Essen. Die Ruhrfestspiele zeigen das Stück „Arbeiterinnen / Pracujace kobiety“: Ein dokumentarisches Film-Theater-Projekt des Kollektivs „werkgruppe 2“.

Dies sind ihre Werkzeuge, ihr Kapital. Wir sehen in Großaufnahme Fingernägel, die abgekaut sind oder künstlich glänzen, wir sehen Schwielen, Altersflecken, Eheringe. Die Hände sind das erste, was die Kamera von diesen sechs Arbeiterinnen einfängt: drei Frauengenerationen in Deutschland und Polen, Mütter und Töchter, Omas und Enkelinnen, die in ihrer jeweiligen Sprache sprechen und weit entfernt voneinander. Die sich aber dennoch in einer Unterhaltung befinden, einander antworten, sich ergänzen, unterbrechen. Die gleichzeitig am Herd stehen und im Badezimmer vor dem Spiegel, die Protestplakate malen und am Ende, dies bisschen Pathos sei verziehen, gemeinsam einsam mit einem Megafon am Fenster stehen.

Gemeinsam mit dem Schauspiel Essen und dem Teatr Polski in Breslau

„Arbeiterinnen / Pracujace kobiety“ heißt der eindrückliche Theaterfilm des Kollektivs „werkgruppe 2“. Gemeinsam mit dem Schauspiel Essen und dem Teatr Polski in Breslau hat Regisseurin Julia Roesler ein Format entwickelt, das aus Gesprächen mit realen Frauen (die teils am Ende des Films zu sehen sein werden) Frauenfiguren entwickelt, die das Schicksal ihrer Generation spiegeln. Da gibt es Flüchtlingsmädchengeschichten und die Bergarbeiter-Witwe, die acht Kinder zur Welt gebracht hat. „Schichtdienst ging ja nicht mit Kind“, erinnert sich eine alleinerziehende Mutter. Eine andere fragt: „Was macht ihr, wenn das Geld nicht bis zum Monatsende reicht?“ Sie liegt in der Wanne und rasiert sich die Beine, nur nicht noch aussehen wie „ein Hartzer“.

Es geht um Streiks, Gewerkschaften, um Europa und um Politik

Dies sind Frauen, die Kühlschränke gebaut haben, die im Akkord gelötet haben, „so richtig auf Zeit“. Ihre Firmen gingen pleite („Strukturwandel“ lautet die Überschrift), oder sie erhielten die Kündigung, weil sie krank wurden. Es geht um Streiks, Gewerkschaften, um Europa und die Frage, warum die nationalistische Prawo i Sprawiedliwość (PiS) so großen Zulauf hat (die Antwort: das Kindergeld).

Wann warst du das letzte Mal im Urlaub, fragt eine der Frauen, und pustet sich mit dem Ventilator die Haare aus der Stirn. „Vor acht oder neun Jahren“, sagt eine andere und tunkt einen Fuß in eine Bodenvase voll Wasser. Was diese Frauen gelernt haben vom Leben? „Dass ich mich nur auf mich verlassen kann.“

Stream bis 30.5.: ruhrfestspiele.de. Live am Theater Essen 30./31. 10.