Essen. Nach dem ersten Essener Weihnachtsmarkt unter Corona-Bedingungen sind die Schausteller ernüchtert. Sie beklagen massive Umsatzeinbrüche.

  • Nach dem ersten Essener Weihnachtsmarkt in der Pandemie ziehen Händlerinnen und Händler ein enttäuschtes Fazit.
  • Ihre Umsätze sind um bis zu zwei Drittel eingebrochen.
  • Die Kontrolle der 2G-Nachweise hat laut der EMG auf dem Essener Weihnachtsmarkt dagegen gut geklappt.

Der erste Essener Weihnachtsmarkt unter Corona-Bedingungen neigt sich dem Ende zu. 2G-Regel, Abstand beim Glühwein trinken und zusätzlich die neue Omikron-Variante des Coronavirus: Wie bewerten die Essener Marketing Gesellschaft (EMG) als Veranstalter, wie die Schaustellerinnen und Schausteller den diesjährigen Budenzauber unter erschwerten Umständen?

Die EMG ist laut Sprecher Florian Hecker in erster Linie glücklich, dass der Weihnachtsmarkt überhaupt stattfinden konnte – und dass er wie geplant bis zum 24. Dezember bleiben durfte, ohne ein jähes Ende durch eine etwaige Verschärfung der Corona-Schutzverordnung zu finden. „Letztes Jahr musste er ja kurz vor dem Start abgesagt werden, sodass wir nicht zeigen konnten, dass wir auch in Corona-Zeiten einen sicheren und schönen Weihnachtsmarkt bieten können“, so Hecker.

Weihnachtsmarkt Essen: Bis zu zwei Drittel weniger Umsatz

Besucherzahlen hat die EMG nicht erfasst. Allerdings ist klar: „Mit den Jahren vor der Pandemie kann man die Frequenz nicht vergleichen, es gab einen deutlichen Rückgang“, betont Hecker. Dass das so sein würde, hätten aber auch alle Beteiligten im Vorhinein gewusst. Diskussionen über steigende Inzidenzen und die Möglichkeit von Regelverschärfungen hätten gerade in letzter Zeit noch einmal einige Leute vom Besuch abgehalten.

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Fragt man die Händlerinnen und Händler selbst, dann klingt das noch um einiges dramatischer. Albert Ritter, Präsident des Deutschen Schaustellerbundes, betreibt einen Glühweinstand auf dem Kennedyplatz. Er spricht von etwa zwei Dritteln weniger Umsatz als vor der Pandemie. „Die Leute sind extrem verunsichert“, so seine Beobachtung. Vor allem ältere Menschen begäben sich zunehmend in eine Art selbst verordnete Quarantäne.

Schaustellerin: Noch nie ein so schlechtes Jahr auf dem Essener Weihnachtsmarkt

Natürlich habe man damit gerechnet, dass weniger Leute kommen würden. „Wir gingen aber von einem drittel Schwund aus – nicht davon, dass nur noch ein Drittel der Besucher bleibt“, betont Ritter. Ein Grund: „Normalerweise kommen pro Wochenende 120 Busse aus den Benelux-Staaten hierher. Diesmal waren es circa drei.“ Von der Politik erhofft er sich nun Entschädigungen für die Schausteller, zumal diese ja nicht wie etwa der Einzelhandel Mitte Januar wieder durchstarten könnten: „Richtig geht es erst wieder mit den Kirmessen im Sommer los.“

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Silvia Schüller verkauft schon seit 20 Jahren auf dem Essener Weihnachtsmarkt Töpferprodukte und Geschenke aus Keramik. Noch nie hat sie ein so schlechtes Jahr erlebt wie 2021. „Bei diesem Wetter hätten sie uns normalerweise die Hütten eingerannt“, sagt sie am sonnigen Mittwochnachmittag. „Aber dieses Jahr wusste niemand so richtig: ‘Was darf ich, was darf ich nicht’?“ Das habe die Menschen unglaublich verunsichert. Und: „Die Pacht ist hoch. Eigentlich hätte ich vom Veranstalter erwartet, dass er den Schaustellern entgegenkommt.“

Essen: „Der Standort hier ist nicht mehr so attraktiv wie früher“

Das sieht Alfred Scheepker genauso. Er kommt seit 20 Jahren von der Insel Baltrum nach Essen, um hier ostfriesische Spezialitäten zu verkaufen. „Meine Umsätze sind um 40 Prozent eingebrochen“, schätzt er. Nun habe er zusätzliche Sorgen, weil Teile seiner Ware – zum Beispiel den ostfriesischen Sanddorn – nicht wieder zurückgeben könne. Auch er sagt: „Vielen Leuten war nicht klar, welche Regeln allgemein gerade gelten. Da waren sie natürlich zurückhaltender.“

EMG: Ansteckungsgefahr auf dem Weihnachtsmarkt ist gering

Die Ansteckungsgefahr auf dem Weihnachtsmarkt wertet EMG-Sprecher Hecker weiterhin als niedrig. Wissenschaftliche Erkenntnisse hätten schließlich gezeigt, dass es an der frischen Luft am sichersten sei.

Die große Innenstadt habe außerdem genug Raum geboten, um für Abstand zwischen den Ständen zu sorgen. „Dass es irgendwo größeres Gedränge gab, ist mir nicht bekannt“, sagt Hecker.

Viele Besucherinnen und Besucher hätten auch freiwillig ihre Masken aufgesetzt, wenn es ihnen zu eng geworden sei.

Auf einen grundsätzlichen Makel machen Ulrich und Anna Bock aufmerksam, die an einem Stand Mützen und Schals verkaufen. „Der Standort hier ist nicht mehr so attraktiv wie früher“, sagt Anna Bock, die ihre Kritik ausdrücklich nicht als Beschwerde, sondern als Anregung für den Veranstalter verstanden wissen will. Damit meint sie eine „zum Teil heruntergekommene Kettwiger Straße, Leerstände, keine günstigen Parkplätze“ und auch Corona habe sich stark bemerkbar gemacht. Ulrich Bock geht von 50 Prozent weniger Umsatz aus – vor allem, weil der Bustourismus fehle.

EMG-Sprecher: Keine Probleme mit der 2G-Kontrolle

Mit der Kontrolle der 2G-Nachweise hat es laut EMG-Sprecher Florian Hecker indes keine Probleme gegeben. „Als noch 3G galt, hat sich gezeigt, dass 90 Prozent der Besucher ohnehin geimpft waren“, berichtet er. Rund 1500 Menschen seien pro Tag kontrolliert worden. „Bis auf wenige Ausnahmen haben alle viel Verständnis gehabt. Viele waren sogar froh über die Kontrolle, weil sie sich dadurch sicherer gefühlt haben“, so der Hecker. „Hier hat sich gezeigt, dass Gemecker und Beschwerden über die Regeln eher in den sozialen Netzwerken als im realen Leben stattfinden.“