Essen. Schauplatz Grugabad Essen: Die einen verliebten sich in die Wellen, die anderen in einen Popper. Nun gibt es eine Bühne für die Liebeserklärungen

Sie erzählen vom Schwimmen, Springen, Tauchen, vom Himmel, „der weiter ist als in anderen Bädern“, und einer weiß: „An manchen Stellen schwebt man.“ Unter dem Titel „Hommage ans Grugabad“ hat der Verein Grugabad-Freunde Liebeserklärungen an Essens größtes Freibad gesammelt und im vergangenen Sommer mit einer Lesung vorgestellt. Nach dem großen Erfolg bitte man nun erneut um Beiträge von Badegästen, sagt die Vereinsvorsitzende Heide Koch. Vorgestellt werden sie am Sonntag, 29. August, um 16 Uhr auf der oberen Badeplatte von der Schauspielerin Katja Heinrich.

Nacktbaden nach einer durchtanzten Nacht

Das denkmalgeschützte Grugabad wurde 1964 eröffnet, und so schrieb mancher hier das „Tagebuch des Lebens“, wie es Hanns formuliert. Wie so viele, die Beiträge für die erste Hommage schickten, blickt er in seine Kindheit zurück, sieht sich als kleinen Jungen mit Dolomiti-Eis an den Fenstern des Sprungbeckens stehen, den Blick zum Vater, der dem Sohn aus dem Becken zuwinkt: „Wie er nur so tief tauchen konnte.“ Hanns verschweigt nicht, dass er das Bad lange 20 Jahre nicht betreten hat, bevor er zurückkehrte, um Bahnen zu ziehen und Pommes zu essen – mit seinem Sohn.

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Zwischen dem Vater-Sohn-Rollenwechsel erzählt Hanns, wie er als Jugendlicher nachts mit Freunden ins Bad einstieg zum verbotenen Schwimmvergnügen, bis „irgendwann mal die Polizei kam mit Hunden“. Die Besuche seien „tief in der Erinnerungskultur unserer Altherrenabende verankert“. Es dürfte sich um eine kollektive Jugenderinnerung vieler Essener und Essenerinnen handeln. So erinnert sich Elisabeth an eine durchtanzte Nacht, den Wunsch nach Abkühlung, das Klettern über den Zaun, die Schrammen. „Alle ziehen sich nackt aus und springen…“, liegen dann lachend am Sprungturm, sehen den Sonnenaufgang an.

Noch ein bisschen unentschlossen schaut dieser junge Badegast beim Grugabadbesuch mit Mama in den 1960er Jahren.
Noch ein bisschen unentschlossen schaut dieser junge Badegast beim Grugabadbesuch mit Mama in den 1960er Jahren. © Unbekannt | Privat

Natürlich schwingt da Nostalgie mit: Vor 30 Jahren waren wir alle jünger, auch das Grugabad, dessen Duschräume man heute wohlwollend als museal beschreiben kann. Auf knapp 35 Millionen Euro werden die Sanierungskosten geschätzt, weil vor allem die Technik nur eins ist: veraltet. Dennoch hat dieser Schauplatz des Sommers bis heute jugendlichen Charme: „Es gibt keine intakte Kachel, aber alles hat Stil“, notiert Sabine, eine Namensvetterin schreibt von „sommerlicher Freiheit in der Großstadt“, Christoph schwärmt von seinem „Lieblingsort in Essen“. Fiona erlebt eine stille Meditation in geschmeidigen Wasser, Michael eine „Gemeinschaft der Freunde des Grugabades“.

Sprungturm ist noch immer gesperrt

Aktuell ist diese Gemeinschaft klein. Es mag an Corona liegen oder am zaudernden Sommer: Nur im Sportbecken herrscht steter Betrieb. Obwohl Kinder bis zehn keinen Eintritt zahlen, obwohl Ferien sind, fehlt der Trubel, fehlen die jungen Poser, wie sie Brigitta 1986 am Sprungturm sah: Damals habe das „Popper-Deck“ geheißen nach den „angesagtesten Jungs mit ausladendem Pony“. Brigitta und ihre Freundin ließen drei mutlose Jungen auf dem Zehner stehen und sprangen hinab. Weil das reparaturbedürftige Sprungbecken nun in der zweiten Saison geschlossen ist, ist ihrem Neffen heute das Schmerz- und Glücksgefühl verwehrt, das die Tante damals erlebte.

Eine Szene aus den Anfangstagen des Grugabads: Entspanntes Sonnenbad auf der Tribüne – und im Hintergrund tummeln sich die Massen.
Eine Szene aus den Anfangstagen des Grugabads: Entspanntes Sonnenbad auf der Tribüne – und im Hintergrund tummeln sich die Massen. © Unbekannt | Hans Rudolf Uthoff

Bleibt als Trost das Wellenbecken, in dem Berit in ihre Kindheit eintaucht: So lange sei sie früher in den Wellen geblieben, „dass man abends im Bett noch den Wellengang spürte“. Wer eine Liebeserklärung ans Grugabad, die Wellen oder einen Popper nachtragen möchte: Einsendeschluss ist der 15. August.

Lesung am Beckenrand

Die Lesung „Hommage ans Grugabad“ findet am Sonntag, 29. August 2021, um 16 Uhr auf der oberen Badeplatte statt. Schauspielerin Katja Heinrich liest die schönsten Erinnerungen, Anekdoten, Über- und Unterwasser-Fantasien, Wünsche und Visionen rund ums Grugabad.Texte für die Lesung können bis zum 15. August an der Kasse des Grugabades abgegeben werden. Oder sie werden geschickt: per Mail an info@grugabad-freunde.de oder postalisch an: Grugabad-Freunde e.V., Am Grugapark 10, 45133 Essen. Für Badegäste ist die „Hommage ans Grugabad“ kostenlos, wer nur zur Lesung kommt zahlt den regulären Bad-Eintrittspreis (4 Euro, erm. 2,50 Euro). Es gelten die aktuellen Abstands- und Hygieneregelungen der Corona-Schutzverordnung NRW. Das Mitbringen von Decken, Kissen oder Klappstühlen ist erlaubt.