Essen-Rüttenscheid. Nicht für alle Frauen ist eine Geburt ein positives Erlebnis. Die Rüttenscheiderin Julia Große Siestrup gibt deshalb Kurse für werdende Mütter.

Die Geburt ihres Kindes ist der schönste Moment im Leben einer Frau: ein Klischee, das längst nicht immer zutreffen muss. Und auch im Wochenbett gibt es einiges, das nicht bei jedem glatt läuft. Die Rüttenscheiderin Julia Große Siestrup will Frauen und ihren Partnerinnen und Partnern dabei helfen, Geburt und Babyzeit so positiv und selbstbestimmt wie möglich zu gestalten. Dafür gibt die 34-Jährige unter dem Titel „Caring Mom“ Kurse.

Eigentlich kommt Große Siestrup beruflich aus einer ganz anderen Ecke. Sie hat immer noch eine Teilzeitstelle als Referentin für Unternehmenskommunikation. Doch während der Schwangerschaft mit ihrer ersten Tochter, heute drei Jahre alt, begann sie, sehr viel zu lesen. „Ich dachte, dass ich schon sehr gut vorbereitet wäre“, erinnert sie sich. Die Geburt sei unterm Strich weder traumatisch noch besonders schön gewesen. Aber: „Heute weiß ich, dass man an viel mehr Schrauben drehen kann, um sie zu einem positiven Erlebnis zu machen.“

Rüttenscheiderin lehrt Gesprächs- und Entspannungstechniken

Auch über die Babyzeit lernen Teilnehmerinnen und Teilnehmer etwas in den Kursen von
Auch über die Babyzeit lernen Teilnehmerinnen und Teilnehmer etwas in den Kursen von "Caring Mom" Julia Große Siestrup aus Essen-Rüttenscheid. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Deshalb hat sich Große Siestrup zur Kursleiterin für Schwangerschaftskurse ausbilden lassen. Zusätzlich ist sie Fachkraft für Formula-ernährte Säuglinge. Das bedeutet, sie ist dafür ausgebildet, zum Thema Flaschennahrung zu beraten. Eine Geburt, sagt die 34-Jährige, sei heute eine sehr medizinische Sache. Schließlich werde nur ein verschwindend geringer Teil der Babys außerhalb von Kliniken geboren. Für die Frauen bedeute das, dass sie vielen medizinischen Interventionen ausgesetzt sind. Und unter Umständen auch, dass über ihren Kopf hinweg entschieden werde.

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In den Kursen der „Caring Mom“ können Frauen deshalb Gesprächstechniken für die Kommunikation mit medizinischem Personal erlernen, die ihnen helfen sollen, ihre Selbstbestimmung zurückzugewinnen. Dazu gehört unter anderem, gezielt nach Vorteil, Risiko und Alternativen einer bevorstehenden Behandlung zu fragen.

Außerdem möchte Große Siestrup Frauen die Augen dafür öffnen, wie unterschiedlich eine Geburt ablaufen kann. „Jeder kennt dieses eher negativ besetzte Bild aus dem Fernsehen: Die Fruchtblase platzt im Supermarkt, dann geht es ins Krankenhaus, die Frau schreit vor Schmerzen und schon ist das Baby da“, erklärt sie. So passiere es in der Realität aber eher selten.

Positive Einstellung im Vordergrund: „Hier gibt es keine Horrorgeschichten“

Wichtig sei, so betont Große Siestrup, mit einer positiven Einstellung an die Sache heranzugehen. In ihren Kursen geht es deshalb auch darum, negative Glaubenssätze in positive umzuwandeln. Aus der Angst „Eine Geburt ist schmerzhaft“ werde so durch eine gezielte Affirmation ein Satz wie „Meine Geburt wird sanft und sicher sein“. Teilnehmerinnen und Teilnehmer könnten auch von gegenseitigen Geburtsberichten profitieren, wobei die Regel gelte: „Hier gibt es keine Horrorgeschichten.“ Nicht zuletzt werden entspannende Meditationstechniken vermittelt.

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Das sind die nächsten Kurstermine

Julia Große Siestrup bietet sowohl Online- als auch Präsenzkurse an. Für die Teilnahme an Präsenzkursen ist ein 2G-Nachweis notwendig. Das ganze Angebot gibt es auf www.caringmom.de.

Im Januar starten die „Belly Basics“-Kurse, die auf eine selbstbestimmte Geburt und eine bindungsorientierte Babyzeit vorbereiten sollen. Kursgebühr: 129 Euro pro Person bzw. 199 Euro pro Paar für den Präsenzkurs, 99 bis 179 Euro für den Onlinekurs.

Der Live-Online-Kurs startet am 19. Januar und findet sechs Wochen lang immer von 19.30 bis 21 Uhr statt. Der Termine des Präsenzkurses: 15., 23. und 29. Januar je von 11 bis 14 Uhr in den Räumen von „Gemeinsam Wachsen“ in Werden.

Mit der Geburt hört Große Siestrups Arbeit allerdings nicht auf. Denn der Druck, der ab dem Wochenbett auf Frauen lastet, wird nicht geringer: Fürs Kind da sein, aber nicht zur Helikoptermutter mutieren. Karriere machen, aber nicht zu viel arbeiten. Unbedingt stillen, aber bitte nicht länger als sechs Monate. Am besten gleich nach der Geburt sofort wieder top gestylt am Herd stehen. Diesen gesellschaftlichen Erwartungen könnten Frauen nur schwer standhalten, sagt Große Siestrup. Vor allem, weil sich sogar Menschen an der Supermarktkasse in Stilldauer oder Erziehung einmischten. Sie rate Eltern deshalb, sich viel Zeit und Ruhe zu nehmen, um als Familie zusammenzuwachsen.

Gemütliche Tücher, Babypuppe und Deko: So sieht es in den Schwangerschaftskursen der Caring Mom in Essen-Rüttenscheid aus.
Gemütliche Tücher, Babypuppe und Deko: So sieht es in den Schwangerschaftskursen der Caring Mom in Essen-Rüttenscheid aus. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Rüttenscheider Kursleiterin sieht positive Entwicklung der Eltern-Kind-Beziehung

Die „Caring Mom“ sieht aber auch eine positive Entwicklung: „Eltern beschäftigen sich heutzutage viel stärker mit der Bindung zu ihrem Kind.“ Aus diesem Grund würde gerade wieder bewusst mehr gestillt, Haut-an-Haut mit den Babys gekuschelt, getragen und als Familie gemeinsam in einem Bett geschlafen. Die Vorteile all dieser Praktiken thematisiere sie in ihren Kursen, sagt Große Siestrup. Ihr ist jedoch wichtig zu betonen: „Was die Eltern für sich umsetzen, entscheiden sie selbst.“ Auch ersetze ihr Angebot nicht den klassischen Geburtsvorbereitungskurs bei einer Hebamme, sondern ergänze ihn nur.