Essen. Beim Hochwasser im Juli hat der Deilbach die Tunnelröhre in Essen-Kupferdreh stark beschädigt. Warum jetzt Industrietaucher zum Einsatz kommen.
Fast im Zeitlupentempo schiebt sich der Deilbach an diesem Mittwochmorgen der Mündung in den Baldeneysee entgegen. Kaum vorstellbar, dass sich derselbe Bach vor nicht ganz vier Wochen in einen reißenden Strom verwandelte und große Teile von Kupferdreh völlig überraschend überschwemmte. Groß-Spediteur Dirk Torwesten hat die Schließung seines bedrohlich unterspülten und teilweise einsturzgefährdeten Betriebsgeländes direkt neben der A 44 mehrfach abwenden können, aber über den Berg ist er längst noch nicht.
Beinahe täglich schauen Experten und Behördenvertreter an der Prinz-Friedrich-Straße nach dem Rechten. „Heute morgen waren Industrietaucher aus Duisburg da“, berichtet Torwesten. Er steht am Rande des großen Kraters, den der Deilbach in der Nacht auf den 15. Juli in das Speditionsgelände gerissen hat und in den ein ganzer Tanklaster immer tiefer hinein sackte.
Tunnelreparatur: Industrietaucher verankern Stahlplatten und verarbeiten Beton
Vorrang hat jetzt aber nicht diese Unglücksstelle, sondern eine weitere Ausspülung, die sie letzte Woche ein Stück weiter in dem verrohrten Deilbach ausfindig gemacht haben. Sie befindet sich im Gewerbegebiet am Atelierhaus direkt unterhalb der Prinz-Friedrich-Straße, die deshalb für den Durchgangsverkehr gesperrt ist. Der städtische Sicherheitsdienst RGE hat zwei Sperren errichtet – Mitarbeiter lassen kein Auto und keinen Lkw durch, nur Fußgänger und Radfahrer. Beschäftigte und Kunden des Gewerbegebiets dürfen aber über einen kleinen Streifen des Speditionsgeländes fahren, der absolut stabil und deshalb sicher ist. Daneben steht die inzwischen ungenutzte Behelfsbrücke, die Bundeswehr-Pioniere aus Ingolstadt eigens errichtet haben.
Auf die Industrietaucher wartet eine anspruchsvolle Aufgabe. Um das ausgespülte Gewölbe zu stabilisieren, müssen sie von der Mündungsseite kommend Stahlplatten in die Tunnelröhre wuchten, sie zur Baustelle schiffen, wieder zusammenschweißen und verankern und schließlich Spezialbeton einbringen, der sogar unter Wasser härtet. „Sobald der Schaden unter der Prinz-Friedrich-Straße in etwa 10 bis 14 Tagen behoben sein dürfte, kann sie wieder für den Verkehr freigegeben werden“, mutmaßt Torwesten. Eine Besonderheit am Rande: Weil im Baustellenbereich Fische gesichtet wurden, trifft das Umweltamt Vorkehrungen, um sie zu schützen. Voraussichtlich werden sie behutsam umquartiert.
Durch den Krater verliert der Spediteur 50 Prozent der Stellplatzfläche
Bleibt also der dickste Brocken, der mittlerweile fast 20 Meter große Krater. Ein Bagger hat das Bett des Deilbachs an der Einsturzstelle inzwischen von Geröll und großen Betonbrocken befreit. Außerdem ist eine halbwegs befestigte Böschung entstanden. „Da rutscht jetzt nichts mehr nach“, so der Spediteur. Lediglich zwei tonnenschwere Betonteile des eingestürzten Gewölbes liegen noch im Wasser.
Der Aushub türmt sich direkt an der Abbruchkante und müsse noch vom Umweltamt untersucht werden, weil er stark nach Benzin rieche. „Sehr wahrscheinlich muss der Aushub zur Sondermülldeponie abgefahren werden.“
Unverändert bleiben die Folgen des Deilbach-Kraters für den Betriebsablauf. „50 Prozent der Stellplatzfläche kann ich auf absehbare Zeit nicht nutzen“, sagt Torwesten. Seine europaweit operierende Flotte zählt mehr als hundert Tanklastwagen.
Von der Stadt erwartet er nun einen Bauzeitenplan, der angibt, in welchem Zeitraum und auf welche Weise sie den Krater zu reparieren gedenkt. Nach gut drei Wochen Krisenmanagement mit Feuerwehr, Ordnungsamt und Umweltamt lobt Dirk Torwesten das Engagement der Stadt. Letzten Sonntag sei auch der OB selbst vor Ort gewesen.