Essen. Essens älteste Realschule will bald Helmut-Rahn-Schule heißen. Warum der WM-Torschütze von 1954 nach Ansicht der Schule ein guter Namensgeber ist.
Die Realschule Essen-West will sich in Helmut-Rahn-Realschule umbenennen. Das soll der städtische Schulausschuss am 9. Juni beschließen. Damit wäre die traditionsreiche Schule im Stadtteil Frohnhausen eine von nur wenigen Schulen bundesweit, die sich dazu entschlossen haben, den Namen eines Fußballers zu tragen.
Der Bergmannssohn Helmut Rahn (1929 – 2003) schoss im Finale der Weltmeisterschaft 1954 das 3:2 gegen Ungarn: Ein Siegtor, das einen deutschlandweiten Freudentaumel auslöste und dafür sorgte, dass das Spiel als „Wunder von Bern“ in die Geschichtsbücher einging. Rahn, der unter anderem für die Sportfreunde Katernberg, Rot-Weiss Essen, MSV Duisburg und den 1. FC Köln spielte, verbrachte sein gesamtes Leben im Stadtteil Frohnhausen, trotz zeitweise hoch dotierter Profi-Angebote aus dem Ausland.
„Die Haltung von Rahn passt gut zu unserer Schule“
„Die Haltung von Helmut Rahn passt gut zu unserer Schule und unseren Schülern“, sagt Rita Numsen-Williams, die Leiterin der Realschule Essen-West. „Deutschland war bei der WM 1954 krasser Außenseiter, das erste Spiel gegen Ungarn war drei zu acht verloren gegangen, und im Finale lag man schon null zu zwei zurück. Helmut Rahn steht für Mut, Teamgeist und den Willen, sich nicht unterkriegen zu lassen.“
Essens älteste Realschule, die seit 103 Jahren existiert, arbeitet seit etwa zwei Jahren an der Umbenennung; der offizielle Taufakt soll vermutlich nach den Sommerferien stattfinden. „Die Familie“, heißt es in der Beschlussvorlage für den Schulausschuss, „ist einverstanden.“ Rahns Angehörige wollen sich öffentlich aber erst nach der Entscheidung des Gremiums äußern.
Schulen tragen bislang nur sehr selten den Namen von Fußballern – in Düsseldorf wurde im vergangenen Sommer die Toni-Turek-Realschule eingeweiht. Auch Turek gehörte zum Weltmeister-Team 1954. In Herne steht die Hans-Tilkowski-Hauptschule. Tilkowski, ab 1956 Bestandteil der Fußball-Nationalmannschaft, spielte lange für den Club Westfalia Herne.
„Die Verwurzelung im Stadtteil zählt“
Oft heißen Schulen nach Goethe oder Schiller: „Das ist uns zu groß“, sagt die Schulleiterin. „Außerdem zählt die feste Verwurzelung von Helmut Rahn in seinem Stadtteil. Er hat viel getan, sich ehrenamtlich engagiert und das alles nie an die große Glocke gehängt.“
„Tor des Jahrhunderts“
Helmut Rahns Siegtreffer zum 3:2 wurde später zum „Tor des Jahrhunderts“ gewählt.
Seit dem Kulturhauptstadt-Jahr 2010 sind die Worte des Radioreporters Herbert Zimmermann an Brücken verewigt, die über die A40 reichen. Wer in Richtung Dortmund unterwegs ist, kann im Vorbeifahren die berühmten Sätze lesen: „Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen“, „Rahn schießt“, „Tooor, Tooor, Tooor, Tooor!“
Sport-Kenner bezeichnen Rahn durchaus als Jahrhundertfußballer – dass in Essen bislang keine Straße und kein Platz offiziell nach ihm benannt wurden, hat seine Gründe: „Die Stadtteilpolitiker rissen sich nach seinem Tod förmlich darum, eine Straße in ihrem Bezirk nach Rahn zu nennen“, erinnert sich Christian Hülsmann, ehemaliger Stadtdirektor und Sport-Dezernent der Stadt Essen zwischen 2004 und 2010. In Absprache mit der Familie habe man sich dann Anfang 2010 darauf geeinigt, die Bezirkssportanlage an der Raumerstraße in Frohnhausen in „Helmut-Rahn-Sportanlage“ umzubenennen. Auch hier habe die Nähe zu Rahns Wohnort eine große Rolle gespielt.
2014 weihte man eine Bronze-Statue von Helmut Rahn direkt vor dem Stadion an der Hafenstraße ein. Und in der Friesenstube, einer Kneipe an der Frohnhauser Straße, in der Rahn regelmäßig zu Gast war, hat man eine ganze Ecke dem Fußballer gewidmet – vor allem mit alten Fotos. „Viele unserer älteren Stammgäste“, sagt Friesenstuben-Wirt Michael Klaus, „erinnern sich noch an ihn.“
Rahn errang auch durch einige Eskapaden zumindest zeitweise einen etwas fragwürdigen Ruf. Alkohol spielte dabei eine Rolle. Aber: „Wer von uns ist bitteschön ohne Fehl und Tadel?“, fragt die Schulleiterin Rita Numsen-Williams. Auch Christian Hülsmann ist davon überzeugt, dass Rahn „eine große Persönlichkeit war, einer, der stets Haltung bewies, und von dem viel mehr geblieben ist als allein das Tor 1954“.