Essen. Das neue Studio für Foto-Restaurierung am Museum Folkwang geht an den Start. Stadt Essen und Krupp-Stiftung ermöglichen das Vorzeigeprojekt.

Essen soll Standort des künftigen Bundesinstituts für Fotografie werden, dafür haben sich eine Expertenkommission und eine vom Bund in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie mittlerweile ausgesprochen. Doch bevor der bedrohte Bilderschatz der Republik in einigen Jahren auf der Zeche Zollverein ein schützendes Dach finden soll, sind die ersten Rettungsarbeiten bereits angelaufen. In diesem Frühjahr haben die Fotorestauratoren Jessica Morhard und Peter Konarzewski im Museum Folkwang ihren Dienst angetreten.

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Dass die Stadt Essen mit finanzieller Unterstützung der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung die Einrichtung und personelle Ausstattung eines institutsübergreifenden Restaurierungsstudios für Fotografien ermöglicht hat, gilt als Beleg dafür, welche Bedeutung und Strahlkraft man dem Medium Fotografie zumisst. Die zwei neu geschaffenen Fotorestaurierungsstellen sollen nicht nur helfen, die umfangreichen fotografischen Bestände von Museum Folkwang, Ruhr Museum und dem Historischen Archiv Krupp zu sichern, aufzuarbeiten sowie für die Wissenschaft verfügbar zu machen. Die von der Stadt Essen bewilligten Stellen sind auch mit einem Lehrauftrag an der Folkwang-Universität der Künste verknüpft. Diese Verbindung von Praxis und Lehre stellt ein Novum an einer Hochschule im deutschsprachigen Raum dar, heißt es.

Jessica Morhard, die selber als Fotografin tätig war und zuvor im Restaurierungszentrum Düsseldorf gearbeitet hat, freut sich auf den Austausch: „Gerade die Verbindung von Fototheorie und Praxis ist für mich ein spannender Aspekt.“ Die Essener Stelle stehe für „ein wirklich einzigartiges Profil eines Fotorestauratoren auf nationaler Ebene“.

„Das sind tolle Sammlungen, an denen wir forschen können“

„Mich hat die Schnittstelle interessiert“, sagt auch ihr Kollege Peter Konarzewski. Ihm geht es aber nicht nur um die Verbindung von praktischer und wissenschaftlicher Arbeit. Fasziniert ist der Restaurator auch von der Vielfalt der großen fotografischen Bestände. „Das sind tolle Sammlungen, an denen wir forschen und vermitteln können.“

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Auf mehr als 6,5 Millionen Fotografien kommen das Historische Archiv Krupp, Museum Folkwang und Stiftung Ruhr Museum zusammen – eine gewaltige Aufgabe. Wenn die Gründung des Deutschen Fotoinstituts in Essen wie erhofft vorangeht, sind Morhard und Konarzewski die Vorhut eines vielköpfigen Teams, das ab 2027 Vor- und Nachlässe aus der gesamten Republik aufnehmen soll.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat das Fotoinstitut zu einem zentralen Projekt ihrer Amtszeit gemacht: Sie sieht das fotografische Erbe Deutschlands in Gefahr. Für die Sicherung, Erforschung und Vermittlung dieses analogen Bilderschatzes, aber auch neuer digitaler Konvolute, sollen in den nächsten Jahren von Essen aus wichtige Impulse gesetzt werden.

Schädigungen nicht nur beheben, sondern vorbeugen

Für die Folkwang-Restauratoren steht am Anfang ihrer Arbeit zunächst eine gründliche Bestandsaufnahme. Die Frage sei auch, ob man sich um einzelne Exponate kümmern oder gleich Kriterienkataloge für ganze Konvolute entwickeln kann, die dann auf hunderttausende Arbeiten anwendbar sind, sagen die Experten. Außerdem gehe es darum, Fotografen schon vorzeitig auf mögliche Fehler aufmerksam zu machen, die später Probleme verursachen könnten wie beispielsweise das falsche Rahmungsmaterial. „Als Restaurator versucht man natürlich nicht nur, Schädigungen zu beheben, sondern auch zu vermeiden“, sagt Peter Konarzewski. Deshalb sei es wichtig, schon in der Ausbildung um Verständnis für die Bedingungen des Konservierens zu werben.

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Nicht nur im Rahmen der universitären Lehre wollen die neuen Fotorestauratoren Kenntnisse verbessern und sich mit neuen Standards der Konservierung, Restaurierung, Digitalisierung und Neuproduktionen beschäftigen. Auch mit den Urhebern der Werke, die ihre Konvolute künftig gesichert sehen wollen, müsse man sich am besten früh auseinandersetzen und den Umgang mit ihrem Nachlass wenn möglich sogar vertraglich regeln. „Es gibt Arbeiten, von denen man weiß, dass sie sich stark verändern werden“, sagt Folkwang-Fotochef Thomas Seelig. Welche Abweichung noch tolerabel seien, welche Verfahren und Trägermaterialien eingesetzt wurden, ob eine Reproduktion in Frage komme, all das könne man beispielsweise in Form von Künstlerinterviews abklären.

Glanz soll von Essen aus auf die gesamte Foto-Nation Deutschland strahlen

„Wir sehen uns als Schnittstelle, nicht nur im Museumsgefüge, sondern generell als Berufsstand zwischen Kuratoren, Handwerkern und Technikern“, sagt Peter Konarzewski über die Restauratoren-Tätigkeit. Aber auch die Schnittstelle zum Digitalen dürfte in den kommenden Jahren ein zentraler Aspekt werden, um vielen Interessenten den Zugang zu den Zeugnissen der jüngeren deutschen Fotografie zu ermöglichen. Denn Essen soll zwar der konkrete Standort des bundesdeutschen Fotogedächtnisses werden. Die Zusammenarbeit mit internationalen Wissenschaftlern, Sammlungen und Archiven dürfte am Ende ein wesentlicher Aspekt für den Erfolg des Bundesinstituts sein, dessen Glanz von Essen aus auf die gesamte Fotografie-Nation Deutschland strahlen soll.