Essen. Mit Oscar Wilde auf der Suche nach einem Ernst fürs Leben: Wie Susanne Lietzow die Komödie in neuer Fassung und mit Musik in die Gegenwart holt.

Gut, dass Bühnen-Blumen unvergänglich sind. Ein Jahr wartet das üppig-wuchernde Grün – mit dem Susanne Lietzow ihre Grillo-Inszenierung ausstattet – nun schon darauf, zum Einsatz zu kommen. Am 5. Juni gibt es endlich grünes Licht für „Bunbury – Ernst ist das Leben“. Das Schauspiel Essen zeigt Oscar Wildes rasante Komödie um Mehrdeutigkeit der Sprache, Wahrheit, Lüge und den oft vermissten Ernst in der deutschen Fassung von Elfriede Jelinek (Übersetzung Karin Rausch). Und Lietzow verspricht nach monatelangem Theaterentzug ein Feuerwerk von Witz und Bonmots: „Wir zünden hier eine Lustbombe!“

Für die Proben zu „Bunbury“ ist Theaterregisseurin Susanne Lietzow schon vor Monaten nach Essen gekommen. Erst jetzt kann die Premiere gefeiert werden.
Für die Proben zu „Bunbury“ ist Theaterregisseurin Susanne Lietzow schon vor Monaten nach Essen gekommen. Erst jetzt kann die Premiere gefeiert werden. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Wenn sich zwei Österreicherinnen über die berühmte und bitterböse Vorlage des Bühnenautors Wilde beugen, dann bekommt der bekannte Stammesvertreter des Dandyismus einen neuen Sound. Jelineks Fassung wird mittlerweile an vielen Häusern gespielt. Sie schraube Wildes Wortspiele bisweilen eine aberwitzige Umdrehung weiter, erklärt Lietzow: „Da haben sich zwei Sprachgenies gefunden.“ Die österreichische Literatur-Nobelpreisträgerin habe allerdings auch die Frauenfiguren im Stück gestärkt, „das war mir wichtig.“

Spiel mit falschen Identitäten

Im Mittelpunkt aber steht – ein erfundener Ernst. Zwei Damen wollen ihn zum Ehemann, während ihre echten Verehrer alles andere als ernsthafte Anwärter sind. Die beiden Lebemänner Algernon und Jack führen vielmehr ein ausschweifendes Doppelleben. Um ihre abenteuerlichen Ausflüge zwischen Stadt und Land organisieren zu können, haben sich jeweils eine Alibi-Figur erschaffen. Algernon erfindet einen kranken Freund namens Bunbury auf dem Land, Jack kümmert sich angeblich um seinen leichtlebigen Bruder Ernst in der Stadt. Als das Spiel mit den falschen Identitäten auffliegt, gerät das fein austarierte Lügenkonstrukt erheblich ins Wanken.

Heuchelei, Oberflächlichkeit und Selbstdarstellung

Als „oberflächliche Komödie für ernsthafte Leute“ wird das Wilde-Stück angekündigt, bis heute der größte Erfolg des britischen Autors, der kurz nach der Uraufführung 1895 wegen seiner Affären mit Männern inhaftiert wurde und fünf Jahre später starb. „Bunbury“ wurde ein Klassiker. Denn die von ihm behandelten Themen wie Heuchelei, Oberflächlichkeit und Selbstdarstellung weisen – zumal in Jelineks sprachlich modernisierter Fassung – problemlos in die Jetztzeit. Bunburyismus ist eben zeitlos.

Auch interessant

Für Susanne Lietzow, selber mit einer „absoluten Affinität zu britischem Humor“ ausgestattet, war die mit Wortwitz und messerscharfen Pointen ausgestattete Komödie deshalb ein Wunschstück: „Bunbury wollte ich schon immer machen.“ Ihre Figuren lässt sie in einem herrlich künstlichen und zeitlosen Setting, einem „Jeff-Koons-artigen-Blumenwahnsinn“ agieren, den Bühnenbildner Aurel Lenfert kreiert hat. Dazu kommen zahlreich eingestreute Gesangsnummern (Komposition: Gilbert Handler). Für die in Innsbruck geborene Lietzow, die zunächst eine Modeschule besucht, in New York Bildhauerei studiert und eine Schauspielausbildung absolviert hat, ist Theater schließlich ein Gesamtkunstwerk. „Es verbindet alle Kunstformen: Licht, Sprache, Musik, Bühne.“

Hier gibt’s Tickets

„Bunbury – Ernst ist das Leben“ feiert am Samstag, 5. Juni, 19.30 Uhr Premiere im Essener Grillo-Theater. Weitere Termine: 10. 12. und 27. Juni sowie 1./2. Juli.

Die Aufführung dauert etwa zwei Stunden, es gibt keine Pause. Der Besuch ist für Zuschauer mit einem negativen Schnelltest, für vollständig Geimpfte oder nachweislich Genesene möglich. Um die Abstandsregeln einzuhalten, wird aktuell nur ein Viertel der Plätze im Theater besetzt.

Karten im Ticket-Shop der Theater und Philharmonie, II. Hagen 2, telefonisch unter 8122-200 sowie online unter www.theater-essen.de

Prallkomisches Theater, findet Lietzow, sei gerade in diesen Zeiten ein Geschenk. Und in Essen kommt es ab Samstag herrlich schrill verpackt daher. Mit „Bunbury“, finden sie im Theater Essen, habe es Oscar Wilde schließlich geschafft, der Dekadenz der Ladies and Gentlemen seiner Zeit ein literarisches Denkmal zu setzen, das er gleichzeitig ins Lächerliche zieht. Und so reicht für den Sockel der Upper-Class-People manchmal auch ein Blumentopf.