Essen. Der Innenminister hat die Kleine Anfrage zur Prügelattacke am Essener Hallo-Friedhof beantwortet. Was die Beschuldigten auf dem Kerbholz haben.
Nach dem Faustschlag in das Gesicht des Friedhof-Leiters vor Beginn einer muslimischen Beerdigung am 1. Juli auf dem Essener Hallo-Friedhof ermittelt die Essener Polizei gegen sechs Beschuldigte: Vier Männer sind namentlich bekannt, die beiden anderen unbekannt. Das geht aus der Antwort des Innenministers auf die Kleine Anfrage 5927 des AfD-Fraktionsvorsitzenden Markus Wagner zu der Prügelattacke hervor. Den Männern werde gefährliche Körperverletzung, Bedrohung, Nötigung, Beleidigung und Hausfriedensbruch vorgeworfen.
Drogenhandel, sexueller Missbrauch von Kindern, Gewaltdelikte und Erpressung
Dem Gewaltausbruch an jenem Donnerstag waren verbale Streitigkeiten vorausgegangen. Der Friedhof-Leiter habe Trauergästen untersagt, das Friedhofsgelände mit dem eigenen Pkw zu befahren. Unter ihnen befand sich Clan-Oberhaupt Abou Mounir Ali Khan, der Mitbegründer der heute umstrittenen libanesischen Familien-Union. Dieser unterhielt wegen seiner Rolle als vermeintlicher „Brückenbauer“ einst beste Kontakte zum Rathaus. Vor zwei Jahren jedoch fiel die Familien-Union in Ungnade. Nach massiven Bedrohungen und wüsten Beschimpfungen gegen den Berliner Autor Ralph Ghadban („Arabische Clans“) stellte die Stadt die Zusammenarbeit mit der Familien-Union sofort ein.
Am Tag der Beerdigung sollte der Bestatter einen Shuttle-Service zwischen dem Haupteingang und dem höher gelegenen Islamischen Bestattungsfeld organisieren, doch er hatte sich verspätet. Um 13.51 Uhr sei der Streit eskaliert, der Friedhof-Chef wurde mit Faustschlägen traktiert. Sicherheitskräften gelang es, die erbosten Angreifer zurückzuhalten – der Friedhofsmitarbeiter konnte sich ins Hauptgebäude retten.
Bemerkenswert sind die Lebensläufe der Beschuldigten. Drei der vier namentlich Bekannten sind der Kriminalpolizei seit längerem bekannt. Ein libanesischer Staatsangehöriger sei „bislang wegen Gewaltdelikten, sexuellen Missbrauchs von Kindern, illegalen Handels von Betäubungsmitteln sowie Erpressung kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten“, heißt es im Ministeriumsbericht.
Innenministerium: „Vorfälle dieser Art sind nicht hinnehmbar“
Drei weitere Beschuldigte entstammen dem arabisch-libanesischen Milieu, besitzen aber die deutsche Staatsangehörigkeit. Zwei stehen wegen ebenfalls wegen Gewaltdelikten in den Polizeiakten, in einem Fall gebe es obendrein eine Eintragung wegen Steuerhinterziehung.
Auf die Frage des Abgeordneten, wie die Landesregierung derartige Vorfälle wie in Essen bewerte, heißt es: „Vorfälle dieser Art sind nicht hinnehmbar und werden unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten verfolgt.“
Nach dem Faustschlag waren Beamte der Einsatzhundertschaft am Hallo-Friedhof im Einsatz. Die Personalien von Trauergästen haben sie im Anschluss an die Beisetzung aufgenommen. Auf die Vermutung des Abgeordneten, die Einsatzkräfte hätten ihre Aufgaben vorübergehend eingestellt, weil Trauergäste zu aggressiv aufgetreten seien, stellt die Landesregierung klar: „Aufgrund der bereits begonnenen Beerdigung wurde sowohl aus Pietätsgründen als auch wegen taktischer Erfordernisse auf polizeiliche Maßnahmen am offenen Grab verzichtet.“
Sicherheit und Sauberkeit
Damit die Essener Friedhöfe „öffentliche Orte der Trauer, der Ruhe und des stillen Gedenkens“ bleiben, hat das Mehrheitsbündnis im Stadtrat von CDU und Grünen der Stadtverwaltung einen Auftrag erteilt: Sie solle bestehende Missstände aufzeigen und beseitigen, damit Sicherheit und Sauberkeit auf allen Friedhöfen der Stadt gewährleistet seien.
CDU-Fraktionschef Fabian Schrumpf: „Wir ziehen mit unserer Initiative die Konsequenzen aus den jüngsten inakzeptablen Vorfällen bei einer Bestattung auf dem Friedhof am Hallo.“
Dem AfD-Politiker reicht die Antwort der Landesregierung nicht aus. So fragt Wagner, warum ein mehrfach straffällig gewordener Beschuldigter mit libanesischem Pass sich noch in Deutschland aufhalten dürfe. Das Land gehe nicht konsequent genug gegen „aggressives Territorialgehabe“ und das „Hinwegsetzen über jedwede staatliche Autorität“ vor.