Essen. In Essen sterben wieder mehr Menschen an Corona. Laut Uniklinik ist die Lage unter Kontrolle. Aber: Für eine Entwarnung sei es viel zu früh.
Der erste Todesfall sorgte noch für einen kollektiven Schreck, anderthalb Jahre später vermeldet die Stadt, dass seit Beginn der Corona-Pandemie 634 Essener und Essenerinnen „an oder in Verbindung mit einer Corona-Infektion verstorben“ sind. Die Formel berücksichtigt, dass gerade bei hochbetagten oder vorerkrankten Menschen Corona wohl nicht die alleinige Todesursache ist. Aktuell fällt auf, dass wieder mehr Todesfälle gemeldet werden – und sich darunter auch Menschen in mittleren Jahren wiederfinden.
In der vergangenen Woche etwa starben zwei Männer im Alter von 52 und 55 Jahren. Die Stadt teilt dazu auf Anfrage mit: „Die beiden waren ungeimpft.“ Das ist ein Teil der Erklärung für die aktuellen Todesfälle, die man angesichts der großen Impfanstrengungen wohl nicht unbedingt erwartet hätte. Knapp 70 Prozent der Essener und Essenerinnen haben inzwischen zumindest zwei Impfungen erhalten. Doch das Sterben ist nicht vorbei. „Leider hat es zuletzt wieder Todesfälle in Verbindung mit einer Corona-Infektion gegeben“, bestätigt die Stadt.
Die meisten jüngeren Verstorbenen hatten Vorerkrankungen
Nicht immer übermitteln die Krankenhäuser den Impfstatus an die städtischen Stellen. Dagegen erhalte man zu den meisten Fällen Informationen über Vorerkrankungen, wenn auch „selten in aller Ausführlichkeit“, wie Stadtsprecherin Silke Lenz erklärt. Eins lasse sich an den Daten ablesen: „Die meisten jüngeren Verstorbenen hatten tatsächlich Vorerkrankungen.“
Die Uniklinik Essen, in der die meisten Covid-19-Patienten der Stadt behandelt werden, hatte Ende November mit einem sechstägigen Besuchsverbot für neuaufgenommene Patienten auf die sich wieder verschärfende Situation reagiert. Jetzt teilt der Leiter der Konzernkommunikation, Achim Struchholz, zwar mit, dass es „keinen exponentiellen Anstieg“ der mit Covid-19 verstorbenen Patienten gebe. Rein statistisch sei es jedoch logisch, „dass bei einem hohen Inzidenzwert wie derzeit mehr Menschen erkranken, dabei auch schwer erkranken und versterben“.
Immer mehr Schwangere lassen sich impfen
Generell lasse sich zu den Todesfällen sagen, „dass bei den intensivmedizinisch behandelten Patientinnen und Patienten der überwiegende Teil nicht vollständig immunisiert ist“. Die Impfung bleibe der zentrale Schutz, um eine Infektion zu vermeiden oder zumindest einen schweren Krankheitsverlauf zu verhindern. Nach derzeitigem Wissenstand sei man mit einer Booster-Impfung auch gut vor einem schweren Verlauf der Omikron-Variante geschützt. Ohne den Impfschutz läge die Zahl der Todesfälle also schon jetzt höher. Denn: „Auch junge Menschen ohne Impfung können lebensbedrohlich an Covid-19 erkranken.“
An der Universitätsmedizin Essen habe man auch schon Schwangere und frisch entbundene Mütter gehabt, die schwerwiegend an Corona erkrankten. Todesfälle von Müttern oder Neugeborenen „im Zusammenhang mit Covid-19“ habe es noch nicht gegeben, doch das Risiko sei den Frauen wohl bewusst: Nachdem die Ständige Impfkommission (Stiko) Schwangeren und stillenden Müttern Mitte September 2021 zur Impfung riet, habe man „eine spürbare Zunahme der Impfung bei diesem Personenkreis“ beobachtet.
Eine Triage-Situation, in der Ärzte entscheiden müssen, wem sie zuerst helfen, gebe es am Uniklinikum nicht, betont Struchholz. Mitte November hatte Chefvirologe Ulf Dittmer erklärt, alle 15 Extrakorporalen Herz-Lungen-Maschinen (Ecmo) seien in Betrieb: „Hier haben wir schon eine Triage.“ Bei den Ecmos handele es sich „unabhängig von Corona um eine prinzipiell limitierte Ressource“, erklärt nun Struchholz. Das gelte sowohl für die Zahl der Geräte als auch für das spezialisierte Personal: „Hier wurde und wird seit jeher priorisiert und entsprechend entschieden.“
Davon abgesehen werde das „dramatisierende Wort“ Triage der Situation nicht gerecht: „Die ist sicher angespannt, aber stabil und absolut unter Kontrolle.“ 61 Covid-19-Patienten werden derzeit (Stand 10. 12.) an der Uniklinik behandelt, 25 von ihnen intensivmedizinisch. Seit einigen Tagen beobachte man eine „Seitwärtsentwicklung“ auf diesem hohen Niveau: „Für eine Entwarnung ist es definitiv noch viel zu früh.“