Essen-Werden. Der Unterricht am Gymnasium Essen-Werden startete wie gewohnt nach den Ferien. Doch die Überschwemmung hat ihre Spuren hinterlassen.
Aus den Klassenräumen dringen Stimmen, zügig geht es in der Pause auf den Hof, mit den Freunden quatschen – es ist Mittwoch, der erste Schultag nach sechs Wochen Ferienzeit. Alles wie gewohnt am Gymnasium Essen-Werden. Nichts, oder besser fast nichts deutet darauf hin, dass hier vor vier Wochen ein absoluter Ausnahmezustand herrschte.
Die nahe Ruhr hatte in Folge des Sturmtiefs „Bernd“ große Teile des Untergeschosses geflutet, zudem drückte Wasser aus den Kanälen nach oben. Zeitweise gab es einen Wasserstand von bis zu einem Meter. „Von all dem merken die Schüler nichts mehr. Der Unterricht findet ganz normal statt“, sagt Schulleiterin Felicitas Schönau erleichtert.
Instandsetzungsarbeiten im Gebäude erfolgten sehr schnell
Kein Strom, kein Wasser, kein Telefon, Rauch- und Feuermelder sowie Brandmelde-Knöpfe kaputt, Heizung nicht mehr brauchbar, dazu Schlammmassen im Keller, im Ballettsaal vor allem, und große Wasserlachen auf dem Hof: Dieses Bild bot sich am Tag nach der Flutkatastrophe. „Es war ein Schock“, berichtet Felicitas Schönau, die sich zu diesem Zeitpunkt noch im Urlaub in Bayern befand. „Man konnte zuerst gar nichts machen.“ Erst nachdem sich die Wetterlage stabilisiert hatte, eine Schadensbesichtigung durch die Immobilienwirtschaft erfolgte, konnten die Handwerker loslegen.
„Das ging sehr, sehr schnell. Die Instandsetzung hatte oberste Priorität bei der Stadt, dafür bin ich wirklich sehr dankbar“, sagt Felicitas Schönau. Schon nach zwei Wochen funktionierten die wichtigsten Dinge im Gebäude wieder, gab es Telefon und sogar WLAN. „Die Unterrichtsräume waren glücklicherweise nicht betroffen, so dass wir zügig an die Vorbereitung für den anstehenden Schulbeginn gehen konnten.“
Das Wasser stand im Keller bis zur Decke
Froh ist die Schulleiterin vor allem darüber, dass der Schlamm sowie das zerstörte Inventar schnell aus dem Gebäude herausgeschafft wurden. Wobei eine zweistellige Anzahl von Lkw-Ladungen und ebenso viele Container zum Einsatz kamen. In den Kellerräumen des gut 100 Jahren Altbaus sowie des Anbaus aus den 1980er Jahren wurden Wände und Böden insgesamt von der Verkleidung befreit. Noch immer ist es dort feucht.
„Das Wasser stand teilweise bis zur Decke und hat die Fenster von innen gesprengt. So groß war der Druck.“ Unglaubliches habe sich im Tanzsaal des Gymnasiums abgespielt: „Der Boden hat sich derart nach oben gewölbt, dass er das Klavier unter sich begraben hat.“ Das ganze Ausmaß des Schadens in dem über 200 Quadratmeter großen Raum sei aber erst offenbar geworden, als die Schlammmassen abtransportiert waren. „Der Raum muss grundsaniert werden, das wird einige Monate dauern“, konstatiert die Schulleiterin, betont aber gleichzeitig, dass der Tanzunterricht in vollem Umfang stattfinden könne. „Wir weichen dann in die Turnhallen aus, worauf sich dann allerdings die Sportvereine einstellen müssen.“
Alte Abiturarbeiten waren nicht mehr zu retten
Nicht nur Mobiliar wurde bei der Überschwemmung zerstört, es gingen auch Instrumente, Kostüme, Bühnenbilder, Materialien der Rock AG und etliche andere Archivalien kaputt. „Leider waren darunter auch gut 40 Jahre alte Abiturarbeiten, die im Keller lagerten“, bedauert die Schulleiterin. Die mit Tinte geschriebenen Seiten waren nicht mehr zu entziffern.
Schäden durch Hochwasser in Millionenhöhe
Den Schaden unter anderem an Keller, Sicherheits- und Heiztechnik des Gymnasiums Essen-Werden beziffert die Stadt gegenwärtig auf rund eine Million Euro.Vom Hochwasser waren zudem Brehminsel und das Löwental in Werden betroffen. Es gibt Wegschäden durch Aufspülungen, Schäden an Tischen, Bänken, Zäunen, Geländern und Schildern. Auch Kinderspielplätze und der Promenadenweg in Kettwig sind durch das Übertreten der Ruhr beschädigt worden.Auf der Skateranlage Lanfermannfähre kam es zudem zu Schäden an der Asphaltdecke. Der Schaden an den Grünflächen beträgt rund 1,4 Millionen Euro.
„Es ist nun mal passiert, ändern können wir das nicht“, bleibt Felicitas Schönau realistisch. Sie sehe in dem Unglück auch eine Chance, „auszumisten und ganz viel Neues zu schaffen“. Sie habe einen Spendenaufruf in der Elternschaft angestoßen, der bereits positive Resonanz gefunden habe. Überhaupt hätten die Schule zahlreiche Hilfsangebote von Werdenern erreicht.
Viele Aufgaben werden für die kommenden Monate bleiben. Schönau: „Die neuen außenliegenden Sanitäranlagen waren fast fertig. Jetzt können die Firmen wieder von vorne anfangen.“ Die Sanierungsmaßnahmen in den Kellerräumen und letztlich die Installation einer neuen Heizungsanlage werden dem Gymnasium weitere Baustellen bescheren. „Aber wir werden auch das überstehen“, ist sich Felicitas Schönau sicher.