Essen. Die Gewerkschaft GEW ruft zur Demo in Essens City: An Grund- und Förderschulen fehlten 200 Lehrkräfte. Die Bezirksregierung bestätigt das nicht.

Mit einer Kundgebung auf dem Willy-Brandt-Platz in Essen macht die Bildungsgewerkschaft GEW NRW am Freitag, 10. September, von 12 bis 14 Uhr auf den „eklatanten Mangel“ an Lehrerkräften in Essen aufmerksam. Wie auch in anderen Städten in NRW seien davon in Essen vor allem die Grund- und Förderschulen betroffen, teilt die GEW mit.

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Die Kampagne „#IhrFehlt für gute Schule“ will den Lehrermangel am Freitag an neun Standorten im Land sichtbar machen. In Essen werden dann 40 menschengroße Figuren aufgestellt, von denen jede für fünf unbesetzte Stellen stehe. „In Essen konnten an Grund- und Förderschulen zum Schuljahresbeginn insgesamt rund 200 Stellen nicht besetzt werden, etwa 120 an den Grundschulen und 80 an den Förderschulen“, sagt Ricarda Kranz von der Fachgruppe Grundschule des GEW-Stadtverbands Essen.

Bezirksregierung legt ihre Zahlen erst zum Monatsende vor

Die zuständige Bezirksregierung Düsseldorf nennt folgende Einstellungszahlen vom Stichtag 13. August: „An Essener Grundschulen wurden 27 Stellen für Lehrkräfte ausgeschrieben, davon konnten 11 besetzt werden. An Essener Förderschulen wurden 49 Stellen ausgeschrieben, davon konnten 6 besetzt werden.“ Demnach wären 59 Stellen an den beiden Schulformen unbesetzt, erheblich weniger als von der GEW genannt.

Die Bezirksregierung weist aber darauf hin, dass bei den Daten vom August Versetzungen, Abordnungen, Rückkehrerinnen und Rückkehrer aus Elternzeit, Erhöhung oder Reduzierung der Stundenzahl von Lehrkräften noch nicht erfasst seien. Diese werden bis Ende September in das Schulinformations- und Planungssystem (SchiPs) eingepflegt. Erst dann könne man verlässliche Daten für einzelne Städte benennen.

Unbestritten ist, dass seit Jahren Lehrkräfte an Grund- und Förderschulen fehlen. Ein Zustand, der die Bildungschancen vieler Kinder mindere, wie Gewerkschafterin Ricarda Kranz moniert. „Sie fehlen für den Unterricht, beim Bilden von Persönlichkeiten, für die individuelle Förderung und insgesamt für gute Schule.“ Außerdem verhindere der Lehrermangel, dass man kleinere Klassen bilden könne. Da helfe auch nicht, dass einige Schulen im Land auf Basis des Sozialindexes zusätzliche Stellen bekommen sollen: „Rein rechnerisch sollen sie besser ausgestattet werden, aber in der Realität kommen die Stellen oft nicht obendrauf. Außerdem können sie oft nicht mit Fachkräften besetzt werden.“

Zunehmend Seiteneinsteiger in Lehrerjobs

Die Seiteneinsteiger-Quote liege durchschnittlich bei 5 bis 8 Prozent, wobei an einzelnen Schulen besonders viele Kollegen und Kolleginnen mit anderem beruflichem Hintergrund arbeiten. „Wenn ich einen Musiker engagiere, kann der sicher gut Musik unterrichten, ist aber nicht zwingend geeignet, eine Klasse zu leiten. Auf dem Papier ist das aber eine Lehrerstelle wie andere auch“, sagt Kranz. Außerdem müsse das – oft ohnehin überlastete – Kollegium die fachfremden Kräfte einarbeiten. „Dabei gehen viele Lehrkräfte schon weit über ihre Grenzen hinaus. Corona hat für eine zusätzliche Belastung gesorgt.“

Besonders rar sind Fachkräfte mit sonderpädagogischer Ausbildung: Sie fehlen nicht nur als Zusatzkräfte an Grundschulen, sondern vor allem an den Förderschulen, wo die verbleibenden Lehrkräfte unter dauerhafter Belastung leiden.

Die GEW fordert deshalb von der Landesregierung, endlich dafür zu sorgen, dass mehr Menschen sich für den Lehrberuf entscheiden – vor allem an einer Grund- oder Förderschule. Grundlegend sei dafür eine angemessene Besoldung (A 13 Z / EG 13 im Einstiegsamt für alle Lehrkräfte); daneben müssten die Studienkapazitäten im Lehramt erhöht werden. Und schließlich dürfe man Quereinsteiger nicht allein lassen: Sie brauchten gute Qualifizierungen, eine vernünftige Bezahlung – und eine Beschäftigung mit langfristiger Perspektive.