Essen. Instruktion aus Rom gehe an der Realität vor Ort vorbei, kritisiert der Ruhrbischof. Vatikan will, dass allein Priester Gemeinden führen dürfen.

Auf offenen Zorn und Ungehorsam ist bei den deutschen Bischöfen eine überraschend veröffentlichte Instruktion des Vatikans gestoßen. Trotz der päpstlichen Anweisungen werde das Bistum Essen „seinen umfassenden Erneuerungsprozess in den Pfarrgemeinden fortsetzen“. Das stellte Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck in einer ersten Reaktion ausdrücklich klar.

Das Schreiben aus Rom trägt den Titel „Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinden im Dienst der missionarischen Sendung der Kirche“. Darin findet sich die Anweisung, dass in den Gemeinden trotz Priestermangels die Pfarrer die Chefs bleiben sollen. Konkret bedeutet dies ein Verbot der Leitung von Pfarrgemeinden durch ein gleichberechtigtes Team von Priestern und Nicht-Klerikern. Mit dieser Instruktion würden auch alle Frauen von allen Leitungs- und Weiheämtern ferngehalten, kritisierte die Laienorganisation „Wir sind Kirche“.

Normen von der Realität überholt

Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich bislang nicht zu dem Papier geäußert. Doch nach Ansicht vieler Bischöfe geht die Instruktion an der gelebten Realität in den Gemeinden völlig vorbei. Der Osnabrücker Bischof Franz Josef Bode ließ durchblicken, sich nicht an die Anweisung zu halten. Normen würden nicht greifen, „wenn sie zu einem großen Teil von der Realität längst überholt sind“, sagte er.

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Das Papier aus dem Vatikan bedeute eine „Umkehr zur Klerikalisierung“, also zu einem überholten Modell früherer Jahrhunderte, in dem das Wort des Priesters über allem stand. Zu befürchten sei Frust unter den engagierten Gläubigen und eine verstärkte Austrittswelle.

Overbeck beklagt fehlenden Dialog mit Gemeinden vor Ort

Ähnlich argumentiert der Essener Bischof Overbeck: „Das, was das Dokument fordert, ist faktisch nicht zu realisieren, weil es die Priester gar nicht mehr gibt, die allein zahlenmäßig benötigt würden, um all den Vorgaben zu entsprechen.“ Nötig wäre hingegen ein echter Dialog der römischen Behörden mit den Gemeinden vor Ort, bevor solche Dokumente veröffentlicht würden.

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Overbeck betonte, er sei „froh und stolz auf die vielen nicht-geweihten Frauen und Männer, die die Kirche im Ruhrbistum lebendig halten“. Das Dokument müsse auf alle Christen, die sich in den Gemeinden, Verbänden und Gemeinschaften engagierten, „irritierend und verletzend“ wirken, weil es kein Verständnis für die Situation vor Ort zeige.

Die Frage wird nun sein, wie der Papst auf die ungewohnt heftige Kritik der deutschen Bischöfe reagiert und was folgt, wenn die deutsche katholische Kirche die Instruktionen nicht befolgt. (mit dpa)