Essen. Ältere fühlen sich oft in der digitalen Welt abgehängt. Kurse gibt nicht nur an der VHS Essen. Darum sind junge Leute nicht die besten Lehrer.
Wer ein Ticket buchen, Bankgeschäftige tätigen oder einen Impf-Termin vereinbaren will, der kommt in der immer stärker digitalisierten Welt kaum noch am Internet vorbei. Unsere Coronacheck-Umfrage in Essen zeigt, zahlreiche ältere Leserinnen und Leser ohne Computer fühlen sich abgehängt.
Essener Seniorin beklagt: Keine Termine ohne E-Mail-Adresse
„Ältere Menschen haben es schwer – ohne E-Mail-Adresse erhält man keine Termine jeglicher Art,“ schildert eine Essener Rentnerin in der Umfrage. Sie habe bereits versucht, ihre Internet-Kenntnisse zu erweitern. „Doch man denkt ja nicht so schnell,“ so die Seniorin. Kursleiter würden zu viel voraussetzen. „Man müsste eigentlich das jeden Tag üben. Da wäre es gut, wenn ein Schüler oder Student kommt und einem über die Schulter schaut.“ -> Lesen Sie hier: Ratlos ohne PC – wenn Ältere außen vor bleiben
Solche intergenerationellen Projekte, in denen Junge älteren Menschen digitale Geräte erklären, sind sehr beliebt, weiß Janina Stiel, die die Digitalisierungsstelle innerhalb der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (Bagso) leitet.
Erfolgreicher seien dagegen Initiativen, bei denen medienaffine ältere Ehrenamtliche anderen älteren Menschen mit dem Computer helfen. Bundesweit sind ihr ungefähr 400 solcher Initiativen bekannt. Mindestens 63 davon sind in Nordrhein-Westfalen zu finden. „Bei fünf Millionen älteren Menschen in NRW, darunter rund 1,75 Millionen Offliner, ist das natürlich ein Tropfen auf dem heißen Stein.“
Bagso: „Junge und Ältere gehen unterschiedlich mit Technik um“
Die Vermittlung von PC-Kenntnissen zwischen den Generationen sei oftmals schwierig, „zumal Junge und Ältere ganz unterschiedlich mit Technik umgehen,“ sagt Janine Stiel.
Der Ansicht ist auch Constanze Brinkmann, die seit drei Jahren in der Volkshochschule Essen Kurse zum Umgange mit Smartphone, I-Pad oder – seit der Pandemie – mit der Videokonferenz Zoom leitet. Jüngere Menschen seien in Computer-Belangen oft der Ansicht, alles müsse ganz schnell gehen. „Ich habe früher mit einem Telefon mit Wählscheibe angefangen. Daher habe ich viel mehr Erfahrung darin, mich selbst neu in alle digitalen Dingen einarbeiten zu müssen.“ -> Lesen Sie hier: Essen: Neues VHS-Programm erscheint nur digital
Einige Kursteilnehmende seien bereits Mitte 80 und hätten beim I-Pad Probleme mit der Haptik, doch die Arbeit mit Älteren sei sehr angenehm. „Sie bringen meist eine intrinsische Motivation mit,“ so Brinkmann. Um Frustrationen zu vermeiden, geht sie mit Seniorinnen und Senioren kleinschrittig vor und räumt ihnen viel Zeit ein, um zu üben. „Es bringt nichts, wenn ich einsam vortrage oder wir ,Betreutes Vorlesen’ machen,“ sagt die VHS-Kursleiterin, „Wir haben im Kurs vereinbart: Wenn irgendein Haken auftritt, ruft ihr rein!“
Volkshochschule Essen: „PC-Einsteigerkurs für Senioren ist ein Klassiker“
Ihr helfen dabei Erfahrungen, die sie mit ihrer 92-jährigen Mutter gemacht hat. „Meine Mutter arbeitet seit 15 Jahren mit I-Phone und Apple-Computer,“ berichtet Brinkmann, „Mit ihr habe ich gelernt: Es ist besser keine Lösungen vorzugeben, sondern sie diese selbst entwickeln zu lassen.“
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An der Volkshochschule Essen koordiniert Katharina Graner den Digitalisierungsbereich. „Unser PC-Einsteigerkurs für Senioren ist ein Klassiker wird immer gut besucht.“ Bei älteren Menschen achtet sie stets auf eine kleine Gruppengröße und langsames Lerntempo.
In der Corona-Pandemie können Essenerinnen und Essener allerdings nur noch über eine Videokonferenz teilnehmen. „Ein digitales Paradoxon,“ gibt Graner zu. „Ich sehe, der Bedarf ist in der Coronazeit noch gestiegen. Aber wie kann ich PC-Kenntnisse in einem digitalen Seminar vermitteln, wenn dafür allein schon Grundkenntnisse vorhanden sein müssen?“