Essen-Bergeborbeck. Der Abschied von St. Johannes Bosco fällt schwer. Viele Gläubige verknüpfen Erinnerungen mit der Kirche, die nun nicht mehr genutzt wird.
Die letzte Messe in St. Johannes Bosco ist gelesen, die Anteilnahme an der Entweihung der Kirche in Bergeborbeck ist groß. Die Gemeinde wird das Gebäude nicht mehr nutzen. Was damit und mit dem Gelände passiert, ist derzeit offen.
„Corona hat uns auch bei den Gesprächen mit dem Investor einen Strich durch die Rechnung gemacht“, erklärt Pfarrer Benedikt Ogrodowczyk. „Der Interessent ist noch immer da, aber es gibt noch keinen Beschluss oder konkrete Pläne, die wird vermelden könnten.“
Eine zeitliche Prognose für den Abriss gibt es nicht

Allerdings glaubt er kaum, dass das Kirchengebäude erhalten bleiben kann: „Das würde eine mögliche Nutzung des Geländes – in welcher Form auch immer – wohl zu sehr einschränken.“ Doch auch in Sachen Abriss gibt es noch keine zeitliche Prognose: Im Fall St. Morus in Vogelheim hieß es, die Kirche werde im September 2018 abgerissen. „Doch das war dann erst im Winter 2019 der Fall“, erklärt Pfarrer Ogrodowczyk. „Daher sind wir mit Vorhersagen nun eher vorsichtig.“
Rund 80 Katholiken haben am 30. Mai den letzten Gottesdienst an der Theodor-Hartz-Straße besucht, mindestens genauso viele die Live-Übertragung im Internet verfolgt. Der Abschied vom langjährigen Standort fällt den Menschen in der Gemeinde nicht leicht.
Heilige Messe ist geprägt von Trauer und Zuversicht

Auch die Abschiedsmesse war wegen der Pandemie um ein volles Jahr verschoben worden: Die ersten greifen bei der Abschlusspredigt von Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck zum Taschentuch, der versucht Mut zu machen: „In der Tat ist etwas zu Ende und etwas Neues beginnt. Aber eines bleibt, die Beziehungen und die Liebe.“
Auch bei der Abschiedsrede des Pfarrers sind viele zu Tränen gerührt. „Wir haben hier Fußspuren hinterlassen. Fußspuren gehen aber auch weiter. Das werden wir bei unserem Umzug merken“, so Benedikt Ogrodowczyk, der sich mit seiner Wortwahl auf die bunten Fußabdrücke aus Pappe bezieht, die symbolträchtig an den Innenwänden der Kirche hängen.
Denn die Wehmut der Gemeinde steht ihr an diesem Tag, im wörtlichen Sinn gemeint, nicht nur im Gesicht geschrieben. Auch auf die einzelnen Pappstücke haben die Mitglieder ihre persönlichen Abschiedsworte geschrieben. „Ihr nehmt mir meine Heimat“, steht auf einem dieser Schilder und auf einem anderen etwas zuversichtlicher: „Niemals geht man so ganz. Alles hinterlässt Spuren. Wir alle – Glück auf.“
Eine Woche lang hatten sich die Mitglieder in mehreren Gottesdiensten von ihrer Kirche verabschiedet. Ein Abschied mit großer Trauer, aber nicht mit Wut, wie Pfarrer Ogrodowczyk es beschreibt. Er selbst kann sich nur zu gut in die Seelen der Besucher hineinversetzen. „In meiner Heimatgemeinde in Bottrop habe ich im Jahr 2018 ähnliches erleben müssen.“
Kirchen in der Umgebung nehmen Gemeinde herzlich auf

Als die Türen des Kirchgebäudes in Bergeborbeck dann ein letztes Mal schließen und auch die Glocken ein letztes Mal als Lebewohl läuten, fühlt sich Monika Schuler „total leer.“ Die 70-Jährige verbindet mit der St. Bosco Gemeinde eine ganze Lebensgeschichte. Von klein auf besucht sie mindestens einmal pro Woche den Gottesdienst. Mit zwölf Jahren trägt sie die Fahne bei der Grundsteinlegung des 1964 errichteten Gebäudes. „Hier habe ich geheiratet, meine Töchter hatten hier Kommunion und wir haben meinen Mann hier beerdigt“, erzählt die Borbeckerin mit Tränen in den Augen. Nach der Profanierung macht sich die St. Bosco Gemeinde samt Ehrengarde in einer Prozession auf den Weg zum Kirchplatz in Borbeck.

Den Trauerweg treten Magdalena und Theodor Przybylski Hand in Hand an. „Vom Verstand her ist das natürlich nur ein Gebäude. Aber emotional ist es für uns ein Ort, der uns beheimatet hat“, erzählt die 72-Jährige. Das Paar war der St. Bosco Gemeinde beigetreten, als ihre Söhne im gleichnamigen Gymnasium eingeschult wurden. „Einer der beiden ist mittlerweile als Pfarrer in Bayern am Chiemsee tätig“, fügt ihr 80-jähriger Ehemann hinzu.
Glocken läuten im Takt der Prozession
Zwei weitere Optionen
Die Gläubigen der St. Johannes Bosco-Gemeinde wurden in der Dionysius-Pfarrkirche mit offenen Armen empfangen.
Alternativ bieten sich der Gemeinde künftig zwei weitere Optionen im näheren Umfeld: Das St. Johannesstift der Salesianer in Borbeck und die St. Fronleichnam Kirche in Bochold halten ebenfalls die Pforten offen.
In der Borbecker Innenstadt angekommen werden die Mitglieder mit Willkommensschildern in der Hand von der St. Dionysius Pfarrei empfangen, während die Glocken zum Takt des Fußmarsches läuten. Die Prozession ist zuende, aber es ist auch ein Neubeginn.
+++ Damit Sie keine Nachrichten aus Essen verpassen: Abonnieren Sie unseren WAZ-Newsletter. +++