Essen-Nordviertel. Mit neuen Angeboten für Kinder und Jugendliche und einem Ansatz, der schon Kitas mit einbezieht, soll dem Bewegungsmangel entgegengewirkt werden.
Kinder in Kitas und Grundschulen des Essener Nordens sollen mehr Sport treiben. Eine neue Maßnahme soll dauerhaft die Verhältnisse verbessern – zunächst im Nordviertel, später auch in Altenessen. Unter dem Motto „Sport vernetzt“ ziehen die Stadt, die Uni, der Verein ETB Schwarz-Weiß Essen und der Essener Sportbund an einem Strang.
Mit einer neuen Basketball-AG für die rund 400 Kinder der Grundschule Nordviertel geht es los – Trainer sind Sportstudenten der Uni Duisburg-Essen und Spieler des Vereins ETB Schwarz-Weiß. Der Verein, in Stadtwald beheimatet, geht schon seit Jahren an Grundschulen im Essener Norden, um Kindern dort das Basketballspielen beizubringen – ohne dieses soziale Engagement direkt an die große Glocke zu hängen.
An Grundschulen – nicht nur in Essen – fehlen ausgebildete Sportlehrer
Dabei sind es genau solche Initiativen, die langfristig die Situation flächendeckend verbessern können, sagt Ulf Gebken vom Institut für Sport- und Bewegungswissenschaften der Uni Duisburg-Essen. Gebken, der vor Jahren dafür sorgte, dass an Sonntagen die Turnhallen der Grundschulen geöffnet werden, damit Kinder sich bewegen können, hat jetzt maßgeblich dazu beigetragen, dass das Projekt „Sport vernetzt“ ans Laufen kommt. Spieler und Manager des Vereins Alba Berlin, amtierender Deutscher Meister im Basketball, sollen dabei beratend zur Seite stehen.
Es geht nicht nur schlicht um neue Bewegungsangebote – sondern auch um das viel bemühte Wort der Vernetzung: „Wenn Sportlehrer an weiterführenden Schulen nicht wissen, was an den umliegenden Grundschulen in Sachen Bewegungsförderung passiert, ist das ein Problem“, sagt Gebken. Und er weist auf einen noch größeren Mangel hin, über den niemand spricht: „An Grundschulen fehlen ausgebildete Sportlehrer. Das Fach Sport wird in der Regel fachfremd unterrichtet – dabei sind die Jahre im Grundschulalter die goldenen Jahre des Lernens, was motorische Fähigkeiten angeht.“ Und: Dass fachlich fundierte Bewegungsförderung in Kitas so gut wie gar nicht stattfindet, ist ebenfalls ein Mangel, auf den höchstens Experten regelmäßig hinweisen. Auch hier will „Sport vernetzt“ Abhilfe schaffen: Ein weiteres, konkretes Bewegungsangebot startet jetzt an einer Kita im Essener Nordviertel.
Sportprofessor: „Sportlehrer müssen wissen, welche Sportvereine in der Nähe sind“
Finanziert wird das Ganze von der Stadt, die im Rahmen ihrer „Post-Corona Strategie“ Geld beiseitegelegt hat für genau solche Projekte – um schadhafte Folgen der Pandemie abzuwenden, aber auch um Neues zu etablieren. „Die Zeit des Jammerns ist vorbei, jetzt wird gehandelt“, sagt Gebken entschlossen und verweist auf die Klagen, die seit Jahren von Sportlehrern kommen: dass die Eingangsklassen in Grund- und weiterführenden Schulen immer schlechter sind, was Bewegung und Motorik angeht. Alle müssten ihren Teil dazu beitragen – auch Sportlehrer: „Ein Sportlehrer muss wissen, wo in der Gegend der nächste Sportverein ist, den er talentierten Kindern empfehlen kann.“ Denn Kinder und Jugendliche kommen nicht von selbst in den Sportverein – dazu bedarf es eines Elternhauses, das handlungsfähig ist. In vielen Stadtteilen in Essen – nicht nur im Norden – ist das nicht immer der Fall.
Zum offiziellen Start der Initiative „Sport vernetzt“ kam übrigens auch Oberbürgermeister Thomas Kufen – und ließ sich in der neu sanierten Turnhalle der Grundschule Nordviertel erklären: Wo Kinder Basketball spielen, müssen die Körbe tiefer hängen, sonst gibt es zu lange keine Erfolgserlebnisse. Kufen, der das städtische Turnhallen-Sanierungsprogramm im Blick hatte, wies sofort an: „An allen Hallen, die derzeit von uns saniert werden, wird es bewegliche Basketball-Körbe geben.“ Zurzeit laufen Arbeiten an 16 Sportstätten. Für die Sanierung der Turnhallen gibt Essen derzeit mehr als 80 Millionen Euro aus – klingt viel, ist aber angesichts von 186 Sportstätten im Stadtgebiet keine große Summe.