dieses Jahr ist Agenturchefin Demler vorsichtig optimistisch. „Wir haben eine gute Startposition, aber Herausforderungen bleiben.“