Essen. Essens Grundschüler haben viel zu wenig Platz. Fast jede zweite Grundschule müsste vergrößert werden, außerdem sind zehn Neubauten erforderlich.
Fast jede zweite Grundschule im Stadtgebiet benötigt auf absehbare Zeit einen Anbau oder zusätzliche Gebäude. Zusätzlich werden zehn neue Grundschulbauten benötigt. Das geht aus dem neuen Schulentwicklungsplan der Verwaltung hervor, der in dieser Woche erstmals vorgestellt wird.
Der 220 Seiten starke Band, an dem die Schulverwaltung rund zwei Jahre lang gearbeitet hat, beschäftigt sich zunächst ausschließlich mit den 84 Grund- und zwölf Förderschulen in Essen. Er beleuchtet umfassend den gegenwärtigen Platzmangel an den Schulen, die Bevölkerungszahlen der nächsten Jahre und den daraus abzuleitenden Raumbedarf. Der Plan kommt zu einem Ergebnis, das kaum Platz lässt für Interpretationsspielraum: „Die Lage ist dramatisch“, sagt Essens Schuldezernent Muchtar Al Ghusain. „Wir haben schon jetzt acht Grundschulgebäude zu wenig.“ Zehn Neubauten seien nötig und eine räumliche Erweiterungen für 38 von 84 Grundschulen.
Neue, umfassende Form der Schulentwicklungsplanung
Der neue Schulentwicklungsplan für Grund- und Förderschulen, dem noch in diesem Jahr die Bände für weiterführende Schulen und Berufskollegs folgen sollen, soll zunächst in den politischen Gremien der Stadt breit besprochen und schließlich im Herbst 2021 vom Rat beschlossen werden. Er liefert den Entscheidungsträgern der städtischen Politik konkrete Handlungsempfehlungen für jede einzelne Schule, indem er analysiert, welche Schule künftig mehr Klassen pro Jahrgang als bisher aufnehmen sollte, und ob dafür eine räumliche Vergrößerung nötig ist.
Diese akribische Form der Schulentwicklungsplanung hat es in den letzten Jahrzehnten in Essen so nicht gegeben. Sie arbeitet mit den aktuellen Geburtenzahlen, prognostiziert also Jahrgangsstärken bis ins Jahr 2027. „Wir benutzen nur Zahlen von Kindern, die bereits geboren wurden“, erklärt der Schul-Dezernent.
1800 Grundschüler mehr, aber acht Grundschulen weniger als vor zehn Jahren
Das Problem: Heute gehen wesentlich mehr Kinder in deutlich weniger Grundschulen als noch vor zehn Jahren. Essen hat heute rund 1800 Grundschüler mehr als im Jahr 2011, aber acht Grundschulen weniger. Denn in Essen wurden zwischen 2011 und 2013 – wie in anderen Städten Deutschlands auch – angesichts sinkender Bevölkerungsprognosen Grundschulen geschlossen. Im Jahr 2011 hatte Essen noch 92 Grundschulen, heute sind es nur noch 84. Vor allem seit dem Zuzug von Flüchtlingen ab 2015 stieg dann aber die Zahl der Kinder in Grundschulen stark. Vor zehn Jahren waren es knapp 18.700 Erst- bis Viertklässler; heute sind es knapp 20.500. „Die Schul-Infrastruktur“, ist das eindeutige Fazit der Verwaltung, „ist überlastet.“ Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass erstens viele Gebäude total marode sind, der Offene Ganztag weiter massiven Platzbedarf einfordert sowie die Inklusion zusätzliche Räume benötigt.
Weil schon jetzt rechnerisch rund acht Grundschulgebäude im Stadtgebiet fehlen, ist der Handlungsdruck enorm: Denn die Zahl der Kinder, die in den kommenden Jahren eingeschult werden, steigt. Waren es in diesem Sommer etwas 5600 Erstklässler, werden es im nächsten Jahr mehr als 5900 und im Jahr 2024 knapp 6000 sein.
Eine weitere Förderschule wird benötigt
Bei den zwölf Essener Förderschulen, die der neue Schulentwicklungsplan analysiert hat, kommt die Stadtverwaltung zu dem Schluss, dass rechnerisch eine neue Förderschule notwendig ist – und zwar für Kinder mit dem Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung“. Bemerkenswert ist, dass stadtweit die Zahl der Förderschüler seit vier Jahren wieder steigt, nachdem sie – wegen der Inklusion – zunächst sank. Ob und wann die konkreten Empfehlungen, die der Plan jetzt für alle Grund- und Förderschulen aufzeigt, umgesetzt werden, steht in den Sternen.