Essen. Essener Gastronomen und Clubbetreiber starten aus Sorge vor vierter Corona-Welle gemeinsame Kampagne. Was hinter der „Initiative Impfen“ steckt.

In Thüringen locken sie mit Bratwurst, und in Köln gab es zuletzt „Drinks gegen Pieks“. Andernorts verwandelten sich ganze Impfzentren zeitweise in Cocktail-Lounges. Die Geselligkeit hielt sich zu den Anlässen erwartungsgemäß in Grenzen. Aber es soll ja wieder zurückkommen, das unbeschwerte Leben. Wer will im Herbst schließlich nicht mal wieder tanzen gehen oder endlich die zigfach verschobene Betriebsfeier planen? Doch die befürchtete vierte Welle macht auch der Essener Club-, Event- und Gastroszene Sorgen. Die Akteure werben in diesen Tagen allerdings nicht mit Bratwurst und Bloody Mary für eine höhere Impfbereitschaft, sondern mit einem gemeinsamen Social-Media-Auftritt. Während die Debatte über Sanktionen für Nichtgeimpfte an Fahrt aufnimmt, setzen sie dabei ganz auf die Solidarität ihrer Kundschaft. Am Wochenende soll die Kampagne online gehen. Auch ein Video ist geplant.

Auch interessant

Knapp 20 Essener Gastronomen und Club-Besitzer haben sich der Aktion fürs erste angeschlossen. „Musikpaletten“-Betreiber Klaus Koch ist ebenso dabei wie „Heimliche Liebe“-Chef Stefan Romberg, Roman Weiler vom Delta-Musik-Park und Sternekoch Nelson Müller, „19 Down“-Clubbetreiber Bastian Herzogenrath und Rolf Krane von der Interessengemeinschaft Rüttenscheid.

Wie lange muss die Event- und Gastrobranche noch mit Einschränkungen kämpfen?

Sie alle sind mit ihrem Porträtbild Teil der Kampagne, die vor allem eine Botschaft nach außen schicken will: Bitte macht mit, damit unsere Läden auch im Herbst geöffnet bleiben können. „Eine hohe Impfquote ist derzeit der beste Schutz, um sicherzustellen, dass wir unser Leben so normal wie möglich weiterlaufen lassen können“, sagt Terdisch. Man könne und wolle natürlich niemanden zwingen, „aber für uns ist es existenziell wichtig“. Ansonsten müsste die Veranstaltungs- und Gastrobranche vielleicht noch ein halbes Jahr oder mehr mit drastischen Einschränkungen kämpfen. Längst geht es für viele Betriebe dabei ums wirtschaftliche Überleben.

Aktion der „Initiative Impfen“ soll kein politisches Statement sein

Terdisch ist sonst unter anderem Organisator gastronomischer Großereignisse wie dem Oktoberfest und Geschäftsführer der Veranstalterfirma BRT. In der Vergangenheit hat sich der Gastronom auch durchaus kritisch mit den Corona-Regeln befasst und für mehr Augenmaß in der Krise geworben. Die private Meinung spiele in dieser Gemeinschaftsaktion aber keine Rolle, auch solle die aktuell gestartete Kampagne in keiner Weise „auf eine politische Schiene“ gezogen werden. Terdisch spricht allein von einem „Denkanstoß“, der sich an all jene richtet, die das Nacht- und Ausgeh-Leben in naher Zukunft wieder genießen möchten.

Essener Gastronomen und Clubbetreiber stehen hinter der „Initiative Impfen“.
Essener Gastronomen und Clubbetreiber stehen hinter der „Initiative Impfen“. © Fotocruz Initiative Impfen

Denn auf Ungeimpfte könnten in den nächsten Monaten Einschränkungen zukommen. Diskutiert wird mittlerweile nicht nur, die Corona-Tests ab Herbst nicht mehr kostenlos zur Verfügung zu stellen. Im Raum steht auch der Vorschlag der Bundesregierung, bei weiter steigenden Inzidenzwerten von der 3G-Regelung (vollständig geimpft, genesen oder negativ getestet) auf einen 2G-Modus umzusteigen, sprich: Menschen, die nicht von Corona genesen oder vollständig geimpft sind, könnte dann der Besuch von Kultur-Veranstaltungen, Fußballstadien oder Restaurants verwehrt werden.

Weitere Mitstreiter willkommen

Die „Initiative Impfen“ freut sich über weitere Mitstreiter.

Wer sich an den weiteren Aktionen der Essener Club-, Event- und Gastroszene beteiligen möchte, kann sich unter info@brt-event.de melden.

Eine Regelung, die für die ohnehin schon schwer gebeutelten Gastronomen ein weiterer herber Rückschlag wäre. „Viele Wirte und Veranstalter sagen: Wenn ich nur die Hälfte der Platzkapazität nutzen darf, brauche ich im Winter erst gar nicht aufzumachen“, berichtet Terdisch.

Auch interessant

Auch „Musikpaletten“-Betreiber Klaus Koch fürchtet die Folgen wieder steigender Corona-Zahlen. Im vergangenen Herbst hatte die Essener Traditions-Disco Insolvenz anmelden müssen. Nun plant Koch zusammen mit seinem Sohn Nikolai den Neustart. Derzeit laufen die Umbauten, Ende August soll die beliebte Location für Generationen von Tanzwütigen in Essen wieder startbereit sein. Ob der alte Musikpaletten-Slogan „voller, lauter, heißer“ allerdings bald wieder seine Gültigkeit hat, dürfte noch fraglich sein. „Wir werden nur uneingeschränkt aufmachen können, wenn viele Leute geimpft sind“, sagt Koch.