Essen. Essens Willy-Brandt-Platz hat ein Problem: Die Schicht unterm Pflaster ist seit Jahrzehnten nicht wasserdicht. Die Folge dürfte gravierend sein.
Krane und Gerüste, Baustellencontainer und rot-weiße Absperrungen – an solche Bilder müssen sich die Essener in den nächsten Jahren auf dem Willy-Brandt-Platz gewöhnen: Das Entree zur Essener Innenstadt verwandelt sich in eine Dauerbaustelle, die immer wieder zu Einschränkungen führen wird. Am Ende jedoch soll alles schöner werden: Wenn der Königshof (früher Galeria Kaufhof) und das rundum sanierte Eick-Haus in neuem Glanz erstrahlen, werde auch dem aufpolierten Willy-Brandt-Platz eine neuartige Aufenthaltsqualität verliehen. „Wir werden europaweit einen städtebaulichen Wettbewerb ausschreiben“, kündigt Planungsdezernent Martin Harter an.
Am Ende der Dauerbaustelle erhält der Willy-Brandt-Platz ein neues Gesicht
Ehe renommierte Stadtplaner, Juroren, Anlieger und Kommunalpolitiker einem der wichtigsten Plätze der Essener Innenstadt ein neues Gesicht verpassen, stehen erst einmal umfassende Sanierungsarbeiten an.
Der Grund ist so simpel wie schwerwiegend: Es regnet buchstäblich rein. Gemeint ist das riesige Untergeschoss des neuen Königs- und alten Kaufhofs, das sich unterhalb des Willy-Brandt-Platzes erstreckt und bis fast zur West-Fassade des Handelshofes reicht.
Projektleiter Jürgen Resch vom Düsseldorfer Büro RKW Architektur sieht zwar, wo im Untergeschoss des ehemaligen Warenhauses das Wasser von der Decke tropft. Aber das bedeute längst noch nicht, dass genau darüber die undichte Stelle liegt.
„Der Platz hat ein Gefälle, deshalb kann der Wassereintrag ganz woanders erfolgen“, sagt Harter. Außerdem trete das Wasserproblem zeitversetzt auf: Morgens etwa regnet es und erst abends dröppelt’s rein. Die Konsequenz: Im nächsten Jahr schon müsse das gesamte Pflaster des Willy-Brandt-Platzes aufgenommen werden, um die undichten Stellen zu finden und die Decke komplett versiegeln zu können.
Deckschicht des Platzes wird abgetragen, um Betondecke dicht zu machen
Nach Angaben des Königshof-Architekten ist das Wasserproblem schon seit Anfang der 1970er-Jahre bekannt. Weil man sich aber – wohl aus Kostengründen – stets gescheut habe, die Oberfläche aufzureißen, habe man sich im Kaufhof-Basement mit allerlei Improvisation beholfen. „Es wurden Wannen unter die Decke gebracht und Rinnen gelegt“, so Jürgen Resch. Der jetzige Leerstand ermögliche das Problem ein für allemal zu beheben.
Bei allem Beton und Stahl, der einst dort verbaut wurde, ist die von Kellern, U-Bahn-Röhren und Tunneln durchzogene Unterwelt des Willy-Brandt-Platzes ein filigranes und empfindliches Gebilde. Die Deckschicht zwischen dem Pflaster oben auf dem Platz und der 50 Zentimeter starken Betondecke des Warenhaus-Kellers ist lediglich einen Meter dick. Diese Schicht, so Resch, sei durchzogen von allen möglichen Strom- und Abwasserleitungen bis hin zu Glasfaserkabeln. Um gut abdichten zu können, werde die Betondecke abschnittsweise komplett freigelegt. „Damit die Kundenströme weiter fließen.“
Planungsdezernent kündigt für die Bauphase „temporäre Platzgestaltung“
In das Projekt Königshof investiert der Eigentümer, die Kölner Koerfer-Gruppe, einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Der Umbau hat schon kurz nach der Schließung von Galeria Kaufhof begonnen. Der ehrgeizige Plan der Kölner: Schon 2023 soll der neue Königshof öffnen. Um den Willy-Brandt-Platz während der Sanierungs- und Umbauarbeiten zu entlasten, so Baurat Harter, müssten auch Teile der Lindenallee gesperrt werden. Ende November stellt die „Arge Königshof“ (Friedrich Wassermann/Hans Lamers) einen Riesenkran mitten auf den Platz: Er ist 45 Meter hoch und 70 Tonnen schwer.
Hinzu kommt die Baustelle Eickhaus, die ebenfalls in den Willy-Brandt-Platz hineingreift: Das denkmalgeschützte Geschäftshaus wird saniert, außerdem soll es nach den Plänen des Essener Architekturbüros Brüning Rein um einen modernen Glaskubus aufgestockt werden.
Damit der Besucher der Einkaufsstadt vor lauter Baustellen-Tristesse nicht gleich schon am Eingang die Freude am Shoppen verliert, bastelt das Bau- und Planungsdezernat – auch mit Hilfe von Fördermitteln aus Düsseldorf – an Improvisationen, die die Baustellensituation so gut wie möglich kaschieren sollen. Harter: „Es soll eine temporäre Gestaltung des Platzes geben, etwa mit mobilen Bäumen, Sitzgelegenheiten und Spielgeräten für Kinder.“