Essen. Thomas Terdisch sieht für die Zukunft der Gastro-Branche schwarz. Das liege an einer Politik, die in der Corona-Krise oft panisch gehandelt habe.
Neben der Veranstaltungsbranche ist es die Gastronomie, die in der Corona-Krise wirtschaftlich den höchsten Preis zu zahlen hat, und obwohl die Lockerungsdebatte mittlerweile bei Restaurants und Kneipen angekommen ist, ist die Zukunft vieler Wirte ungewiss – auch in Essen. Ist das nun Schicksal oder Folge einer falschen Politik, die übertrieben auf die Corona-Gefahr reagierte? Einer, der den Lockdown sehr kritisch sieht, ist Thomas „Ted“ Terdisch, Immobilien- und IT-Unternehmer, nebenbei seit rund 15 Jahren auch Gastronom und Veranstaltungsmanager, und als solcher eine bekannte Figur in Essen.
An einer breiten Durchseuchung führe kein Weg vorbei
Terdisch ist nach wie vor der Meinung, dass an einer breiten Durchseuchung der Bevölkerung kein Weg vorbeiführt, auch wenn dies zumindest zu Anfang der Pandemie unstreitig mehr Todesfälle verursacht. In keinem betroffenen Staat ist diese Theorie in Reinkultur Programm, auch wenn es mit Schweden nach wie vor ein Land gibt, das Ansätze davon zulässt – zum Beispiel, indem die Gastronomie nie schließen musste.
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Für Terdisch genau der richtige Weg, der allerdings mehr Mut und Einsicht in das Unabwendbare erfordere: „Wir in Deutschland werden auch irgendwann zu höheren Totenzahlen kommen, nur langsamer, weil die Immunisierung länger dauert“, glaubt er. Sein Plädoyer: Da der Lockdown nicht nur zu schweren wirtschaftlichen Verwerfungen, sondern indirekt und langfristig ebenfalls zu gesundheitlichen Problemen führe, solle man wie die Schweden kurzfristig mehr Risiken eingehen und das öffentliche Leben soweit wie möglich zulassen.
Im „Plan B“ will man sich nahekommen - das geht nicht mit 1,50 Meter Abstand
Das gelte auch für die Gastronomie, für deren Zukunft Terdisch trotz der ab 11. Mai möglichen Wiedereröffnung unter den Bedingungen der Kontaktreduzierung ziemlich schwarz sieht. Bestes Beispiel sei seine Kneipe „Plan B“ an der Rüttenscheider Straße, in guten Zeiten eine der bestbesuchten Gaststätten dieser Art in Essen. „Das läuft aber nicht mit 1,50 Meter Abstand zueinander“, sagt Terdisch. Ganz im Gegenteil gingen die Leute ins Plan B, um anderen, auch fremden Menschen, nahezukommen, und wer hier jemals an einem Wochenendabend vorbeigekommen ist, weiß, dass Terdisch nicht übertreibt. „Wir arbeiten gerade an einem Konzept, um zumindest teilweise zu öffnen“, sagt der 53-Jährige. Ob sich das wirtschaftlich rechnet, sei aber offen.
Der Unternehmer verkennt nicht die Gefahren des Virus, plädiert angesichts der seiner Meinung nach letztlich niedrigen Todeszahlen aber für Augenmaß. „Wir reden über eine Letalität von 0,38 Prozent. Wer das Risiko eingehen will, mit anderen zu feiern, soll das auch machen dürfen – zumindest solange, wie das Gesundheitssystem im Notfall noch aufnahmefähig ist.“
Deutschland lasse sich in ein ökonomisches Desaster treiben
Viele werden das zynisch finden, Terdisch hält es unter den Gesamtumständen für rational, zumal er für die umstrittene Handy-App plädiert, die anzeigt, ob jemand im Raum ist, der infiziert ist. Andere wären dann gewarnt. „Ich halte es für fatal, dass die Datenschützer solche Techniken bisher verhindern“, sagt der IT-Fachmann.
Dass sich Deutschland von einseitig argumentierenden Virologen in ein „ökonomisches Desaster“ treiben lasse und dass Medien – wie Terdisch meint – ob gewollt oder nicht Panik schüren, sei ein Verhängnis. Der Staat gebe mit vollen Händen Geld aus, das die Menschen werden zurückzahlen müssen, vielfach werde bittere Armut die spätere Folge sein.
Auch das Gesundheitswesen kenne finanzielle Grenzen
Er sieht es so: „Wenn ich als Unternehmer ein Problem habe und die Lösung nur Ingenieuren überlasse, ist das Problem vielleicht gelöst, aber die Firma pleite.“ Deshalb brauche der Ingenieur zwingend einen Finanzfachmann an der Seite. So ähnlich sei es im Gesundheitswesen auch. „Wer so tut, als gäbe es für den Erhalt menschlichen Lebens keine finanzielle Obergrenze, gibt sich einer Illusion hin.“
Die Möglichkeiten seien in Deutschland zwar weit besser als in vielen anderen Ländern, aber keineswegs endlos, wie es mehr als nur suggeriert werde. Es sei jedenfalls unzumutbar, dass ein ganzes Land ökonomischen Selbstmord begehe, um jeden retten zu können.
Das Oktoberfest will Terdisch noch nicht aufgeben, „Rü Genuss pur“ hingegen schon
Thomas Terdisch ist auch Organisator der Gastro-Meile „Rü Genuss pur“ und des Rüttenscheider Oktoberfestes am Flughafen. Während er der Gastromeile im August keine Chance mehr gibt, will er am Oktoberfest erst einmal festhalten – auch wenn das Original in München bereits abgesagt ist. Dass trotz Corona die Bude voll würde, daran hat er – Stand jetzt – keinen Zweifel. „Der letztmögliche Termin, an dem wir uns entscheiden müssen, ist der 20. August“, sagt er. „Und so lange halten wir das offen.“