Essen. Regen, kühle Temperaturen, egal! Die Essener sind Pfingsten in die Biergärten geströmt. Um es Gästen einfacher zu machen, reagieren einige Wirte.

Endlich: Viele Essener trotzten Wind, Regen und bescheidenen zwölf Grad und gönnten sich am Pfingstwochenende nach sieben Monaten coronabedingter Zwangspause das erste frisch gezapfte Bier im Freien. Besonders die Außenbereiche der Kneipen und Cafés entlang der Rü, Essens beliebter Ausgangsmeile, waren überlaufen.

Nicht ein Tisch ist an diesem Sonntagnachmittag im Fritzpatricks, dem beliebten Irish Pub an der Rüttenscheider Brücke, mehr frei. Stattdessen bilden sich immer wieder kleine Schlangen vor der Kontrollstelle: Denn nur wer belegen kann, dass er von Corona genesen ist, einen aktuell negativen Test oder zwei Impfungen nachweist, darf das erste Bier trinken.

Freitag bis in die Morgenstunden auf der Rü unterwegs

„Für uns ist es schon das dritte“, sagt Dennis Thiemer und prostet seinen Freunden zu. Schon am Freitagabend war der 23-Jährige auf der Rü unterwegs, „bis in die Morgenstunden“, gibt er unumwunden zu. „Das ist ein völlig neues Gefühl, mal wieder andere Leute zu treffen“, sagt er, „das musste ich einfach ausleben“.

Natalie und Thomas Heiber sitzen in der Südtiroler Stube und genießen trotz kühler Temperaturen bei einem Getränk den Blick auf den Baldeneysee.
Natalie und Thomas Heiber sitzen in der Südtiroler Stube und genießen trotz kühler Temperaturen bei einem Getränk den Blick auf den Baldeneysee. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

„Wir sind wirklich erstaunt, wie viele Gäste trotz des nicht gerade angenehmen Wetters gekommen sind“, sagt Patrick Hunt, der seinen Irish Pub seit einem Vierteljahrhundert betreibt. Der Start am vergangenen Freitag nach sieben Monaten Pause sei für alle wie ein Neuanfang gewesen, „meine Mannschaft war total aufgeregt“. Was den Gastronomen freut: Alle Gäste würden sich diszipliniert an die Regeln halten, hätten ihre Unterlagen dabei. Man wisse halt, was auf dem Spiel stehe, „und keiner will einen erneuten Lockdown“, sagt Hunt.

Ein paar Schritte weiter brummt es im „60 seconds to napoli“, der neuen Pizzeria im ehemaligen Eigelstein. Hier sind die eng beieinanderstehenden Tische bis auf den letzten Stuhl mit vorwiegend jungem Publikum besetzt; schwirren die Kellner durch die schmalen Gänge und balancieren Pizzen und Getränke.

„Wir sind extra aus Mülheim gekommen, um mal wieder richtig auszugehen“, sagt Felix Durchler, der mit seinem Kumpel Max unterwegs ist. Eigentlich wollten sie in die Düsseldorfer Altstadt, „aber wir haben gehört, dass die schon wieder wegen des hohen Andrangs gesperrt worden ist“. Die Enge und die Nähe stören den Studenten nicht, „wir sind doch alle negativ, da kann doch nichts passieren“, sagt er, und alle drumherum stimmen ihm zu.

„Die Menschen sind ausgedurstet“

Die Leichtigkeit des Seins ist fast zurück nach diesen langen Monaten, das spürt auch Christian Krause: Der Wirt vom „Früher oder Später“ genießt die gute Stimmung seiner Gäste, „alle sind heiter und glücklich“, sagt er. Schon am Samstagnachmittag war es vor der Kneipe an der Rüttenscheider Brücke draußen voll, „trotz strömenden Regens haben die Leute gemeinsam Bundesliga geguckt, das war denen völlig egal“. Denn auch das gab es schon lange nicht mehr: im Rudel Fußball schauen. „Die Menschen sind regelrecht ausgedurstet, und das bezieht sich nicht nur aufs Bier“, sagt Christian Krause.

Die neue Pizzeria „60 Seconds to Napoli“ auf der Rü. Die Gäste nehmen das Angebot gerne an.
Die neue Pizzeria „60 Seconds to Napoli“ auf der Rü. Die Gäste nehmen das Angebot gerne an. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Etwas beschaulicher geht es unten am See zu: Die Südtiroler Stuben, seit 31 Jahren eine feste gastronomische Größe am Baldeneysee, bieten genug Platz auf ihrer großen Terrasse mit Blick aufs Wasser. Und der Himmel meint es am Pfingstsonntag gut mit den Besuchern: Immer wieder reißt er auf und lässt die Sonne durch. „Natürlich sind wir froh, endlich wieder Gäste begrüßen zu dürfen“, sagt Catrin Linowsky, die gemeinsam mit ihrem Bruder Roman Pichler die Stuben betreibt.

Doch die Gastronomin hadert auch ein wenig mit ihrer neuen Rolle als Kontrolleurin: „Ich fühle mich irgendwie schlecht dabei, mir von unseren Gästen den Personalausweis zeigen zu lassen“, sagt sie, „eigentlich möchte ich ja den Menschen trauen können“. Auch dass sie so manchen Besucher abweisen musste, fiel ihr schwer. „Nicht alle hatten einen aktuellen Test dabei, einigen fehlte der Personalausweis; andere kamen einfach spontan vorbei und wollten einen Kaffee trinken“, erzählt sie.

Testzentrum auf Parkplatz und direkt in der Kneipe

Doch dafür wird es bald Abhilfe geben: „Wir sind gerade dabei, ein Testzentrum auf unserem Parkplatz zu installieren. Wenn alles klappt, dann starten wir nächste Woche.“ Es wäre übrigens das erste Testzentrum am See.

Zahl der Corona-Schnelltests ist in Essen rasant gestiegen Testzentren im Südviertel gibt es eigentlich genug. Doch die Szenekneipen rund um den Isenbergplatz halten sich zurück: Weder das Café Click, noch die Goldbar oder De Prins haben an Pfingsten geöffnet. Ob es am vorhergesagten schlechten Wetter liegt? Einzig das Südrock an der Rellinghauser Straße lässt sich nicht bremsen: Seit Freitagabend wird hier Bier gezapft. „Wir sind einfach nur froh, wieder starten zu dürfen“, sagt Inhaberin und Vollblutgastronomin Michele Wrede und lobt ihre treuen wie verantwortungsvollen Stammgäste: „Alle registrieren sich brav über die Luca-App oder die Corona-App und zeigen ihre negativen Testergebnisse ohne Aufforderung.“

Testergebnisse wird es auch ab Mittwoch im alten Bahnhof Süd, seit dem vergangenen November Holy Craft Süd, geben: Denn die Wirte Sebastian Knepper und Thorsten Kulmann setzen dem Ganzen noch eins drauf: Dann wird direkt in der Kneipe auf Corona getestet.