Essen. Kulturort mit breitem Angebot und Café: Das neue AmVieh-Theater in der Essener City-Nord will nicht nur Bühne, sondern auch Netzwerk-Platz sein.

Essens neues AmVieh-Theater steht mitten in der Essener Nordcity; keine Arena mit imposantem Zuschauer-Rund und ansteigenden Sitzreihen. Geschrieben wird Essens jüngstes Theater schließlich auch nicht mit ph sondern mit V wie Viehofer Platz. Nur einen Steinwurf entfernt von Essener Ausgeh-Adressen wie der Rockdisco Turock und dem Café Nord haben Eva Zitta und Dominik Hertrich für ihr AmVieh-Theater ein leerstehendes Ladenlokal am Viehofer Platz 19 angemietet. Am Wochenende, 17./18 Juli, geht das neue Zimmertheater mit einer Eröffnungsperformance an den Start.

Das AmVieh-Theater, das ist zuerst einmal neue Heimat des hauseigenen Theaterkollektivs DispoDispo! e. V. Rund zehn Mitglieder zählt der 2018 gegründete Verein bislang, neben Regisseurin Eva Zitta und Schauspieler Dominik Hertrich gehören auch Autoren, Musiker und Bühnenbildner dazu. Erste Auftrittserfahrungen hat DispoDispo! schon gesammelt. Mit Auftritten im Rüttenscheider Katakombentheater, im Dortmunder Theater im Depot oder beim Theaterfestival Gladbeck, wo es für die Inszenierung von „Eine Sommernacht“ 2019 den 1. Preis für kulturelles Wirken in Gladbeck gab.

Die kleine Bühne soll auch Gästen aus der freien Szene zur Verfügung stehen

Nach längerem Bühnen-Tingeln hat das Theaterkollektiv mittlerweile aber nach einem festen Platz gesucht – und ihn in der Nordstadt gefunden. Gleichwohl will man mit dem AmVieh-Theater eher Mauern einreißen als aufbauen. Sprich: Das Haus versteht sich als offener Arbeits- und Netzwerk-Ort und kann auch von Gästen aus der freien Szene des Ruhrgebiets bespielt werden.

Lese-Reihe und Theater

Unter dem Motto „DispoDispo! liest“ gibt es bis Jahresende verschiedene Veranstaltungen. Mit Wolfgang Borcherts „Draußen vor der Tür“ beschäftigen sich Christian Freund und Dominik Hertrich am 7. August, 20.15 Uhr. Texte von Edgar Allen Poe, Rainer Maria Rilke und Charles Baudelaire verbinden sich am 25. September, 19.30 Uhr, zu einer Collage aus Wort und Ton.

„Eine Sommernacht“ ist am 21./22./25./27./28. und 29. August in der Borbecker Dubois-Arena zu sehen. Das Stück wird im Rahmen des „Essener Kultursommers“ gezeigt. Tickets unter www.amvieh-theater.com.

Gefördert werden die Projekte des Theaterkollektivs DispoDispo! im AmVieh-Theater durch die Kulturstiftung Essen, das Kulturamt der Stadt Essen und die Allbau Stiftung.

So ist das AmVieh-Theater mehr als eine kleine Studiobühne, sondern Probenraum für eigene Produktionen, aber auch Workshop-Adresse, Veranstaltungs- und Begegnungsort und ein Spielort mit angeschlossenem Cafébetrieb. Geöffnet hat der vorerst zwar nur rund um die Veranstaltungen – dazu gehört auch eine feste Lese-Reihe – doch das Konzept soll sich in den nächsten Monaten fortwährend entwickeln. Dominik Hertrich kann sich eine vielfältige Bespielung vorstellen von Film- und Musikabenden über Kindertheater bis zu Workshops und einem Weihnachtsstück. Zwei Uraufführungen hat DispoDispo! schon für den Herbst geplant, „Hoppla Apokalyptiko 2020 ff.“ und „Requiem für“.

Mit dem Stück „Eine Sommernacht“ wechselt man im August sogar auf die große Bühne. Im Rahmen des Essener Kultursommers soll das Stück vom 21. bis 29. August gleich sechs Abende lang in der Borbecker Dubois-Arena laufen. Die „Liebeskomödie mit Tiefgang“, wie Zitta das Stück mit Musik über eine erfolgreiche Scheidungsanwältin und einen Kleinganoven nennt, muss sich dann vor Open-Air-Publikum bewähren.

Für den neuen Bühnenboden wurde eine Spendenkampagne gestartet

Eine von vielen Herausforderungen, die das Theater-Duo in diesen Tagen angenommen hat. Vieles davon in dem Vertrauen, dass sich schon Lösungen finden lassen, wenn schwierige Aufgaben anstehen. Wie der Austausch des maroden Bühnenbodens, der am Ende mit Hilfe einer Spendenkampagne „Boden unter den Füßen“ erneuert werden konnte. Hohe Fenster und ein frischer Anstrich laden nun ins AmVieh-Theater ein.

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Es sei eine bewusste Entscheidung gewesen, in die City Nord zu gehen, sagt Eva Zitta, die selber einige Zeit im Generationenkulthaus an der Viehofer Straße gewohnt hat und das Viertel und auch seine Probleme gut kennt. Die Regisseurin spricht von einer „reizvollen Aufgabe“, anders als in Rüttenscheid sei die freie Theater-Szene im Nordviertel längst nicht so repräsentativ vertreten. Unterstützung gibt es dabei auch von der Allbau-Stiftung, die seit längerem versucht, die Essener Nordcity auch mit Kunst weiter aufzuwerten. Das AmVieh-Theater könnte dabei ein weiterer Baustein sein.