Essen. Die Koerfer-Gruppe Köln investiert in Essen zig Millionen in den neuen „Königshof“, der 2023 öffnen soll. Warum ein Supermarkt Ankermieter wird.
Gut ein halbes Jahr nach Schließung des Essener Kaufhof-Warenhausesstehen die Zeichen am Willy-Brandt-Platz auf Neubeginn. „Königshof“ tauft die Koerfer-Gruppe aus Köln, Eigentümerin der traditionsreichen Immobilie, ihr neues Essener Projekt: eine Reminiszenz an das gleichnamige Hotel, das dort bis 1937 stand.
Geschäftsführer Daniel Schild kündigt an, bis zur Fertigstellung Mitte 2023 einen „mittleren zweistelligen Millionen-Betrag“ in das zentral gelegene Gebäude investieren zu wollen. Ankermieter im Erd- und Untergeschoss werde ein Supermarkt mit weiteren Mietern sein – darunter wohl auch Gastronomie. In den fünf Geschossen darüber werde es keinen Handel mehr geben, sondern Büros.
Das 1937 erbaute DeFaKa-Haus wurde 1976 für den Horten-Neubau abgerissen
In den Räumen der alten Kaufhof-Verwaltung im 1. Obergeschoss haben die Kölner ihr Baubüro eingerichtet, auch eine – noch unter Verschluss gehaltene – Konzeptidee für die Fassade des neuen „Königshofes“ hängt dort an der Wand. So viel steht fest: Der Fassadenentwurf weist starke Ähnlichkeiten mit dem 1937 erbauten und 1976 abgerissenen DeFaKa-Haus auf, das 1977 durch das Horten-Warenhaus (später Kaufhof) ersetzt wurde. Beherrschendes architektonisches Detail des „Königshofs“ ist die zur Lindenallee hin abgerundete Ecke, wohin auch der Haupteingang verlegt werden soll.
Bordeaux-Weine statt Parfüm, Patisserie statt Jeans und Schuhe, „heiße Theke“ statt Bratpfannen: Der Wandel vom großen, Sortiment-reichen Warenhaus zu einer deutlich reduzierten Lösung auf Nahversorger-Basis entspreche ganz dem aktuellen Trend, ist sich der Koerfer-Chef sicher – und verweist auf ein erfolgreiches Vorbild in Düsseldorf: An der belebten Graf-Adolf-Straße haben die Kölner einen alten Kaufhof in einen Genusstempel namens „The Crown“ umgewandelt. Ankermieter ist dort „Zurheide Feine Kost“, das der gleichnamigen Bottroper Kaufmannsfamilie gehört.
Koerfer-Gruppe verspricht am Willy-Brandt-Platz ein „Aushängeschild“ für Essener City
Schild betont zwar, dass das Essener Projekt an der Kettwiger Straße 1a keineswegs auf Luxus setze, zugleich verspricht er „ein Aushängeschild“ am Eingang zur Essener City. Der Immobilienprofi räumt ein, dass die Kettwiger in den letzten Jahren gelitten habe, erst recht seit Ausbruch der Corona-Pandemie. Dennoch hält er Skeptikern entgegen: „Wir glauben an die Innenstadt und an Handel in der Innenstadt.“
Auch die hohe Investitionssumme will die Koerfer-Gruppe als ein Bekenntnis zum Handelsstandort Essen verstanden wissen. Etliche Anfragen von Mietinteressenten seien abgewiesen worden, weil sie nicht den hohen Koerfer’schen Ansprüchen genügt hätten. „Wenn wir was machen, machen wir es richtig und am besten mit langfristigen Mietern“, sagt Daniel Schild. Die Vertragsverhandlungen sehe er auf einem guten Wege, es fehlten lediglich die Unterschriften.
Zuerst Königshof, dann DeFaKa-Haus und zuletzt Horten
Die Anschrift Kettwiger Straße 1a ist eine geschichtsträchtige Adresse: 1910 wurde hier das Grand Hôtel Royal errichtet, später hieß es Hotel Königshof.1937 wurde das Hotel abgerissen und durch das Deutsche Familien-Kaufhaus (DeFaKa) ersetzt.Sowohl die im letzten Jahrhundert neugebaute Hauptpost als auch das DeFaKa-Haus rückten etliche Meter zurück und machten den Blick frei auf das Eickhaus. Das DeFaKa-Haus wurde nach dem Krieg wieder aufgebaut, 1977 wich es dem Horten-Warenhaus.Der Koerfer-Gruppe in Köln gehören eine Reihe markanter Immobilien in Essen, darunter auch das Deutschlandhaus.
An die alte Kaufhof-Fassade mit den für die 1970er-Jahren typischen Horten-Kacheln erinnert am Willy-Brandt-Platz nichts mehr. Sie ist längst abgehängt. Die Zeiten, als kein bisschen Tageslicht in das Gebäude fiel und das Horten- bzw. Kaufhof-Personal nur bei künstlichem Licht arbeiten mussten, werden vorbei sein. Die neue, offene Fassade werde hochmodern sein und mit gestalterischen Elementen spielen, die einen Bezug zu Stahl und Kohle hätten, also zur montanen Historie der Stadt.
Neue Fassade soll mit der denkmalgeschützten Nachbarschaft harmonieren
Außerdem werde sich der neue Königshof einfügen in die denkmalgeschützte Nachbarschaft aus dem Eickhaus im Norden, dem Handelshof direkt gegenüber und der Hauptpost gleich nebenan. Es spreche alles dafür, dass der zur Koerfer-Immobilie gehörende Pavillon auf dem Willy-Brandt-Platz abgerissen und durch einen Neubau inklusive U-Bahn-Zugang ersetzt werde. Auch eine ansprechende Außengastronomie sei wünschenswert. „Wir wollen dazu beitragen, die Aufenthaltsqualität auf dem Platz zu erhöhen“, sagt Schild.
Schon seit Monaten erfüllt der Lärm des Presslufthammers das entrümpelte Gebäude, das bis auf den Rohbau-Zustand zurückgebaut wird. Bauarbeiter schleppen an diesem Dienstag Teile der alten Lüftungskanäle ins Freie, auf die Fahrtreppen hat sich eine dicke Staubschicht gelegt. In dem Neubau werden die Rolltreppen ohnehin nicht mehr benötigt. „Geplant ist ein Lichthof, der durch alle Etagen geht.“