Essen. Zusätzliche Anwohnerparkplätze hatte die Stadt Essen bislang aus Kostengründen abgelehnt. Eine Modellrechnung zeigte jetzt eine Überraschung.
- Seit Jahren weist die Stadt keine neuen Stadtviertel für Anwohnerparken aus. Kostengründe waren bisher ausschlaggebend. Nun liegt eine Modellrechnung am Beispiel aus Holsterhausen vor.
- Danach könnten weitere Zonen, in denen Anwohnerparken erlaubt ist, der Stadt durchaus finanzielle Vorteile bringen. Einnahmen aus den Gebühren geben eine solche Bilanz her.
- In einer Vorlage an den Ausschuss für Verkehr und Mobilität nennt die Verwaltung aber auch eine Reihe von Argumenten, die gegen ein Anwohnerparken sprechen.
Der Parkdruck in Essen nimmt mit der wachsenden Zahl an Autos zu. Daher melden sich auch immer mehr Bürger zu Wort, die eine Garantie auf einen Parkplatz in Nähe zu ihrer Wohnung haben möchten. Die Stadt hat aber die Zahl solcher Anwohnerparkausweise bislang aus finanziellen Gründen gedeckelt. Nun legt sie am Beispiel Holsterhausen eine Modellrechnung vor, nach der zusätzliche Einnahmen möglich scheinen.
Neue Parkautomaten kosten Geld, sorgen aber für erhebliche Einnahmen
Seit neun Jahren schon werden keine neuen Quartiere mehr für Anwohnerparken ausgeschrieben. Die Stadt hatte seinerzeit auf ihrem Sparkurs die Stelle gestrichen, die mit dieser Aufgabe betraut war. Bevor nämlich neue Viertel dazukommen, bedarf es eines aufwendigen Verfahrens, das unter anderem beinhaltet, welche Folgen ein Anwohnerparken für ein bestimmtes Gebiet nach sich zieht.
In der neuen Kalkulation hat die Stadt nun das Umfeld vom Uniklinikum und Justizviertel als Beispiel zugrunde legt. Aus diesem Wohngebiet stammt der Vorstoß, das Anwohnerparken zu erweitern. Die Ausgaben sind auch nach wie vor erheblich. Die Verwaltung beziffert allein die einmaligen Ausgaben auf rund 450.000 Euro, legt diese aber auf einen Zeitraum von fünf Jahren um. Größter Brocken ist der Kauf von Parkscheinautomaten, die über die Hälfte der Summe ausmachen. Es soll nämlich eine Kombiparkzone gelten. Die Anlieger zahlen für ihren Ausweis eine einmalige Jahresgebühr und ein großer Teil des übrigen Parkraums wird mit Hilfe der Automaten bewirtschaftet. Darüber hinaus entstehen besagte Planungskosten. Jährlich anfallende Ausgaben ergeben sich ferner durch die Wartung der Parkautomaten, die neuen Verkehrsschilder, die Ausweise und die Anteile an der Bezahlung der städtischen Ordnungskräfte, die das Gebiet kontrollieren sollen. Unter dem Strich sind es rund 212.000 Euro, die pro Jahr zusammenkommen.
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Nun hat die Stadt aber gegengerechnet: Wie hoch sind denn die gesamten Parkgebühren, die zusammenkommen, von Anwohnern und Einnahmen aus den Parkautomaten? Die Summe liegt mit etwa 225.000 Euro über den Ausgaben und beschert der Stadt danach ein Plus von 13.000 Euro.
Parkregelung kann die Lebensqualität steigern
Im Vorfeld der Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Mobilität am Donnerstag, 28. Oktober, bezeichnete der Vorsitzende Ulrich Pabst (Grüne) die Modellrechnung als ein „sehr interessantes Zahlenwerk“. Man habe nun hinsichtlich einer finanziellen Bewertung Daten und Fakten, die bislang in der Form noch nicht vorgelegen hätten, so der Vorsitzende. Zu bedenken sei zweifellos, dass es sich um ein Beispiel handele.
Nun hat die Verwaltung für die Vorlage aber nicht nur aufs Geld geschaut, sondern das Für und Wider des Anwohnerparkens aufgezeigt. An erster Stelle der Vorteile nennt sie das Argument, das auch Anlieger am meisten bewegt, nämlich leicht und schnell einen Parkplatz zu finden. Womit man schon beim zweiten Pluspunkt ist. Wenn die Leute nicht mehr so lange durch die Quartiere kurven, der Parksuchverkehr sich verringert, steigere dadurch die Verkehrssicherheit und die Schadstoffbelastung sinke. Schließlich führen sauberere Luft und sicherere Straßen zu mehr Lebensqualität. Soweit die Vorzüge.
Anrecht nur auf einen einzigen Parkausweis
Die Regelung habe aber auch eine Menge an Schattenseiten. Das beginnt schon einmal damit, dass ein Bewohner jeweils nur einen Parkausweis erhalte, besitzt er mehrere Fahrzeuge oder zusätzlich ein Wohnmobil, einen Anhänger oder ein Motorrad dürfe er solche Fahrzeuge nicht mehr im öffentlichen Raum abstellen. Es bleibe dann nichts anderes übrig, als auf Privatgelände auszuweichen.
Land will wahrscheinlich Gebührenspielraum erhöhen
Bei den Einnahmen durch die Anwohnerparkgebühren geht die Stadt von der jetzt geltenden Regelung aus. Die Erteilung eines Ausweises für ein Jahr kostet 30 und für zwei Jahre 60 Euro.Allerdings beabsichtigt das Land NRW die bislang gültige Spanne der Gebühren, die eine Kommune nehmen darf und die zwischen 10,20 Euro und 30,70 Euro liegt, aufzuheben. Länder wie Baden-Württemberg haben das schon getan. Beispielsweise hat danach Tübingen die Gebühr auf 120 Euro und damit das Vierfache des vorherigen Betrages erhöht, besonders schwere Fahrzeuge sollen sogar 180 Euro zahlen.Laut Gesetz bekommen Betriebe keine Parkausweise für ihre Mitarbeiter, aber keine Regel ohne Ausnahme: Falls sich überhaupt keine anderen Parkmöglichkeiten bieten, kann die Stadt die Ausweise auch an Firmen ausgeben.
Wenig geholfen sei einer Anwohnerschaft eines Quartiers auch, wenn öffentliche und private Plätze nicht ausreichen, um alle Autos unterzubringen. Hinzu kommt nämlich, dass Anwohnerparken auf den öffentlichen Plätzen nur im jeweiligen vorgeschriebenen Viertel möglich sei, aber nicht darüber hinaus.
Ansässige Betriebe, Hotels, Behörden oder auch Freiberufler und Selbstständige, die in dem Quartier ihren Arbeitsplatz haben, dürften ebenso wenig erfreut sein. Denn sie haben laut Verwaltung kein Anrecht auf solche Parkausweise. Firmen würden in der Handhabe sogar eine Schwächung ihres Standorts sehen.
Kritische Stimmen seien auch von Berufspendlern zu erwarten. Die Parkhöchstdauer bei bewirtschafteten Plätzen liege bei vier Stunden pro Tag. Der Zeitraum reiche für die Betroffenen aber längst nicht aus. Ihnen bleibe dann keine andere Wahl als auf Parkangebote von privater Hand (z.B. Parkhaus) zurückzugreifen, falls es solche überhaupt gebe.