Essen. Für ihre Karriere haben drei neue Tänzer am Aalto-Ballett viel in Kauf genommen. Dann kam der Lockdown. Was sie dennoch motiviert durchzuhalten.

Ihre Karriere ist kurz. Daher sind die ersten Jahre für Tänzerinnen und Tänzer ganz entscheidend, um sich entwickeln zu können. Drei Neuzugänge gehören am Aalto-Ballett dazu, die gleich nach dem Start der Spielzeit die Bühne schon wieder verlassen mussten. Für Matheus Barboza de Jesus, Davit Bassénz und Enrico Vanroose ist es schwer, motiviert zu bleiben.

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Matheus Barboza de Jesus musste schon bei seiner Berufswahl stark sein. Der 20-Jährige wollte Eislaufen lernen. Doch mangels Ausbildungsmöglichkeiten ging er zum Ballett. „Das ist in Brasilien nicht so populär wie Fußball“. Er machte trotzdem seinen Weg. Zunächst in seiner Geburtsstadt São Paulo, dann ab 16 mit einem Stipendium an der Staatlichen Ballettschule Berlin. In Essen möchte er Hauptrollen erreichen wie den Romeo in „Romeo und Julia“ oder den Basilio in „Don Quichotte“. „Wichtig ist, dass ich sagen kann, was ich fühle“, erzählt er - wie im täglichen Video-Chat mit seinen Eltern, die er seit vier Jahren nicht treffen konnte.

Auch für Davit Bassénz ist „das Internet eine schöne Erfindung, um Kontakt nach Hause zu halten“. Er kommt aus einer künstlerischen Familie in Armenien. Seine Mutter ist selbst Tänzerin und hat eine Privatschule in Jerewan, wo sie ihn bereits mit zwei Jahren förderte. Seine Schwester Hrachuhí ist Sopranistin an der Semperoper. Er landete mit 13 in Deutschland.

Die Zeit nutzen, um sich technisch zu verbessern

Nach einer Wartezeit, die er am Tanzgymnasium in Werden verbrachte, wurde er an der John Cranko Schule in Stuttgart ausgebildet. Erste Stationen waren Würzburg und Kiel. „So nah wie möglich an meine Grenzen kommen“, ist sein Ziel am Aalto-Ballett. „Essen macht einen großen Spagat zwischen klassisch und zeitgenössisch möglich“, erklärt der 26-Jährige. Diese Chance will er nutzen. Auch in der Corona-Krise: „Natürlich ist es nervig, nicht auf der Bühne zu zeigen, was man kann. Aber es gibt Leute, denen geht es schlechter. Ich will mich nicht unterkriegen lassen und die Zeit nutzen, um mich technisch zu verbessern.“

Auch Enrico Vanroose hält den Bühnenverzicht für ein vergleichsweise kleines Opfer. „Wir werden wieder auftreten“, ist er sich sicher. Der Vater des Belgiers hätte nicht erwartet, dass sein Sohn Tänzer wird. Dem introvertierten Sohn jedoch hat die Royal Ballettschool Antwerpen unter Leitung von Nadia Deferm, der Ehefrau von Ballettchef Ben Van Cauwenbergh, geholfen. „Die Angst verschwindet bei mir auf der Bühne“, meint der 22-Jährige. Am Royal Ballet of Flanders sowie am Slowakischen Nationaltheater war er verpflichtet. Sein größter Rollenwunsch für Essen wäre der komische Sancho Pansa in „Don Quichotte“. Sein Vater würde ihn sicher gerne so sehen. „Er ist heute mein größter Fan.“