Essen. . Mit einem dramatischen Lehrermangel starten die Essener Schulen ins nächste Schuljahr. Allein an den Grundschulen fehlen über 100 Pädagogen.

Die Schulen im Stadtgebiet starten mit einem dramatischen Lehrer-Mangel ins neue Schuljahr. So fehlen derzeit an den 85 Grundschulen insgesamt 106 Lehrer – Krankheiten nicht mitgezählt. Weil an den Grundschulen häufig nur acht bis zwölf Pädagogen arbeiten, macht sich jede unbesetzte Stelle sofort bemerkbar. Die Grundschulen reagieren mit Unterrichtskürzungen und setzen auf Notlösungen – zum Beispiel Quereinsteiger, die eigentlich einen anderen Beruf gelernt haben.

Auch an anderen Schulen fehlen Lehrer in großer Zahl: An den 14 Realschulen im Stadtgebiet sind 25 Stellen unbesetzt, die gleiche Zahl an Pädagogen fehlt an den sieben Gesamtschulen. 37 fehlende Sonderpädagogen müssen die rund 15 Förderschulen in Essen derzeit verkraften. Am wenigsten dramatisch ist die Situation an Gymnasien – an den 23 Schulen sind insgesamt zwölf Stellen nicht besetzt. Diese Zahlen gab die Bezirksregierung am Freitag bekannt.

„Die Situation hat sich sehr zugespitzt“

„Die Situation hat sich sehr zugespitzt“, berichtet Susanne Röder, die Leiterin der Förderschule am Steeler Tor. Grund für den Lehrermangel: „Es gibt einfach kaum Bewerber. Früher meldeten sich auf eine offene Stelle zehn Kandidaten, heute ist es nur noch einer.“ Konsequenz für den Schulalltag: „Unsere Klassen sind größer geworden.“ Was grundsätzlich ein Problem ist, bei Förderschulen aber besonders schlechte Auswirkungen hat – schließlich sind kleine Lerngruppen für Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten, Störungen oder Behinderungen besonders wichtig.

Auch an den Grundschulen leiden vor allem die Kinder unter dem Lehrermangel: „Sie haben oft kein Personal für eine Klassenleitung. Das ist ein Problem, denn Kinder sollten über Jahre hinweg von denselben Menschen unterrichtet werden“, sagt Winfried Bega, Chef der Schule am Wasserturm (Südostviertel) und Sprecher der Essener Grundschulleiter. Zwar würden Quereinsteiger, die keine ausgebildeten Pädagogen sind, bei Fächern wie Sport oder Kunst weiterhelfen können. Doch voll einsetzbar – zum Beispiel als Klassenlehrer – seien sie oft nicht. Weitere Konsequenzen: „Die Stundentafel wird kleiner, es gibt weniger Unterricht.“

Fachfremder Unterricht „keine Ausnahme“

An den Realschulen, berichtet ihr Sprecher Olaf Kehlert (Geschwister-Scholl-Realschule, Borbeck), würden viele Fächer längst fachfremd unterrichtet. „Es ist keine Ausnahme, dass ein Kollege, der eigentlich gar nicht dafür ausgebildet ist, in Klasse sechs Französisch gibt.“ Ansonsten gebe es einen chronischen Mangel in Fächern wie Sport, Physik oder auch Englisch. „Das können wir kaum noch besetzen – und wenn dann noch einer krank wird, geht gar nichts mehr.“ Die Schulen hoffen jetzt, dass sich im November die Lage verbessert – dann sind neue Kandidaten mit ihren Referendariaten fertig. Die Zahl der unbesetzten Stellen an Essener Grundschulen lag im Februar 2018 noch bei 41, im Mai bei 42. Die Pensionierungswelle zu den Sommerferien hat das Problem so verschärft.